»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
schüchternen Abschiedskuss lief nichts zwischen uns. Aber ich kam in den Genuss von dunklen Limousinen, hervorragenden Plätzen bei der einen oder anderen Broadwayshow, leckeren Abendessen in den besten Restaurants der Stadt und angeregten Unterhaltungen, auch wenn sie sich hauptsächlich um meinen Job drehten. Meistens übernahm ich das Reden, was mir nichts ausmachte, weil ich sehr gern rede. Wenn wir uns trennten, hörte ich wochen-, manchmal sogar monatelang nichts von ihm, bis er eines Tages in eine Maschine nach New York stieg, während des Boardings seinen BlackBerry herauszog und »Heute Abend schon etwas vor?« tippte. Vier Stunden später hielt eine schwarze Limousine vor meiner Haustür und brachte mich in die Stadt. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und fünfzehn Jahre älter als ich, weshalb sich unsere Gemeinsamkeiten in Grenzen hielten, aber was wir hatten, genügte vollauf. Wir lebten beide in einer anderen Welt. Er und ich, wir waren zwei einsame Reisende.
Rendezvous mit einem Piloten
»Ich würde nie im Leben etwas mit einem Piloten anfangen. Das sind doch alles Freaks«, erklärte einer meiner Lieblingspiloten, als ich ihm gestand, dass ich früher mit einem Typen aus seiner Zunft ausgegangen war. »Flugbegleiterinnen sind da schon ganz anders. Glaub mir, ich war schon mit Mädchen jeder Airline des Landes zusammen«, fügte er mit einem verschmitzten Grinsen hinzu. Daran zweifelte ich keine Sekunde.
Piloten sind ganz außergewöhnliche Persönlichkeiten. Sie sind in der Lage, an Bord einer Maschine stets logisch zu denken und einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn man wie Kapitän Sully abwägen muss, seine Maschine auf den Hudson River notzuwassern, ist nun mal kein Platz für Gefühlsduseleien. Flugbegleiter hingegen haben eher ein fürsorgliches Naturell und kümmern sich gern um andere Menschen. Bei den Problemen, mit denen wir uns herumschlagen, gibt es nur selten ein Richtig oder Falsch. Wenn es tatsächlich stimmt, dass sich Gegensätze anziehen, ist es daher nur folgerichtig, dass Piloten und Flugbegleiterinnen zueinanderfinden. Und insofern ist es auch keine Überraschung, dass Piloten vorzugsweise Krankenschwestern oder Lehrerinnen heiraten, während die Partner von Flugbegleiterinnen auffallend häufig Polizisten oder Feuerwehrmänner sind.
In unserer Branche besagt ein Sprichwort, dass du kein richtiger Pilot bist, solange du nicht mindestens einmal beurlaubt wurdest, schon mal in Streik getreten bist und eine Scheidung hinter dir hast. Ich wüsste gern mal, wie viele Ex-Pilotengattinnen als Flugbegleiterinnen arbeiten. Offenbar ist die Mehrzahl dieser Männer unverschämt genug, immer gleich mehrere Eisen im Feuer zu haben. Wenn ein Pilot auffliegt – und das passiert früher oder später zwangsläufig, da wir Flugbegleiterinnen uns gern und ausgiebig austauschen und damit unweigerlich auf sie zu sprechen kommen –, kommt es meistens zu hässlichen Szenen. Einen von ihnen traf es ganz besonders hart: Eines Tages absolvierten seine Frau und seine Geliebte zufällig denselben Flug und kamen beim Landeanflug auf ihn zu sprechen. Stellen Sie sich nur mal vor, wie er sich gefühlt haben muss, als er die Namen der beiden auf der Crew-Liste entdeckt hat. Während also die Ehefrau in den höchsten Tönen von ihrem wunderbaren Gatten schwärmte, schilderte die Geliebte intime Details ihrer jüngsten Eroberung. Schließlich flog die Sache auf, und es kam vor den Augen der Passagiere zu einem heftigen Streit zwischen der zweifachen Mutter und ihrer attraktiven jungen Rivalin, die keine Ahnung gehabt hatte, dass ihr toller neuer Liebhaber leider doch nicht so perfekt war, wie sie geglaubt hatte. Die Enthüllung einer anderen Ménage à trois ging etwas friedlicher über die Bühne, da die beiden Frauen, statt sich in die Wolle zu kriegen, beschlossen, sich den untreuen Mistkerl direkt nach der Landung vorzuknöpfen. Gemeinsam bauten sie sich mit verschränkten Armen an der Fluggastbrücke auf und warteten darauf, dass er die Maschine verließ. Ich weiß nicht, wie die Geschichte ausging, aber ich bin sicher, die Passagiere hatten an diesem Tag einiges zu erzählen.
Zwar entscheiden sich nicht alle Piloten für eine Flugbegleiterin als Partnerin, aber viele scheinen gern und oft zu heiraten. In den Bordküchen kursieren so einige Geschichten über verbitterte Zeitgenossen, beispielsweise einen in San Francisco stationierten Piloten (der mittlerweile nicht mehr unter uns weilt), der
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