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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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Ben ein wenig lauter als nötig, um wieder eine förmlichere Atmosphäre zwischen uns herzustellen.
    »Aber das hast du doch!«, protestiere ich. »Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
    »Eigentlich könnten wir jetzt beide einen ordentlichen Drink gebrauchen«, meint Ben. »Aber ich glaube, es wäre … äh … politisch unklug, wenn ich mich heute mit dir im Pub blicken lasse. Verstehst du?«
    Ich nicke und bringe ein zittriges Lächeln zustande.
    »Morgen ist die Zeitung Pommes-Einwickelpapier. Eigentlich schon heute. Sie wird wahrscheinlich in diesem Moment zum Auslegen von Katzenklos genommen. Kopf hoch.«
    Ich nicke wieder.
    »Du bist von einem Menschen verraten worden, dem du vertraut hast. Dagegen ist niemand gefeit«, sagt er.

[home]
    52
    W ir hatten zwar unsere Zeugnisse noch nicht in der Tasche, doch das nicht unbedeutende Thema Abschlussball lag bereits in der Luft. Die Fete der Chemiker im Palace Hotel mit seinem vorgestrigen Charme hatte das Rennen gemacht, und so kauften wir massenweise Eintrittskarten. Einen Partner mitzubringen, so man einen hatte, schien wichtiger zu sein als je zuvor, und deshalb bat ich Rhys nach seinen überschwenglichen Worten an meinem einundzwanzigsten Geburtstag, mich dorthin zu begleiten.
    Der geliehene Frack hing, in einer Plastikhülle von der Reinigung, neben meinem Ballkleid mit dem ausgestellten Rock an der Schranktür. Je näher der Abend des Balls rückte, desto häufiger erinnerte ich ihn daran. Und dennoch kam am Tag davor der Anruf, mit dem ich fast gerechnet hatte. Ich war mutterseelenallein im Haus, denn Caroline und Mindy waren zu ihren Eltern gefahren, um die erste Fuhre ihrer Habe abzuladen, Ivor hatte noch das dritte Studienjahr vor sich und lebte wieder im Wohnheim, und Derek drückte sich zum Glück irgendwo herum, um seinen eigenbrötlerischen Umtrieben zu frönen.
    »Rach, die Sache mit der Party …«
    »Mein Abschlussball?«
    »Ja. Ich kann nicht kommen. Wir haben einen Gig. Ich muss dabei sein.«
    »Rhys!«, rief ich. »Seit wann weißt du denn von diesem Termin?«
    »Sorry, Schatz. Es hat sich spontan ergeben. Ich darf mich nicht drücken. Drugs Ed reißt mir die Eier ab.«
    Also hatte ich den Wettbewerb gegen Drugs Ed verloren. Wenn es nicht gerade darum ging, wer am meisten Stoff einwerfen konnte, ein ziemliches Armutszeugnis.
    »Es ist sehr wichtig für mich. Du hast es mir versprochen!«
    »Ach, komm schon, das ist ja nicht die letzte Party unseres Lebens.«
    Dass er darauf beharrte, den Ball als
Party
abzutun, ärgerte mich. Immerhin handelte es sich um einen Meilenstein, den Abschied vom Studentenleben, bei dem ich Manchester, der Zeit hier und meinen Freunden Lebewohl sagen würde.
    In Wahrheit hatte der Entfremdungsprozess bereits eingesetzt. Bens Worte an meinem einundzwanzigsten Geburtstag gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Zweifel hatten sich eingeschlichen und hielten sich hartnäckig. Dass Rhys über mein Leben bestimmen wollte, empfand ich zunehmend nicht mehr als Unterstützung, sondern als Kontrolle. Dass er grundsätzlich alles besser wusste, erschien mir inzwischen weniger beeindruckend als oberflächlich. Außerdem hatte seine ständig wiederholte Abneigung gegen »Studentenschnösel« zur Folge, dass er die Wochenenden zunehmend zu Hause verbrachte, egal wie oft ich ihn darauf hinwies, dass er doch nach Manchester kam, um mich zu besuchen und nicht die versammelte Studentenschaft.
    Wenn ich stattdessen nach Sheffield fuhr und wieder einmal mit den Mitgliedern seiner Band in demselben alten Pub saß, fragte ich mich, warum mir nicht schon früher aufgefallen war, dass sie sich für nichts von dem interessierten, was ich zu sagen hatte. So wundervoll die Ansprache zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag gewesen sein mochte, etwas hatte mich daran gestört. Irgendwann wusste ich, was es war: seine Tollste-Freundin-der-Welt-Phrase. Auch seine Schuhe und seine Gitarre waren »das Tollste der Welt«. Ich war für Rhys ein wertvolles Besitztum und ein Beweis seines guten Geschmacks, und er wusste meine Meinung genauso zu schätzen wie die seiner Chucks oder seiner Les Paul. Ohne dass ich mich daran erinnern konnte, je diese Entscheidung getroffen zu haben, ging Rhys selbstverständlich davon aus, dass ich nach dem Studienabschluss mit ihm zusammenziehen würde. Im Leben geht es um Entscheidungen, dachte ich. Doch mir wurden sie aus der Hand genommen.
    Ich hatte gewusst, dass Rhys sich vor dem Ball drücken würde, denn der einzige

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