Wir in drei Worten
den ich mir für deine Hochzeit besorgt habe. Dieses ganze Gedöns, dabei ist er von Debenhams.«
Die Kopfputzprahlerei zeigt deutlich, wie schwierig dieser Tag für uns alle ist.
»Ach, wen kümmert es schon, wer was hat«, meine ich und hake mich bei meiner Mum unter. »Lass uns schauen, wo es hier was Ordentliches zu trinken gibt.«
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62
D as Festzelt ist riesig und nimmt fast das gesamte Feld ein. In dem weißen Segeltuch sind durchsichtige Bahnen in Form von gewölbten Bleiglasfenstern eingearbeitet, vielleicht in der Hoffnung, dass man, wenn man die Augen zusammenkneift, glaubt, es sei eine prächtige Gatsby-Villa auf Long Island statt eines Zeltes.
Wir beginnen mit dem üblichen Vorprogramm, während unzählige Fotos von dem glücklichen Brautpaar geschossen werden. Die Etikette verbietet es, das Zelt ohne die Frischvermählten zu betreten – ich sehe, wie Barbara beinahe ohnmächtig wird, als ein Gast an einer der Zeltklappen zupft –, also schlendern wir mit unseren Sektgläsern über den Rasen. Ein Medizinstudent hat mir einmal erklärt, dass Champagner so schnell wirkt, weil er vom Dünndarm aufgenommen wird. Für mich entwickelt er seinen Zauber nicht schnell genug: Ich hätte ihn gern intravenös gespritzt, so dass sich Zartgelb mit Rot vermischt und mein Blut ein hübsches Tabasco-Orange annimmt. Interessanterweise wabern unzeitgemäße Rauchschwaden durch die Luft, als die Raucher feststellen, dass sie sich im Freien befinden und dort tun können, was sie wollen.
Ein wenig verlegen wirkende Studenten von der Cateringfirma in schwarzen Schürzen bieten Appetithäppchen an, wie es der Brauch ist. Da es sich um exklusive Kanapees handelt, bedarf es einiger Erklärungen. »Hier haben wir Nocken aus Makrelenpastete auf Salatherzen … Das sind Blini mit Dorschrogen …«
»Was sind die kleinen Dinger, die aussehen wie Köttel?« Mein Dad lässt bei formellen Anlässen liebend gerne seine Yorkshire-Herkunft raushängen.
»Das sind Medjool-Datteln, gefüllt mit Stiltonkäse, Sir.«
»Und auf meiner Hochzeit gab es einen Käse-Ananas-Igel, das muss man sich mal vorstellen!«, sagt mein Vater zu der siebzehnjährigen Bedienung, die knallrot wird, als handle es sich um eine Zweideutigkeit.
Als sie weitergeht, beklagen sich meine Eltern leise murrend über die fehlenden Möglichkeiten, sich zu setzen. Die Stütze, nach der ich mich verzweifelt sehne, ist nicht für meinen Po gedacht – mir fehlen vielmehr meine Freunde. Sie wissen instinktiv, wie sie dich am besten abschirmen und vor Gefahren beschützen, wie Geheimagenten.
Blaumeise im Anflug, ich wiederhole …
Ben, Simon und Olivia stehen in einer strahlenden Gruppe von Haben-wir-das-nicht-gut-hingekriegt-Leuten, einem sozialen Ring um den Saturn, der dem Planeten des Brautpaars sehr nah ist. Olivia hat etwas an, das ein Mann ein »grünes Kleid« nennen würde. Mindy würde es als chartreusefarbenes, schräg geschnittenes Satinkleid mit Spaghettiträgern beschreiben, das höchstwahrscheinlich von Flannels stammt und, obwohl es kaum Haut zeigt, nur getragen werden kann, wenn man Olivias nymphengleiche Figur hat. Um ihren Kopf winden sich Golddrähte mit eingefügten Perlen und bilden eine postmoderne Tiara.
Ich winke, und Ben hebt zur Antwort die Hand. Olivia schenkt mir ein kurzes Ach-ja-du-Nicken und deutet eine Lippenbewegung an, die man, wenn man sehr verzweifelt ist, als Lächeln auslegen kann, bevor sie zu ihrer Unterhaltung mit Simon zurückkehrt. Simon hat sich in einen Börsenmakler-Nadelstreifenanzug geworfen und schießt einen Du-kannst-mich-mal-Blick in meine Richtung. Ich bemerke, dass Ben sieht, dass Simon mich gesehen hat und mir das nicht entgangen ist. Ich schenke Ben ein Tja-was-will-man-da-machen-Lächeln, das er entschuldigend erwidert.
Ich ziehe in der Sonne meine Jacke aus, und meine Mum ringt hörbar nach Luft.
»Seit wann kleiden sich Hochzeitsgäste wie Vamps?«
»Man sieht doch gar nichts«, erwidere ich gereizt.
»Oh, aber man kann alles erahnen. Hast du einen trägerlosen BH oder eine Art Korsett an?« Mum zupft auf eine Weise an mir herum, zu der nur Mütter sich berechtigt fühlen.
»Mum!«
Mein Dad betrachtet, scheinbar höchst interessiert, einige Kühe auf dem angrenzenden Feld.
Als wäre das nicht schlimm genug, sehe ich Ben auf uns zukommen. Er ist schon so nahe bei uns, dass ich keine laute Warnung mehr ausstoßen kann, also zische ich »Muuuum, lass das!« und versuche, mich von ihr
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