»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
Telefonnummer gegeben, wenn ich geahnt hätte, dass mein kleiner Geburtstagsscherz sich verselbständigen und ein Abzug davon den Weg zu meinen Großeltern finden würde, die die Aufnahme des großgewachsenen, dunkelhaarigen, lächelnden Piloten neben mir – im bauchfreien Top und mit auftoupierten Haaren – im Wohnzimmerregal aufstellten, wo jeder Gast sie bewundern konnte.
Zu jener Zeit hatte ich ja noch keine Ahnung von dieser Branche, deshalb beachtete ich die drei Goldstreifen auf den Ärmeln von Garys Uniformjacke auch nicht. Sonst hätte ich gewusst, dass Gary gar nicht Kapitän, sondern Erster Offizier war. Der Kapitän sitzt auf der linken Seite des Cockpits, trägt vier Streifen auf der Uniform und darf stets als Erster aus den Crewessen auswählen, wobei er die vegetarische Vorspeise fast immer an den Ersten Offizier weitergibt. Um zu verhindern, dass beide Piloten gleichzeitig wegen einer Lebensmittelvergiftung ausfallen, dürfen Kapitän und Erster Offizier niemals das Gleiche essen. Meine Kolleginnen und ich haben zwar während unseres Ausbildungslehrgangs eine Menge gelernt, aber wie man die Landung eines Flugzeugs ordnungsgemäß durchführt, gehört definitiv nicht dazu. Deshalb dürfen wir die Mahlzeiten fürs Cockpit auch nicht gegen Passagieressen austauschen, wenn wir nicht mehr genug Auswahl anbieten können und ein Passagier nicht bekommt, was er haben möchte. Wenn Sie also die Bordtoilette der First Class betreten und eine Flugbegleiterin dabei erwischen, wie sie eine Mahlzeit verputzt, die Sie eigentlich haben wollten, regen Sie sich bitte nicht auf. Es ist gut möglich, dass einer der Piloten in letzter Sekunde beschlossen hat, dass er doch nichts will, und sein Essen an uns abgetreten hat.
Die Hierarchie der Piloten ist im Grunde genau dieselbe wie bei den Flugbegleitern, allerdings mit einem Unterschied: Ein Pilot kann rangmäßig aufsteigen. Die Größe des Flugzeugs gibt Aufschluss darüber, wo der Pilot auf der Karriereleiter steht. Je größer die Maschine, umso dicker der Gehaltsscheck, wobei der Kapitän natürlich wesentlich mehr absahnt als der Erste Offizier. Sobald eine Stelle frei wird, steigt der dienstälteste Erste Offizier automatisch auf. Wird der Kapitän einer Maschine befördert, bekommt der dienstälteste Erste Offizier die Chance, Kapitän zu werden. Manchmal hat ein Erster Offizier sogar mehr Dienstjahre auf dem Buckel als der Kapitän. In diesen Fällen hat der Erste Offizier Lebensqualität über Bezahlung gestellt (in Form eines Lebens ohne Reservedienste). Hätte ich an dem Tag, als ich Gary begegnete, schon für eine Fluggesellschaft gearbeitet, hätte ich natürlich gewusst, dass er auf der Karriereleiter noch ziemlich weit unten stand – er hatte nur drei Streifen und musste eine Maschine fliegen, die am späten Nachmittag des 4. Juli startete.
Als Gary sich von mir verabschiedete, dachte ich, das sei es gewesen . Ende der Geschichte. Er lebte in Florida, ich in Texas. Wie sollte so etwas funktionieren? Ich ging davon aus, ihn nie wiederzusehen, deshalb hatte ich mich ja überhaupt getraut, ihn um dieses Foto zu bitten! Eine Beziehung war so ziemlich das Letzte, wonach mir zu dieser Zeit der Sinn stand.
Kurze Zeit später stieg ich in unsere Maschine, ließ mich auf meinen Sitz fallen und blickte aus dem Fenster. In diesem Moment sah ich einen Piloten neben der Tragfläche stehen, der mir sehr bekannt vorkam. »O nein, das ist unser Pilot.«
»Los, wink ihm«, rief meine Freundin und beugte sich herüber. Ich packte ihre Handgelenke und drückte sie schnell wieder nach unten.
»Scheiße!«, stöhnte ich, als er den Kopf hob, und rutschte tiefer in meinen Sitz.
Eine Stunde nach dem Abflug, ich fing gerade an, mich zu entspannen, kam eine Flugbegleiterin mit einem Tablett in der Hand den Gang entlang und blieb vor mir stehen. »Gary hat mich gebeten, Ihnen das hier zu bringen. Das ist sein Crewessen«, erklärte sie.
»Wie süß!«, quiekte meine Freundin, während ich völlig verdattert dasaß. Ich hatte allen Ernstes gedacht, er hätte mein Gesicht nicht erkannt durch das kleine Fenster. Meine Freundin klappte meinen Tisch herunter, damit die Flugbegleiterin das Tablett abstellen konnte. An diesem Tag gab es Lasagne mit viel Käse. Sie sah köstlich aus.
»Äh … richten Sie Gary bitte meinen Dank aus«, sagte ich.
Später, als ich selbst Flugbegleiterin war, ließ ich diesen Moment viele Male vor meinem geistigen Auge Revue passieren und konnte
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