Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
den Umkleideraum. Die Lampen waren alle erloschen, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder leuchteten. Sie probierte ihre Plastikkarte aus. Der Schrank ließ sich nicht öffnen. Sie lächelte in sich hinein, warf den Bademantel über und ging zurück zur Rezeption. Dort war Licht.
»Die Wertfächer da drinnen sind eingerastet«, sagte Märtha.
»Wir kümmern uns darum«, antwortete die junge Mitarbeiterin.
»Und wo soll ich jetzt meine Wertsachen deponieren?
»Das können Sie auch hier«, sagte die junge Frau und zeigte auf das Schließfach direkt hinter sich, ein robuster, weiß lackierter Stahlschrank. »Aber Sie haben Ihre Sachen doch schon ins Wertfach gelegt, nicht wahr?«
»Ach so, da haben Sie natürlich recht.«
»Na, wie lief’s?«, wollte Anna-Greta wenig später wissen, als Märtha in die Suite zurück kam. Stina und sie saßen noch immer beim Frühstück und hatten ihre Morgenmäntel an. Stina hob Märthas Strickzeug hoch.
»Das lag mitten auf dem Sofa. Wie wäre es, wenn du das Teil mal fertigstrickst, damit wir keine Angst haben müssen, aufgespießt zu werden, wenn wir uns hinsetzen?«
»Entschuldige, das vergesse ich immer. Das wird eine Strickjacke«, erklärte Märtha und legte Wolle und Nadeln beiseite. Sie schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
»Als die Fächer nicht mehr funktionierten, wollte die junge Frau an der Rezeption die Wertsachen im Schließfach hinter sich deponieren, genau, wie wir es vermutet haben«, erzählte Märtha.
»Gut. Und wie viel Schmuck passt da rein?«, fragte Anna-Greta.
»Ich denke, einiges«, vermutete Märtha.
Stina sah skeptisch aus, griff nach einer Schokowaffel und wedelte mit der Hand durch die Luft.
»Ihr scheint ja ganz zufrieden zu sein, aber wir haben einen enormen Denkfehler gemacht«, teilte sie mit. »Wir sind hergekommen, um die ganz reichen Leute zu beklauen und haben selbst die teuersten Suiten bezogen.«
Stinas Worte standen im Raum, und es wurde totenstill.
»Wir klauen schließlich zum ersten Mal, das ist nicht ganz einfach«, entschuldigte sich Märtha und nahm auch eine Waffel. Eine kleine Süßigkeit konnte sie sich ausnahmsweise gönnen …
»Wir hätten uns ein anderes Zimmer nehmen und abwarten sollen, bis ein richtiger Star hier absteigt oder ein reicher, berühmter Künstler, ein König oder ein Präsident«, sagte Stina.
»In unserem Alter eine Flucht und einen Diebstahl gleichzeitig auszuhecken ist eine ganze Menge. Man muss eins nach dem anderen tun«, antwortete Märtha.
»Aber Gold steht hoch im Kurs. Drei schwere Goldarmbänder sind schnell mal hundertausend wert«, sagte Anna-Greta, die auf ihr flinkes Kopfrechnen mächtig stolz war.
»Vergiss nicht, dass es darauf auch Gefängnis geben muss«, merkte Stina an, der klargeworden war, dass Kratze dorthin wollte, und dann wollte sie das auch.
»Wir gehen hinunter ins Spa, wenn die meisten Leute da sind. Gegen Mittag. Das Schließfach wird überquellen vor Gold«, erklärte Märtha.
Die anderen stimmten ihr zu, und als sich alle angezogen und zurechtgemacht hatten, ging Märtha hinunter zu Snille, um alles ein letztes Mal durchzugehen. Er zeigte ihr seine Skizzen.
»Hier habe ich den Kurzschluss verursacht«, sagte er und fuhr mit dem Zeigefinger über das Blatt Papier. »Es wird eine Weile dauern, bis sie die Unterbrechung im Stromkreis, der die Wertfächer versorgt, gefunden haben«, fuhr er fort und zeigte auf ein paar sonderbare Striche. »Und die Leitungen, die Pool und Dampfbad versorgen, sind nur provisorisch geflickt. Zwei Sekunden, und ich kann überall die Lichter ausgehen lassen. Silberklebeband ist genial!« Er sah so begeistert aus, dass Märtha daran denken musste, wie fasziniert Kinder beim Computerspielen sind.
»Und wenn es doch nicht so läuft, wie wir uns das gedacht haben?«
»Gut, es kann immer etwas schiefgehen, dann versuchen wir es ein zweites Mal. Hier sind der Dietrich und das Reservewerkzeug«, antwortete er und griff nach seiner Sporttasche.
Es klopfte an der Tür. Das war Kratze. Er sah verschlafen aus und stank nach Knoblauch. Da sah er die zwei kleinen Plastiktüten auf dem Tisch liegen.
»Seid bloß vorsichtig mit dem Zeug«, sagte er, doch weiter kam er nicht, denn es klopfte schon wieder. Stina und Anna-Greta kamen.
»Dann sind wir so weit«, meinte Märtha und versuchte, möglichst entschlossen zu klingen. »Jetzt müssen wir nur noch warten, bis es Mittag wird.«
Alle nickten und sahen todernst aus.
14
Als
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