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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Alberich neu an. »Ich bin zwar erfreulicherweise kein Mensch, mußte aber trotzdem zuerst der Liebe und dem ganzen langweiligen Drum und Dran abschwören, bevor ich den Ring überhaupt schmieden konnte. Wer sich auch immer diese besondere Bedingung ausgedacht hat, wußte genau, was er tat, das können Sie mir glauben. Nicht, daß ich selbst jemals romantisch veranlagt gewesen wäre. Ich bin vielleicht oft verliebt gewesen, habe aber nie Liebeskummer gehabt. Seit meiner Absage an die Liebe bin ich jedenfalls gegen die weltweit gewichtigste Ursache hochgradiger Dummheit gefeit. Von diesem Zeitpunkt an bin ich von Rheintöchtern angelächelt worden, haben sich Walküren nach mir gesehnt, sind Scharen wunderschöner Geschöpfe aller möglichen Spezies über mich hergefallen – keine dieser Verlockungen hatte auf mich auch nur die geringste Wirkung. Selbst diesen unglückseligen Ring bin ich losgeworden. Heute bin nichts weiter als eine vollkommen unwichtige Randfigur, besonders seitdem Sie anscheinend auch noch den Fluch entkräftet haben, mit dem ich schlauerweise den Ring belegt hatte. Oder haben Sie ihn vielleicht doch nicht ganz ausschalten können?« Alberich wirkte plötzlich sehr nachdenklich. »Möglicherweise verbirgt sich hinter diesem ganzen Blödsinn mit Ortlinde der Fluch. Dann wird er schließlich auch Sie einholen. Falls das so ist, tut mir das natürlich leid. Merkwürdigerweise empfinde ich Ihnen gegenüber nämlich gar keine echte Feindseligkeit, obwohl Sie doof wie Bohnenstroh sind. Aber, Fluch hin, Fluch her, Sie sind nun mal holterdiepolter in die älteste Falle der Welt gegangen. Sie darf man wirklich nicht ohne Aufsicht frei herumlaufen und den alleinigen Herrscher des Universums spielen lassen.«
    »Ich habe schließlich nie darum gebeten«, wehrte sich Malcolm niedergeschlagen.
    »Das stimmt, das haben Sie wirklich nicht getan. Aber wen interessiert das? Soll ich Ihnen mal was über die Liebe erzählen?«
    »Muß das sein?«
    »Ja. Die Menschheit – wir werden uns zunächst auf Ihre Artgenossen beschränken, obwohl meine Ausführungen auf praktisch alle Säuger zutreffen – also, die Menschheit hat in der Zeit, seit sie sich auf dieser Erde befindet (ein paar Millionen Jahre, das ist übrigens überhaupt keine Zeit; solange braucht ein Schwefelzwerg allein schon, um laufen zu lernen), die Menschheit hat, um jetzt endlich zur Sache zu kommen, in dieser Zeit so viel mehr als alle anderen Lebewesen erreicht, daß die Phantasie gar nicht ausreicht, um sich die ganzen Errungenschaften vorzustellen. Die Menschen haben Dinge erschaffen. Sie haben herrliche Gebäude errichtet, großartige Maschinen erfunden und Dichtung, Musik und bildende Kunst ins Leben gerufen. Um sich sein zirka achtzigjähriges Leben hindurch angenehm die Zeit zu vertreiben, verfügt der Mensch über jede denkbare Zerstreuung, von Beethovens Symphonien bis zu Rubiks Würfel. Er kann im Sportwagen durch die Gegend rasen, Elefanten abknallen und in wenigen Tagen oder sogar Stunden um die Welt reisen. Der Mensch ist durch eigene Anstrengung den Göttern in wirklich jeder Beziehung ebenbürtig geworden. Ihm stehen, was am wichtigsten ist, zum Gebrauch und zur Unterhaltung sämtliche Dinge der Welt zur Verfügung. Aber womit beschäftigen sich die Menschen am allerliebsten? Sie ziehen sämtliche Klamotten aus – Kleidungsstücke, für die sie soviel Mühe und Einfallsreichtum aufgewendet haben – und treiben mit anderen menschlichen Wesen zwar biologisch notwendige, aber zutiefst unwürdige Dinge. So was schafft jedes Schwein oder Spinnentier, das ist die einfachste Sache der Welt. Aber ihr verdammten Menschen mit euren beispiellosen Fähigkeiten kriegt das nicht reibungslos hin. Ihr zermartert euch darüber den Kopf, nehmt regelrechte Überdosen davon, vertut euch bei allem und macht euch gegenseitig das Leben schwer. Ihr veranstaltet einen unglaublichen Wirbel darum und schreibt euch stinklangweilige Briefe. Ihr habt sogar eine Medizin erfunden, die den ganzen Vorgang absichtlich nutzlos macht. Mein Gott, was seid ihr bloß für eine Rasse!«
    Der Zwerg verstummte und trank einen Schluck Milch. Malcolm fiel zu der ›Sache‹, so, wie Alberich sie dargestellt hatte, absolut keine Antwort ein, obwohl er sicher war, daß darin irgendwo der Wurm stecken mußte. Der Nibelung strich sich über den Bauch und fuhr fort: »Deshalb gebt ihr diesen Unregelmäßigkeiten in euren Köpfen einen eigenen Namen. Ihr bezeichnet das Ganze als

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