Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
öffnete sie ihr Portemonnaie und griff eingeschnappt nach einem Geldschein.
»Schauen Sie sich diesen Fünfhundertkronenschein genau an. Sie haben doch bestimmt die Nummern der Lösegeldscheine notiert? Kontrollieren Sie ihn. Dann werden Sie verstehen, dass wir schuldig sind.« Sie hielt ihm den Schein unter die Nase. »Dass das Geld auf dem Autodeck der Fähre einfach weggeweht worden ist, war nicht unser Fehler. Das lag am Seegang. Das Geld war in diesem Einkaufstrolley, und das Einzige, was wir noch retten konnten, waren ein paar einzelne Scheine. Jetzt ist er leer. Sehen Sie selbst.«
Sie stand auf, stellte den Trolley vor sich hin und öffnete das Verdeck, damit der Polizist hineinsehen konnte. Wellenartig überkam sie eine mordsmäßige Wut. Da hatte sie sich für einen raffinierten Dieb gehalten, der ein nahezu perfektes Verbrechen geplant hatte, und nun glaubte man ihr nicht!
»Wenn Sie mein Geständnis nicht ernst nehmen, dann werde ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie einlegen«, fuhr sie mit scharfem Tonfall fort. »Und im Übrigen warte ich hier, bis Sie den Schein kontrolliert haben. Vorher werden meine Freunde und ich das Gebäude nicht verlassen.« Sie erhob drohend ihre Faust, und da griff der Beamte zum Telefon und sprach mit verschiedenen Personen in mehreren Abteilungen. Als er die Scheinnummer mehrmals gecheckt hatte, legte er auf und sah sie mit großen Augen an.
»Sie haben recht. Aber wie um alles in der Welt sind Sie an diesen Fünfhundertkronenschein gekommen? Wir haben gedacht, dass wir diesen Fall niemals lösen. Das war ja das perfekte Verbrechen.«
»Finden Sie?«, fragte Märtha entzückt. »Das perfekte Verbrechen?« Und da war sie mit einem Mal ganz schrecklich glücklich.
36
»Ihre Mutter sitzt in Untersuchungshaft in Kronoberg. Das stimmt. Ich habe eben mit der Polizei gesprochen.«
Stinas Kinder waren zu Besuch gekommen, und Schwester Barbro konnte an ihren Gesichtern ablesen, dass sie unter Schock standen.
»Mama muss senil geworden sein«, sagte Emma und seufzte. Sie war 42 Jahre alt, wie ihre Mutter blond und zierlich, doch anstelle der runden, hellblauen Augen waren Emmas Augen hellgrün und muschelförmig.
»Ach Unsinn, sie hat sicher wieder mit den anderen zusammengesteckt, wie immer«, sagte Anders, der sieben Jahre älter war. Er hatte lockige, viel zu lange Haare und zuckte nur mit den Schultern, als wolle er sagen, seine Mutter dürfe tun, was sie wolle.
»Oder sie hatte einen Blackout«, überlegte Emma.
»Ihre Mutter war in guter Verfassung, als ich sie zuletzt gesehen habe. Aber mehr, als hier steht, weiß ich auch nicht.« Schwester Barbro schob ihnen die zwei Abendzeitungen hin. Der Diebstahl im Nationalmuseum war der Aufmacher im Aftonbladet.
» Großer Kunstraub – keine Spur von den Bildern «, las Anders und schüttelte den Kopf. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Mutter damit etwas zu tun hat.«
»Doch, sieh mal, da sind sogar Fotos von ihnen«, sagte Emma und hielt ihm die Zeitung vor die Nase.
Schwester Barbro sah Märtha, Stina, Anna-Greta, Bertil und Oscar auf ein paar alten schwarzweißen Passfotos in die Kamera grinsen. Auf sonderbare Weise hatte Barbro das Gefühl, die höhnischen Gesichter galten ihr. Die Überschrift über dem Artikel hatte sie unzählige Male gelesen.
»Unter Verdacht: fünf Senioren«, schrie die Druckerschwärze. Aber das Schlimmste war, dass ihre korrekten Namen unter den Fotos standen, ebenso wie die Angabe, dass sie in einem Altersheim gewohnt hätten. Glücklicherweise fiel der Name Haus Diamant nicht, doch wenn das herauskäme, waren Schwester Barbro die Folgen völlig klar. Ingmar würde sie für völlig unfähig halten, sie nie im Leben heiraten und noch viel weniger seinen Besitz auf sie überschreiben. Vielleicht würde er sie sogar vor die Tür setzen. Sie ging hinüber ins Büro, um ihre Zigaretten zu holen.
»Und ich habe gedacht, Mama hätte nichts auf dem Kasten«, kicherte Emma, als sie weitergelesen hatte. »Offenbar hat sie mehr Feuer unterm Hintern, als man denkt.«
»Frauenpower«, sagte der Bruder und blätterte weiter. »Und sieh mal, weder die Bilder noch das Geld sind wiederaufgetaucht.« Auf einmal klang er heiter und ein wenig amüsiert.
»Mama hat es offenbar faustdick hinter den Ohren. Überleg mal, sie haben sogar das Lösegeld kassiert. Die reinste Diebesbande!« Emma war mit einem Mal ganz aufgekratzt.
»Die Seniorenbande«, lächelte Anders. »Mutter behauptet ja, dass
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