»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
vierköpfige Familie, die offenbar einen Kindersitz, Kinderwagen oder gar das zugehörige Kind vermisste. Das hätte zumindest erklärt, weshalb die Eltern so hektisch herumliefen und alles absuchten. Unten an der Rolltreppe, die zum Zoll führte, empfing uns eine Gruppe Männer in schwarzen Anzügen. Sie hielten Schilder mit den Namen der Leute hoch, die sie abholen sollten. Während sie herumstanden und darauf warteten, dass die ankommenden Fluggäste ihre Namen auf den Schildern ausmachten, warfen sie Georgia lüsterne Blicke zu. Wir suchten schleunigst das nächste Münztelefon und wählten die Nummer, die uns eine der Flugbegleiterinnen auf dem Flug zugesteckt hatte, als ich mich nach der günstigsten Transportmöglichkeit nach Queens erkundigt hatte. Die lange Busfahrt hatten Georgia und ich uns sparen wollen. Nach dem zweiten Läuten hob jemand ab.
»Kew Gardens!«, bellte ein Reibeisenstimme.
Ich nannte dem Mann meinen Namen, unseren Standort und unser Ziel.
»In einer Viertelstunde! Letzte Tür im Obergeschoss!«, blaffte er und legte auf.
Vorsichtig schob Georgia den Gepäckwagen, auf dem sich ihre Koffer so hoch türmten, dass sie kaum darüber hinaussehen konnte, durch die Halle, während ich meine beiden riesigen Trolleys und die etwas kleinere Handgepäcktasche hinter mir herzerrte. Auch neben der Ankunftshalle standen etliche Männer, deren Augen beim Anblick von Georgia in ihren hochhackigen Winterstiefeln zu leuchten begannen.
»Transfer!«, riefen sie quer durch die Halle – keine Frage, sondern eher eine Aufforderung, die uns mehrere Male entgegenschallte.
»Nein, danke«, antworteten wir mindestens ein Dutzend Mal.
Normalerweise hätte mich bei einer so aggressiven Anmache die kalte Angst gepackt, aber wir waren schließlich in New York City. So lief das hier. Ich war bestens informiert. Meine Mutter hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, mich vor den Gefahren zu warnen, die in meiner neuen Heimat angeblich an jeder Straßenecke lauerten. Dubiose Typen, die alleinstehenden Frauen ihre Fahrdienste anboten, gehörten ebenfalls dazu. Kaum hatte sie erfahren, in welcher Stadt ich fortan stationiert sein würde, hatte sie einen Reiseführer gekauft und war innerhalb weniger Tage zur New-York-Expertin avanciert, ohne jemals einen Fuß in diese Stadt gesetzt zu haben.
»Immer nur in gelbe Taxis steigen«, lautete einer ihrer zahlreichen Ratschläge. »Und sieh immer vorher nach, ob er eine Lizenzplakette auf dem Armaturenbrett hat«, ermahnte sie mich wieder und wieder so eindringlich, als hänge mein Leben davon ab. (Um diese Lektion zu lernen und sie jetzt mit Ihnen teilen zu können, musste ich erst selbst einige Monate später auf einem verwaisten Parkplatz in Harlem statt wie gewünscht vor einem Theater auf dem Broadway landen. Also hören Sie auf meine Mutter!)
Als Georgia und ich schließlich mit unseren gefühlten 500 Kilo Gepäck beim vereinbarten Treffpunkt ankamen, fanden wir ihn jedoch verwaist vor. Mutterseelenallein standen wir in der eisigen Finsternis. Der LaGuardia-Flughafen bei Nacht ist ziemlich unheimlich. Nervös sah ich mich um und überlegte, ob wir lieber drinnen warten sollten, aber dann riss ich mich zusammen, holte meine schwarzen Strickhandschuhe heraus und zog sie an. Georgia kramte einen weißen Muff aus einer ihrer kleineren Taschen. Ich hatte so etwas noch nie in Wirklichkeit gesehen und immer gedacht, diese Dinger existierten nur im Märchen.
»Meinst du, hier draußen ist es sicher?«, fragte sie in ihrem gedehnten Südstaaten-Akzent.
»Klar«, log ich. Es brachte schließlich nichts, wenn wir uns beide verrückt machten.
In diesem Augenblick bretterte etwas, das wie ein ausrangierter Streifenwagen aussah, hupend um die Ecke und blieb mit quietschenden Reifen direkt vor uns stehen. Ich wich zurück. Ein alter Mann mit Drahtgestellbrille und Schirmmütze stieg aus und beäugte kritisch unser Gepäck.
»Das iss’n Witz, oder?«, blaffte er.
»Sind Sie von Kew Gardens Car Service?«, fragte ich, still darauf hoffend, dass er trotz des Firmenlogos, das in roten und weißen Großbuchstaben auf der Heckscheibe prangte, verneinen würde.
Der alte Mann griff durch die geöffnete Tür nach einem Ding, das wie ein CB -Funkgerät aussah. »Neun null neun«, meldete er, warf abermals einen Blick auf unser Gepäck und schüttelte den Kopf. »Neun null neun!«
»Gibt es ein Problem, Sir?«, erkundigte sich Georgia und ließ eine Kaugummiblase platzen.
»Ob es ein
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