Wir in drei Worten
Angeklagten mit dem Anwalt ihres Mannes vögelt, rate ich Ihnen sehr, das auch zu erwähnen. Dann entscheide ich, ob wir die Sache weiter verfolgen. Und wenn ich nur eine Zeile darüber bei der Konkurrenz sehe und jemand,
den wir in Vollzeit am Gericht haben, uns das, verdammt noch mal, verschweigt,
werde ich mich sehr genau fragen, wofür wir Sie eigentlich bezahlen.« Ken hält inne und wartet, bis die gewehrpatronendicke Ader an seinem Hals ein wenig abgeschwollen ist. »Sie werden noch einmal zu Shale gehen und sie um ein Interview über diese letzte Wendung bitten, und zwar unter dem Einsatz Ihres ganzen Charmes. Außerdem können Sie Gift drauf nehmen, dass Sie in nächster Zukunft weder für irgendwelche Preise vorgeschlagen noch auch nur zur Weihnachtsfeier eingeladen werden, wenn Sie diese verdammte Sauerei nicht in Ordnung bringen. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja.«
»Dann gehen Sie mir aus den Augen.«
Ich wirble herum, öffne die Tür und stehe vor einer Redaktion, die durch die gläserne Trennwand jedes Wort so deutlich von den Lippen abgelesen hat, als wäre es laut ausgesprochen worden. Nachdem sich alle vergewissert haben, dass ich nicht weine, wenden sie den Blick ab und strafen mich mit Nichtachtung. So unangenehm das Ganze auch war, es hätte schlimmer kommen können. Natalie um ein Interview zu bitten ist vergebliche Liebesmüh, was Ken sehr wohl weiß. Allerdings weiß er auch, dass ich das nicht sagen kann. Meine Chancen stehen in etwa so gut, wie das Pferderennen von Burghley in einem Elektrorollstuhl zu gewinnen. Also werde ich einfach so tun, als hätte ich es versucht, wenn die Gemüter sich beruhigt haben. Oder ich frage Simon.
Als ich mich schon in die Freiheit flüchten will, winkt Vicky mich zu sich. »Rachel!«
Ich habe zwar nicht das geringste Bedürfnis, mit ihr zu reden, kann es mir jedoch nicht leisten, mir noch mehr Feinde zu machen.
»Was hat Ken gesagt?«, fragt sie, nachdem sie sich vergewissert hat, dass er noch in seinem Büro ist.
»Er ist alles andere als erfreut«, erwidere ich knapp. »Und damit ist er nicht allein.«
»Ich habe ihn gleich gewarnt, dass Zoe Clarke so etwas im Schilde führen könnte«, entgegnet sie.
Natürlich hast du das, du in Zara gewandeter Nostradamus. »Wirklich?«
»Ja. Es fing schon mit dem Theater an, als sie sich gegenüber einer Wochenzeitung als ausgebildete Journalistin ausgegeben hat, obwohl sie noch nicht einmal ihre Akkreditierung hatte. Die haben uns deshalb angeschrieben, doch sie hat es einfach abgestritten.« Ich setze zu einer Frage an, doch eigentlich ist alles klar, und Vicky redet schon weiter. »Und dann noch die Sache, als sie dich bei dieser Schönheits- OP -Story ausbooten wollte.«
»Was?«
»Der Fall mit der Fettabsaugung. Sie hat doch in deinem Auftrag über die Urteilsverkündung berichtet, oder? Uns hat sie den Artikel allerdings unter ihrem Namen eingereicht. Ich habe Ken gefragt, wie sie denn einen so langen Text in einer Stunde geschrieben haben wollte. Da ist uns klargeworden, dass sie deine Hintergrundrecherchen als ihre eigenen ausgegeben hat. Er hat ihr ordentlich den Kopf gewaschen und ihren Namen ganz gestrichen. Wusstest du das nicht?«
»Nein.«
»Na ja, woher auch? Klar, dass sie es dir nicht selbst erzählt hat.«
»Schade, dass du mir nichts gesagt hast«, entgegne ich steif. »Dann wäre ich in ihrer Gegenwart vorsichtiger gewesen.«
»Oh, ja … nun, wie ich schon sagte, hat Ken sich darum gekümmert, und ich wollte mich nicht einmischen.«
Ich unterdrücke ein höhnisches Auflachen. Einen verrückten Moment lang glaube ich, dass Vicky aufrichtige Anteilnahme äußern wird.
Doch im nächsten Moment schaut sie auf die Zeitanzeige bei Sky News und sagt: »Fängt der Prozess gegen die Fünferbande in dieser Drogensache nicht heute Vormittag an?«
Das heißt im Klartext: Du darfst dir ab sofort nicht die kleinste Nachlässigkeit leisten.
War mir auch so bewusst.
Sie wendet sich dem Computerbildschirm zu, um mir zu bedeuten, dass die Audienz vorbei ist.
»Bin schon auf dem Weg«, sage ich zu ihrem Rücken.
Ich hatte den Prozess ganz vergessen und falle in einen nicht sehr würdevollen Galopp, sobald ich außer Sichtweite bin.
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N achdem ich den Vormittag über mitstenografiert habe – das Gekritzel sieht so zittrig aus, als hätte ich eben erst einen Schlaganfall überstanden –, gehe ich Gretton erfolgreich aus dem Weg und schleiche mich aus dem Gerichtsgebäude nach
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