Wir in drei Worten
besitzt, das zuzugeben.«
»Verdammt, es reicht!«, ruft Ben aus.
Simon lässt sich nicht davon beirren. »Ich hätte mehr Achtung vor dir, wenn du jetzt hier stehen und zugeben würdest, dass es so war und dass es dir egal ist«, fährt er fort. »Ich hoffe, dass ich dir in diesem Leben nie wieder begegnen muss.«
Ich lasse die Schultern hängen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich jetzt keine verständlichen Geräusche mehr von mir geben. Ich dränge die Tränen zurück, konzentriere mich auf meinen Atem und beiße die Zähne zusammen.
»Okay«, sagt Ben, der offenbar merkt, dass die Situation aus dem Ruder zu laufen droht, und stellt sich zwischen uns. »Genug, Simon.«
Nachdem er sich überzeugt hat, dass Simon am Ende seiner Hasstirade angelangt ist, macht er wieder Platz.
»Komm jetzt.« Er legt Simon die Hand auf den Arm. »Wir gehen.«
Simon schüttelt ihn ab.
Ich unternehme einen letzten Versuch, meine Stimme zu kontrollieren. »Sag mir, ob ich etwas tun kann, um die Sache in Ordnung zu bringen«, stoße ich hervor.
»Soll das ein Scherz sein?«, schleudert Simon mir entgegen. »Denn das ist ungefähr so witzig wie die Mitteilung, dass der Krebs auf die Knochen übergegriffen hat.«
»Nein.«
»Du willst tatsächlich noch mehr für dich herausschlagen?«
»Das habe ich nicht …«
Simon sieht Ben an. »Ganz gleich, was sie gegen dich in der Hand hat, ich an deiner Stelle würde sie in die Wüste schicken.«
Er marschiert davon. Ich bringe keinen Ton heraus, sondern starre Ben nur unsicher an. Er erwidert meinen Blick.
»Er nimmt es sehr persönlich«, sagt er. »Wie dir vielleicht aufgefallen sein dürfte.«
»Ben, die Sache ist der absolute Alptraum. Ich wollte nie …« Ich versuche, die Tränen hinunterzuschlucken. Doch mein nächster Satz geht in einem Schluchzen unter, das man auch als rachenmandelgeneriertes Aufheulen bezeichnen könnte. »Ich hatte keine Ahnung. Zoe war meine Kollegin und Freundin. Ich hätte ihr so etwas nie zugetraut.«
Ben schaut sich in alle Richtungen um, als sollte gleich eine Drogenübergabe stattfinden. Und dann nimmt er mich zu meiner großen Überraschung in die Arme. Es kommt völlig unerwartet und ist unbeschreiblich tröstend, zumal mich die Passanten auf dem St. Ann’s Square nicht mehr so unverhohlen angaffen können. Allen voran das Paar mit den Eier-Kresse-Sandwiches. Wahrscheinlich glauben sie, dass sie es mit modernem Straßentheater zu tun haben, so einer Art spontanem Happening. Außerdem ist es mir lieber, dass Ben mich umarmt, als dass er mich ansieht. Denn mein Weinen ist ganz und gar kein weichgezeichnetes, mädchenhaftes Tränchenvergießen im Julia-Roberts-Stil.
»Ich weiß, dass du das nicht gewollt hast«, meint er beruhigend.
»Da bist du aber der Einzige«, schniefe ich in seinen dicken Wollmantel.
»Du darfst Simons biblischen Zorn nicht zu ernst nehmen. Er hatte ein schauderhaftes Wochenende. Natalie ist am Samstag von Reportern belästigt worden, die ihre Seite der Geschichte hören wollten. Da ist sie total ausgerastet und hat heulend und kreischend bei Simon angerufen. Eine Nachbarin musste die Kinder nehmen …«
Bridie, denke ich. Sicher war es die nette Hippie-Bridie mit der Ausreißer-Katze. Ich fühle mich wie der letzte Dreck.
»Hat er dich angerufen?«, frage ich und hebe den Kopf. Keine Ahnung, warum ich das wissen will.
»Das hat er. Ich habe ihm versichert, dass du bestimmt nichts damit zu tun hast. Er hat mir verboten, mich bei dir zu melden. Da habe ich es für besser gehalten, wenn ich nicht mit dir rede, damit er uns keinen Strick draus drehen kann. Er braucht nicht noch mehr Stoff für seine Verschwörungstheorien. Wie schlimm war es in der Redaktion?«
»So schlimm, wie es kommen kann, ohne dass man seinen Job verliert.«
Ich wische mir das Gesicht mit meinem Mantelärmel ab und lasse den Kopf wieder auf Bens Schulter sinken. Er legt mir die Hand auf den Hinterkopf.
»Schsch, ganz ruhig. Bald ist alles vergessen …«
Er bewegt seine Hand ein Stück, und ich denke schon, dass er sie wegnehmen will. Nein. Moment mal. Er streicht mir übers Haar? Ich zucke zusammen und halte den Atem an. Vielleicht spürt er das, denn wir weichen gleichzeitig zurück.
»Tut mir leid, dass ich so mies drauf bin«, murmle ich und wische wieder mit dem Ärmelsaum an meiner verlaufenden Wimperntusche herum.
»Mir tut es leid, Rach. Ich dachte, ich würde dir was Gutes tun, indem ich dich mit Simon bekannt mache«, sagt
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