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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorkommt).
    2)Er geht in die Dusche, die dank Jutta bereits heiß ist (immer dem Kaiser geben, was des Kaisers ist).
    3)Er wäscht sich mit einer einzigen neutralen englischen Seife, die auf Reisen extrem praktisch ist, weil sie zugleich als Duschgel, Shampoo und Spülung fungiert (wodurch man jede Menge Platz spart).
    4)Er verlässt die Dusche, ohne zu bemerken, dass er das Badezimmer unter Wasser gesetzt hat, weil er den Duschvorhang draußen gelassen hat. Aber das hat er bloß getan, um Zeit zu sparen.
    5)Er kämmt sich nicht. Dafür föhnt er sich fünf Minuten lang die Haare. (Leider kommt aus dem Hotelföhn nur lauwarme Luft, weshalb das Föhnen zwangsläufig länger dauert.)
    6)Da er bester Laune ist, betrachtet er sich ausnahmsweise mal im Spiegel und spielt ein bisschen Hubschrauber mit dem Piephahn. Dieses Spiel dauert nur zehn Sekunden, was jedoch reicht, um Jutta in schallendes Gelächter ausbrechen zu lassen.
    7)Er kommt aus dem Badezimmer und zieht sich in vier Minuten und sechzehn Sekunden an.
    Gesamtzeit: 29 Minuten, 17 Sekunden.
Und die Moral von der Geschicht: Langsamkeit ist kein ungefährer Begriff, sondern reine Mathematik.
    Die Wettervorhersage für heute ist ausgezeichnet, und uns erwartet die schönste Strecke.
    Der Abschnitt von Lermoos zum Reschenpass ist landschaftlich zweifellos der Clou der ganzen Reise. Allerdings gibt es für meinen Geschmack zu viele Bergauffahrten, Abschnitte, für die man ein Mountainbike braucht, und diverse Kilometer über verkehrsreiche Straßen. Der Führer rät, einen Shuttle zum Fernpass zu nehmen, wenn wir die Räder nicht schieben wollen. Dort kommen wir gegen 10.30 Uhr an, doch wegen meines Hinterrads, in dem noch immer zu wenig Luft ist, sind wir gezwungen anzuhalten.
    Ich hole meine Minipumpe hervor und mache Anstalten, den Reifen aufzupumpen, aber dabei entweicht die ganze Luft, und der Reifen ist erneut platt. Verdammt! Was, wenn jetzt den ganzen Tag niemand mit einer vernünftigen Pumpe vorbeikommt? Doch wir haben Glück, und jemand leiht uns eine sogenannte normale Pumpe. Gewöhnt an meine, habe ich allerdings Mühe, den Kolben zu drücken. Ich fühle mich wie Willy der Kojote, der eine Ladung Dynamit zum Explodieren bringt. Ich will nicht als Idiot dastehen, aber mein Problem ist Folgendes: Kaum setze ich die Pumpe auf das Ventil, höre ich ein eindeutiges Pfeifen, was bedeutet, dass gerade Luft aus dem Reifen entwichen ist, und das Gleiche geschieht leider, wenn ich fertig bin, mit dem Ergebnis, dass ich beim besten Willen nicht weiß, ob ich genug oder zu wenig gepumpt habe. Außerdem ist die gesamte Prozedur wahnsinnig anstrengend.
    Gibt es eine orthodoxere Weise, es herauszufinden, abgesehen davon, dass man sich hinter eine vertikale Pumpe mit Luftdruckmesser von zehn Kilogramm oder einen Kompressor stellt? Jutta sagt, dass ich mir keine Sorgen machensolle, der Reifen habe jetzt genug Luft, und so fahren wir weiter.
    Nach zwanzig Kilometern kommen wir nach Imst, und der Blick, der sich uns dort bietet, ist wirklich zauberhaft.
    Eine der schönsten Schluchten Österreichs – die Rosengartenschlucht – beginnt genau hier, in einer der größten Städte Tirols im Inntal. Der Eingang zur Schlucht liegt in der Nähe der Filialkirche St. Johannes, wo wir ankommen und die Räder sofort abstellen, um einen langen Spaziergang zu machen. Ein gut ausgebauter Weg, der mindestens einen Meter breit ist, führt uns über den Wildbach und steigt über gut acht Stege längs der Schlucht stetig an. Hier habe ich wirklich das Gefühl, mit den Kräften der Natur in Kontakt zu sein, als ich sehe, wie der Wildbach Schinder reißend durch die Schlucht fließt und sich das Wasser an den auf der Felswand errichteten Häusern bricht.
    Â»Sind diese Häuser bewohnt?«, frage ich Jutta.
    Â»Bestimmt«, antwortet sie.
    Wir sind ganz aufgewühlt von den starken Eindrücken. Dann setzen wir unseren Weg fort und fahren weitere zwanzig Kilometer bis Landeck, wo wir beschließen, etwas von unserer Route abzuweichen, um einen Abstecher nach Prutz zu machen.
    Diese Strecke – wir sind im Tiroler Oberland – ist einer der bezauberndsten Abschnitte der Via Claudia Augusta mit bemerkenswerten rätoromanischen Zentren und anderen zauberhaften Dörfern bis hin zum Reschenpass. In Prutz lassen wir die Räder auf einem Campingplatz

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