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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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ist merkwürdig, dass du anrufst. Ich habe nämlich gerade an dich gedacht.«
    Das Fettnäpfchen steht vor mir, und mein Fuß steckt mittendrin.
    »Ich hoffe, nur Gutes«, erwidert Ben verlegen.
    »Natürlich!«, quieke ich mit aufsteigender Hysterie in der Stimme.
    »Ah, ich wollte dich fragen, ob du dich irgendwann nächste Woche nach der Arbeit mit meinem Kollegen treffen möchtest, um diese Story zu besprechen.«
    »Ja, das wäre großartig.«
    »Donnerstag? Ich würde mitkommen, wenn dir das recht ist.«
    »Wunderbar.« Ganz und gar wunderbar sogar.
    »Simon ist in Ordnung, aber er ist sehr von sich überzeugt. Lass dir nichts von ihm gefallen, wenn er beginnt, sich über die üblen Machenschaften der Presse auszulassen.«
    »Ich bin sicher, dass ich ihm Paroli bieten kann.«
    »Da hab ich keine Zweifel.« Ben lacht. »Also gut, ich schreib dir Anfang nächster Woche eine E-Mail mit Zeit und Ort.«
    »Großartig.«
    »Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. Und nun störe ich dich nicht länger bei deinem Nickerchen.«
    »Ich bin schon in der Senkrechten, und dabei wird es auch bleiben.«
    »Wie du meinst.«
    Wir verabschieden uns ein wenig steif und legen auf. Ich fühle mich auf seltsame, schmerzfreie und ein wenig benebelte Weise in Hochstimmung. Der Patient im Fernsehen hat wieder einen regelmäßigen Herzschlag.

[home]
    15
    E igentlich sollte ich den Details lauschen, wie sich um den 26 . August letzten Jahres Michael Tallack, wohnhaft im Verne Drive, Levenshulme, Zuwendungen durch Täuschung erschlichen hat, indem er sich die Beinschiene seines Bruders angelegt und unberechtigterweise eine Invalidenrente beansprucht hat.
    Stattdessen schweifen meine Gedanken weit ab in die Vergangenheit, in den Herbst meines ersten Jahres an der Uni. Ich stand inmitten einer Gruppe im Platt Fields Park, betrachtete ein Feuerwerk und stieß bei jeder Rakete, die wie eine Blüte aufging und sich in feine Fäden aus glitzerndem Staub auflöste, bewundernde »Ohs« und »Ahs« aus. Als ich mich zu Ben umwandte, um etwas zu sagen, bemerkte ich, dass er anstelle des Nachthimmels mich betrachtete. Sein Blick war durchdringend und löste in mir jenes Gefühl aus, das man in einem Karussell hat, wenn man glaubt, es stünde bereits still, obwohl es sich noch langsam dreht.
    »Äh …« Ich verhaspelte mich und brachte die Worte nicht hervor, die mir gerade noch auf der Zunge gelegen hatten. »Mir ist kalt.«
    »Darin?«, fragte Ben ungläubig und deutete auf meine wollenen Handschuhe. Sie waren mehrfarbig, mit Norwegermuster. Und zugegebenermaßen so groß wie Wärmflaschenbezüge.
    »Sie sind hübsch!«
    »Ja, wenn man sieben Jahre alt ist.«
    »Ist dir nicht kalt?«, erkundigte ich mich.
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Ben. »Ich habe nicht darauf geachtet.«
    Seine Augen funkelten. Ich spürte, wie meine Haut trotz der eisigen Luft heiß wurde. Ich atmete tief durch und schlug die Fäustlinge aneinander.
    Ein Mädchen gesellte sich zu uns und hakte sich vertraulich bei Ben ein. Ich wandte mich leicht ab, und als ich mich wieder umdrehte, um etwas zu sagen, waren die beiden verschwunden. Ich verrenkte mir den Hals und hielt in der Menge nach ihnen Ausschau. Ich fühlte mich irgendwie verlassen. Das war natürlich lächerlich und ein Zeichen, wie sehr ich Rhys vermisste.
    »Bitte erheben Sie sich!«, bellt der Gerichtsdiener und holt mich ins Hier und Jetzt zurück.
    Ich warte höflich, bis alle vor mir den Saal verlassen haben, anstatt mich wie sonst leicht gereizt und so schnell wie möglich zum Ausgang zu schieben. Meine Gedanken kreisen um die Verabredung nach der Arbeit mit Ben. Und ich empfinde zu gleichen Teilen Angst, Vorfreude, Aufregung, Schuld, Verwirrung …
    Ich hole mir einen nach Kuhscheiße riechenden Kaffee und gehe zum Presseraum, um ihn in Ruhe zu trinken. Zoe war schneller als ich. Trotz ihrer Zweifel macht sie sich als Gerichtsreporterin sehr gut. Die Fähigkeit, eine Story zu wittern, kann man niemandem beibringen, und sie gehört eindeutig zu den Menschen, die dieses Talent besitzen. Sie hat außerdem genug Selbstbewusstsein, um einen Gerichtssaal zu verlassen, in dem sich nicht viel tut, und sich etwas Besseres zu suchen. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich mich das getraut habe. Stattdessen saß ich wie angewurzelt auf der Bank, hörte mir Nullachtfünfzehn-Geschichten über schweren Autodiebstahl an und wagte nicht mehr als vorsichtige Rechts-links-Bewegungen mit den Augen, wie bei einem Porträt

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