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»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

Titel: »Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Poole
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das noch nicht schlimm genug, durfte keines der Gepäckstücke, die mich unmittelbar nach der Ausbildung auf die »spannende Reise« zu meiner neuen Basis begleiten sollten, mehr als 35 Kilo wiegen. Ich würde also keine Zeit haben, noch einmal nach Hause zu fliegen und umzupacken. Wenn Sie jemals Klamotten für sieben Wochen in zwei Koffern unterbringen mussten, wissen Sie vermutlich, welches Gefühl sich in meiner Magengrube breitmachte. Wie zum Teufel sollte ich mein ganzes Leben in maximal 70 Kilo zusammenpacken? Ich las weiter. Erwarteten die ernsthaft von mir, dass ich über fünfhundert Flughafenkürzel auswendig kannte, noch bevor der Lehrgang überhaupt angefangen hatte? Wie sollte ich das schaffen, wo ich doch so viel – äh, so wenig – packen musste?
    Ich ließ mich vor dem Kleiderschrank auf den Boden sinken und starrte auf meine Sachen. Ich konnte nicht entscheiden, was ich mitnehmen sollte, und versuchte mental eine Vorauswahl zu treffen. Schließlich konnte ich überhaupt nicht absehen, was ich brauchen würde. Ich wusste noch nicht einmal, in welche Ecke des Landes es mich anschließend verschlagen würde. Also tat ich, was jede 24-Jährige an meiner Stelle getan hätte: Ich packte alles ein. Flipflops und Fellstiefel, Strandkleider und Kaschmirpullis, das kleine Schwarze und seriöse Arbeitskleidung. Nur für alle Fälle. Wer wusste, welches Abenteuer mich erwartete? Zu guter Letzt warf ich noch ein bisschen Modeschmuck dazu, dann schwang ich mich auf meinen Koffer und … versuchte … den … verdammten … Reißverschluss … zuzuziehen. Es ging nicht. Stirnrunzelnd malte ich mir aus, wie ich die geheiligten Hallen der Flugbegleiterakademie betrat, mich ein überlebensgroßer Ausbilder abfing, meine Koffer auf eine Industriewaage wuchtete und mich auf direktem Weg wieder nach Hause zu Mama und Papa schickte. Denn genau dort würde ich landen, wenn ich es vermasselte. Also nahm ich die Winterstiefel heraus und probierte es erneut. Als Nächstes waren die Flipflops an der Reihe, aber das verdammte Ding wollte immer noch nicht zugehen. Also noch ein Pulli – oder lieber zwei –, dann klappte es endlich. Meine Mutter versprach, mir alles, was nicht hineinpasste, später hinterherzuschicken.
    Drei Wochen nach meinem Vorstellungsgespräch verabschiedete ich mich mit 2000 von der Bank geborgten Dollar (diesen Betrag empfahl die Fluggesellschaft für Notfälle, obwohl Kost und Logis übernommen wurden) in der Tasche von meinem alten Leben und begab mich auf den Campus, der fünf Meilen vor einem großen amerikanischen Flughafen lag. Ich war nervös und unsicher, aber meine Frisur saß, mein Make-up war perfekt, und ich sah super aus. Alles andere war zweitrangig.
    Obwohl ich alle paar Meter über meine Koffer stolperte, schaffte ich es, ohne größere Verletzungen die Eingangshalle der Akademie zu betreten. Sie sah aus wie eine gewöhnliche Hotellobby. Rechts von mir befand sich die Anmeldung, und überall standen Sofas und Ohrensessel herum. Hinter einer großen Panoramascheibe erspähte ich einen verwaisten Pool, ein Volleyballnetz und einen Grillplatz. Ich sah nach links. Eine Bar! Wer hätte gedacht, dass auch fürs Vergnügen gesorgt war? Eine Wendeltreppe auf der rechten Seite führte auf eine Galerie mit Blick über den Raum, der sich zusehends zu füllen begann.
    »Entschuldigung«, murmelte ich und bahnte mir mit schweißnassen Handflächen einen Weg zwischen meinen künftigen Kolleginnen hindurch, die in kleinen Grüppchen beisammenstanden. Ich schrieb mich ein und klebte mein »Hallo, ich heiße Heather«-Schildchen auf die Brust, während mir ein goldfarbener Schlüssel und ein dicker Packen Unterlagen überreicht wurden. Ich drehte mich um und ließ unsicher den Blick durch den Raum schweifen. Jeder hier sah unglaublich gut aus. Da trat auch schon eine bildschöne schwarzhaarige Frau mit Schneewittchenteint und blutroten Lippen auf mich zu. Schlagartig fühlte ich mich noch plumper und unansehnlicher als zuvor.
    »Hi«, begrüßte sie mich in breitem Südstaatenakzent und strahlte mich an. »Ich bin Georgia.«
    Georgia, die sich als ehemalige Zweitplatzierte bei der Wahl zur Miss Louisiana entpuppte, fragte, ob ich etwas mit ihr trinken wolle.
    »Klar.« Ich stellte meine Koffer an der Wand ab, folgte ihr zur Bar und bestellte mir eine Cola light. Dann kehrten wir in die Lobby zurück und sahen plaudernd den anderen Neuankömmlingen bei der Anmeldung zu. Ich schätzte, dass unser

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