Wir in drei Worten
»Ich kann mich nicht daran erinnern.«
»Natürlich kannst du das.«
»Okay, vielleicht.« Er trinkt einen Schluck von seiner Cola. »Das war nicht in Ordnung. Aber schließlich bin ich dann doch gekommen.«
»Sorry, aber soll ich etwa dankbar dafür sein, dass du zu mir zurückgekehrt bist?«
»Ich habe dich niemals verlassen!«
»Nein, das nennt man betrügen, Rhys. Du hast mir die Hölle heißgemacht, damit ich zu dir nach Hause zurückkomme, während du die ganze Zeit nebenher was am Laufen hattest? Das ist so … gemein und schäbig. Und billig …«
Er fährt sich durchs Haar, nickt und starrt in sein Glas. Ich überprüfe meine Gefühlslage. Ich bin aufgebracht. Sehr sogar. Welchen Anteil Rhys’ Untreue an meiner Empörung hat und wie viel davon daran liegt, dass mir dadurch mein eigener Fehltritt in jener Nacht unter die Nase gerieben wird, kann ich nicht beurteilen.
»Alle deine Freunde haben es gewusst? David … und Ed?«
»Einige davon haben es geahnt, ja.«
»Sie müssen sich köstlich über mich amüsiert haben. Noch mehr als sonst.«
»Nein! Sie sagten, ich sei ein Idiot. Ich habe beinahe damit gerechnet, dass du an der Uni jemanden kennenlernst. Ich wollte mir selbst etwas beweisen – sie war da, und ich musste nur die Gelegenheit ergreifen.«
»Eine Waffe gegen zukünftige Schläge, die ich deinem Ego noch versetzen könnte?«
»Ja, genau. Du kannst das besser in Worte fassen als ich.«
»Und was soll ich nun mit dieser Information anfangen? Mich darüber aufregen und dir deine roten Haare ausreißen?«
»Ich wollte einfach die Wahrheit sagen. Alles bereinigen. Ich habe immer geglaubt, dass du eine Vermutung hast oder dass es dir jemand verraten hat«, fährt Rhys fort. »Wir hatten diese Auseinandersetzung wegen der Party. Und nach der Uni warst du anders. Distanzierter. Mehr darauf bedacht, den Ton anzugeben. Und ich glaube, von da an hat sich alles zwischen uns geändert. Es war nie wieder so wie vorher.«
»Tatsächlich?«
»Nein. Du wolltest nach Manchester zurück. Raus aus unseren Kreisen in Sheffield.«
»Hältst du mich für so wenig selbstbewusst, dass ich nie etwas gesagt hätte, wenn ich einen Verdacht gehegt hätte?«
»Ich bin mir sehr oft nicht sicher, was du denkst, Rachel. ›Lass uns einen DJ für die Hochzeit engagieren. Nein, lass uns lieber Schluss machen.‹ Das ist nur ein typisches Beispiel.«
»Ich habe es nicht gewusst«, erkläre ich.
Rückblickend ist der einzige Hinweis, dass Marie mich an der Bar immer sehr widerwillig bedient hat, und darin habe ich mich nicht sehr von den anderen Gästen unterschieden.
»Ich habe dir das nicht erzählt, um dich zu verletzen, Rach, ehrlich. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich das nach all der Zeit und nach allem, was geschehen ist, überhaupt tun würde. Ich wollte ganz ehrlich sein, meine Hände hochheben und zugeben, dass ich mich beschissen verhalten habe. Die Karten auf den Tisch legen. Ich weiß, dass du mir das nicht zutraust, aber ich sage dir hiermit aufrichtig, dass ich einiges besser hätte machen können. Und du hast es besser hingekriegt als ich.«
Jetzt kämpfe ich mit meinem Gewissen. Rhys mag mich betrogen haben, aber der Unterschied zwischen uns ist nicht so groß, wie ich mir das wünschen würde. Macht es die Sache besser oder schlechter, dass er für die andere Person weniger empfunden hat? Eines ist sicher: Ich bin ihm keine selige Unwissenheit mehr schuldig.
»Ich habe am Ende des Studiums mit Ben geschlafen«, sage ich unverblümt.
Unter seinem Dreitagebart verfärbt sich Rhys’ Gesicht. »Ben?«
»Aus meinem Kurs. Du weißt schon. Wir haben ihn vor kurzem getroffen.«
»Was? Der Typ in der Stadt?«
»Ja.«
»Wann?«
»Als wir uns getrennt hatten. In der Nacht vor dem Ball.«
Ich bemerke, dass Rhys ein paar Dinge zusammenzählt, und komme rasch zu der Schlussfolgerung, dass er sich nicht in der Position befindet, den Tisch umzuwerfen und mich eine untreue Schlampe zu nennen.
»Ben«, faucht er wütend. »Was für ein Heuchler. Was für ein eierloses Arschloch.« Er schlägt mit den Seiten seines Bierdeckels gegen die Tischkante. »Der von neulich also?«
Ich nicke.
»Das passt überhaupt nicht zu dir.«
»Ja.« Unter Rhys’ ungläubigem Blick fühle ich mich unbehaglich. »Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.«
»Soll ich es dir aufmalen?«
Ich zucke zusammen.
»So toll kann der Fick ja nicht gewesen sein, du bist ja direkt zu mir zurückgekommen«,
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