Wir in drei Worten
beschäftigt.«
»Nein«, antworte ich erschöpft. »Nein, sehr gerne. Ich muss nur ein paar Sachen in der Arbeit klären. Gib mir rechtzeitig Bescheid, in Ordnung?«
»Klar. Äh … pass auf dich auf.«
»Mach ich, danke.«
Nachdem wir uns verabschiedet haben, ertappe ich mich dabei, dass ich Rhys vermisse. Er hätte wegen dieser Sache geflucht wie ein Bauarbeiter, der sich die Zehe gestoßen hat, mich umarmt und einen Witz darüber gerissen, dass ich den dämlichen Job gar nicht nötig hätte, wenn ich stattdessen ein paar Babys werfen würde.
Er klang verändert. Weniger aggressiv. Es war das erste Gespräch, bei dem ich den Eindruck hatte, dass er sich wirklich mit mir unterhalten wollte wie zwei zivilisierte Menschen – nicht wie zwei in Schützengräben verschanzte Gegner in einem nie endenden Bürgerkrieg. Ich freue mich, dass er ein wenig glücklicher klingt, und es würde mir sehr gefallen, wenn wir Freunde sein könnten, falls das überhaupt möglich ist. Allerdings sorgt die Verabredung für »irgendwann nächste Woche« dafür, dass ich mich wie eine Hochstaplerin fühle. Denn wer weiß, vielleicht gibt es die Welt, wie wir sie kennen, nach dem Donnerwetter, das ich morgen erleben werde, nicht mehr. Vielleicht ist sie dann ein Narnia-artiges Märchenland, in dem ich als ziegenbeiniger Faun herumstolziere.
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50
I ch versuche, zielstrebig durch das von morgendlichem Stimmengewirr erfüllte Großraumbüro zu schreiten, während ich in Gedanken das Mantra »Schnee von gestern« rezitiere. Nur, dass das mit dem »Schnee von gestern« nicht so ganz klappt, weil die Story an einem Sonntag erschienen ist und am Montag erstmals Gelegenheit ist, sie zu erörtern. Noch dazu eine pikante Story wie diese.
Alle blicken mir nach, und ich könnte schwören, dass sich erwartungsvolles Schweigen über den Raum senkt, als ich auf Ken zusteuere, der gerade einen Kollegen von der Nachrichtenredaktion zur Schnecke macht. Also bleibe ich abwartend stehen, bis Vicky mit dem Kopf auf mich deutet. Er dreht sich um und fixiert mich mit einem tödlichen Basiliskenblick.
Dann wuchtet er sich vom Drehstuhl hoch und marschiert in sein Büro. Als ich hinter ihm hertrotte, spüre ich zahlreiche Augenpaare im Rücken.
»Tür zu«, befiehlt er und lässt sich hinter seinem Schreibtisch nieder.
Ich schließe die Tür und bleibe stehen.
»Ich werde Ihnen zugutehalten, dass ich Sie gestern überrumpelt habe. Heute will ich die Wahrheit hören.«
Als ich den Mund aufmache, fällt Ken mir ins Wort. »Und ich empfehle Ihnen dringend, nachzudenken, bevor Sie etwas sagen. Andernfalls könnte Ihre journalistische Karriere damit enden, dass Sie die Leserbriefseite des
Oxfordshire Banbury Cake
auf Rechtschreibfehler korrigieren.«
Ich stehe am Rande des Abgrunds. Genau genommen, an der Kante zum Rand des Abgrunds. Dabei habe ich Carolines Rat im Ohr, standfest zu bleiben. Ich lecke mir über die trockenen Lippen.
»Natalie Shale hat während des Interviews nicht über eine Affäre gesprochen. Der Name dieses Anwalts ist nicht gefallen, und er war auch nicht meine Kontaktperson. Zoe hat selbst recherchiert und mir die Story kaputt gemacht. Mehr weiß ich nicht, und etwas, das ich nicht weiß, kann ich weder erklären noch mich dafür rechtfertigen. Ich habe keine Ahnung, so unglaubwürdig das auch klingen mag, in Anbetracht dessen, dass Zoe und ich zusammengearbeitet haben und ich Natalie interviewt habe.«
Eigentlich rechne ich damit, das Ken jetzt anfängt, hysterisch herumzubrüllen.
Doch er nickt nur. »Leider habe ich nicht mehr erwartet.«
»Es ist die Wahrheit.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Gut, dann werde ich Ihnen jetzt mal ein paar Wahrheiten sagen. Es gibt zwei Gründe, warum Sie noch einen Job haben, Rachel Woodford. Erstens kann ich Sie nicht feuern, solange ich keinen Beweis dafür habe, dass Sie lügen. Und glauben Sie mir, ich habe mich kundig gemacht, denn ich verabscheue Lügner ebenso wie Reporter, die der Zeitung gegenüber nicht loyal sind. Und wenn Sie mich fragen, trifft beides auf Sie zu. Sollte ich in den Besitz solcher Beweise kommen, sieht die Sache gleich ganz anders aus. Zweitens habe ich niemanden, der bei Gericht Ihre Aufgaben übernehmen könnte. Im Moment. In Zukunft werden Sie mir am Ende jeder Woche eine Liste aller Storys zuschicken, an denen Sie arbeiten, auch von denen, die Sie lieber nicht veröffentlichen würden. Falls also irgendein Gerücht die Runde macht, dass die Frau eines
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