Wir haben Sie irgendwie größer erwartet
das Mädchen, in das er sich verliebt hatte. Mr. William Ayres, der Vorsitzende des Festausschusses, war Liz’ Vater und ein Typ, mit dem man schwerer zurechtkam als mit einem Katalog für elektronische Bauteile. Aber Groll und böse Gedanken standen Malcolm nicht gut zu Gesicht, und deshalb stimmte er schließlich zu. Die englische Rose trippelte von dannen, bestimmt um genealogische Taschen- und Handbücher zu wälzen (laut Sir Walter Elliot zählte sie zu deren eifrigsten Lesern), und Malcolm fand sich damit ab, daß ihm ein Treffen mit jener Person bevorstand, die er auf dieser Welt am wenigsten von allen Menschen mochte.
William Ayres konnte seinen Stammbaum bis ins frühe fünfzehnte Jahrhundert zurückverfolgen; sein Namensvetter hatte sich den Respekt seiner Vorgesetzten bei der Schlacht von Agincourt verschafft, indem er den Langbogen weggeworfen und einen französischen Ritter in voller Rüstung mit bloßen Händen vom Pferd gezogen hatte. Zweifellos verfügte der heutige William Ayres über die körperliche Statur, um die Tat seines Vorfahren nachzuahmen, und in Anbetracht seiner grenzenlosen Bösartigkeit ließe er es auf einen Versuch wahrscheinlich nur zu gern ankommen, wenn sich ihm eine solche Gelegenheit böte. Er war eine derart mächtige Erscheinung, daß sich die meisten Leute, die ihn zum erstenmal sahen, fragten, warum er sich auf seinem riesigen Hof am Ende des Tals überhaupt mit Traktoren und den ganzen anderen Hilfsgeräten abgab. Schließlich hätte er bestimmt Zeit und Geld gespart, wenn er den Pflug selbst gezogen hätte, und das notfalls mit den Zähnen. Verglichen mit seinen beiden Söhnen, war Mr. Ayres allerdings ein gebrechlicher Zwerg mit einem geradezu sonnigen Gemüt, so daß sich Malcolm immerhin damit trösten konnte, bei diesem unerfreulichen Gespräch nicht mit Joe oder Mike Ayres konfrontiert zu werden.
Um Mr. Ayres verkraften zu können, hatte sich Malcolm entschlossen, sich übertrieben deutsch zu geben, zumal sein Widerpart über reiche Ausländer, die in England schöne alte Landhäuser aufkauften, äußerst drastische Ansichten hatte.
»Das ist eine ungeheuer bedeutende Angelegenheit«, begann Mr. Ayres. »Einer der Höhepunkte des Jahres in dieser Gegend. Dieses Fest gibt es schon, solange ich mich erinnern kann. Als Combe Hall noch Colonel Booth gehörte …«
Mr. Ayres war Witwer, und Malcolm spielte mit dem Gedanken, ihn mit der englischen Rose bekannt zu machen. Die beiden hatten so furchtbar viele Gemeinsamkeiten …
»Ihre englischen Traditionen liegen mir natürlich sehr am Herzen, Mister Ayres. Hoffen wir, daß uns ein Fest gelingt, an das sich alle Beteiligten noch lange erinnern werden.«
Mr. Ayres zuckte leicht zusammen. Er mochte die Deutschen nicht, wahrscheinlich weil sie versehentlich kapituliert hatten, noch bevor er alt genug gewesen wäre, um gegen sie in den Krieg zu ziehen.
»Dann sollten Sie vielleicht dafür Sorge tragen, einige der Einheimischen einzuladen«, antwortete er. »Das wäre nämlich eine hervorragende Gelegenheit für Sie, einmal Ihre Nachbarn kennenzulernen, Herr Finger.«
»Welche Freude!« jauchzte Malcolm und fügte auf deutsch hinzu: »Das ist eine sehr gute Idee.« Mr. Ayres mochte auch die deutsche Sprache nicht. »Aber – wen soll ich einladen? Ich kenne kaum jemanden von den Einheimischen.«
»Das überlassen Sie am besten mir. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen eine Namensliste schicken.« Selbst den Tee trank Mr. Ayres auf fast brutale Weise – alles, was er tat, schien etwas Brutales an sich zu haben. »Es dürfte dieses Jahr ein ausgezeichnetes Fest werden, insbesondere das Gymkhana.«
»Was ist eigentlich ein Gymkhana?« fragte Malcolm und fügte mit Unschuldsmiene hinzu: »In meinem Land gibt es dieses Wort nämlich nicht.«
»Das glaube ich Ihnen sofort«, grummelte Mr. Ayres, der sich so etwas von Anfang an gedacht hatte. Er bemühte sich redlich, Malcolm zu erklären, was sich hinter dem Wort verbarg, aber das war nicht leicht. Jeder hätte sich schwergetan, jemandem einen solch fest umrissenen und doch so umfassenden Begriff zu erläutern. Es war genauso schwierig, als müßte man einem Blinden das Vorhandensein der Sonne erklären.
Schließlich sah sich Mr. Ayres gezwungen, den Kampf aufzugeben, und sagte gewitzt: »Ich werde einfach meine Tochter bitten, Ihnen alles zu erklären. Sie und ihr Verlobter – die beiden haben das zwar noch nicht öffentlich bekanntgegeben, das wird aber bestimmt
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