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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

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Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Lächeln der Mädchen löschte solche Gedanken aus den Köpfen der Umstehenden, und alle gingen vor sich hin pfeifend weiter, und ein jeder wünschte sich, zwanzig Jahre jünger zu sein. Wenn ihnen klar gewesen wäre, daß es sich bei den drei Mädchen, die sie gerade gesehen hatten, um die drei Rheintöchter Floßhilde, Wellgunde und Woglinde handelte, hätten sie den dreien vielleicht etwas mehr Beachtung geschenkt.

5. KAPITEL
     
    Ein Umstand, der Malcolm leicht Kopfschmerzen bereitete, war die Tatsache, daß er zusehends in die mittleren Jahre kam. Zum Beispiel war ihm das Ritual des Fünfuhrtees immer wichtiger geworden, das allerdings nicht nur, um eine Stunde des Tages totzuschlagen. Er war zu dem Schluß gekommen, daß für ihn halb fünf nachmittags die beste Zeit zum Lesen der Tageszeitung war. Von halb fünf bis halb sechs (hin und wieder bis Viertel vor sechs) zwang er sich regelrecht zu dem Gefühl, daran Gefallen zu finden, außergewöhnlich nett und todlangweilig zu sein. Schließlich wußte er, daß sämtliche guten Nachrichten, von denen die Zeitungen voll waren, mehr oder weniger sein Werk waren.
    Heutzutage gab es fast aus jedem Winkel der Erde nur noch jede Menge positive Meldungen zu berichten. Malcolm konnte die Enttäuschung und Verzweiflung der Verleger und Journalisten regelrecht spüren, da sie sich dazu gezwungen sahen, immer mehr über Rekordernten, internationale Abkommen und Wunderheilungen zu berichten. Zugegebenermaßen hatte es in Deutschland einen abnormen Orkan gegeben (fette Schlagzeilen in der Boulevardpresse), was in einigen wenigen Gegenden zu minimalen Ernteschäden geführt hatte. Wie er aber mit Befriedigung zur Kenntnis nahm, hatte dieser geringfügige Schicksalsschlag auch sein Gutes. Die EG sah sich nämlich dadurch veranlaßt, umgehend einen neuen Vertrag zu entwerfen und gleich darauf zu unterzeichnen, der die Entschädigung von Bauern bei Auftreten von höherer Gewalt zum Inhalt hatte. Also barg von nun an jede Wolke am Himmel auch einen Silberstreifen am Horizont, obwohl es heutzutage eher so aussah, als führten nur sehr wenige Silberstreifen auch Wolken mit sich.
    Malcolm versuchte herauszufinden, was die Hauptursache für diesen abnormen Sturm gewesen sein mochte. Dazu führte er sich den Daily Mirror zu Gemüte (›D EUTSCHE B AUERN IM R EGENTERROR ‹) und stellte fest, daß das Unwetter um drei Uhr nachmittags mitteleuropäischer Zeit eingesetzt hatte, was zwei Uhr englischer Zeit bedeutete. Genau zu dem Zeitpunkt also, als Malcolms neue Sekretärin es endlich geschafft hatte, ihn in die Enge zu treiben und ihn fünf Briefe unterschreiben zu lassen. Er nahm sich vor, zukünftig mit ihr etwas geduldiger zu sein und nicht immer nur ›Missis, ehm … wie war doch gleich Ihr Name?‹ vor sich hin zu murmeln.
    Der Tee wurde ihm lauwarm serviert, aber das war nicht wichtig, schließlich war er ja ›bloß Klein-Malcolm‹. Das war eine hervorragende Umschreibung für ihn, die er immer mehr zu schätzen gelernt hatte. Wenn man unverhofft in die Rolle von Jesus gedrängt wird, verbleibt einem als einziger Luxus Selbstmitleid. Natürlich hatte Malcolm überhaupt nichts dagegen, die Welt von ihren Sünden zu befreien, aber es war zweckmäßig, sich für alle Fälle eine Option auf Selbstmitleid zu bewahren. Er schüttete den mittlerweile kalten Tee auf den Rasen und sah gelangweilt zu, wie er langsam im Erdreich versickerte. Im Holzapfelbaum hinter ihm ließ sich ein Rotkehlchen nieder und zwitscherte aufgeregt, aber Malcolm hörte einfach nicht hin und ließ das hartnäckige Piepsen nicht an sich herankommen. Wie er festgestellt hatte, suchten kleine Vögel gern seine Gesellschaft und vertrauten ihm Geheimnisse an, die sie mit ihren Artgenossen nicht teilen konnten oder mochten, und zunächst empfand Malcolm das als äußerst schmeichelhaft. Da sich die Mehrzahl dieser Geheimnisse allerdings um sehr persönliche Belange drehte und allenfalls für einen ausgebildeten Biologen interessant war, hatte er lieber Abstand davon genommen, den Vögeln womöglich Ratschläge zu geben. Nach einer Weile hörte das Rotkehlchen zu singen auf und machte sich davon. Malcolm stand auf und begab sich gemächlich ins Haus.
    Zweifellos war Combe Hall sehr schön, allerdings auch sehr groß. Es war zu jenen Zeiten erbaut worden, als ein Hausinhaber bereits zur Klaustrophobie neigte, wenn er in seinem Landhaus nicht wenigstens ein komplettes Infanterieregiment samt Militärkapelle

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