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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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im Spukhaus, dem man den Rücken zukehrt.
    »Dieser verdammte Gretton«, schimpft sie zur Begrüßung. Sie pickt mit einer weißen Plastikgabel die Gurkenscheiben aus der Ofenkartoffel vom Imbissstand und legt sie auf den umgeklappten Deckel des Kartons.
    Ich nippe an meinem Kaffee. »Schleicht er dir immer noch hinterher? Ich habe ihn in letzter Zeit selten gesehen.«
    »Ja. Ich habe an einer netten Geschichte über einen Rentner gearbeitet, der ein paar Landstreicher todesmutig mit der Harke aus seiner Schrebergartensiedlung vertrieben hat, und habe geglaubt, ich hätte die Story exklusiv, doch kaum drehe ich mich um, sitzt er mir im Nacken.«
    »Und wahrscheinlich hat er gleich einen Witz gerissen und dich gefragt, ob er dir zeigen soll, was eine Harke ist?«
    »Das ist ihm so schnell wohl nicht eingefallen.«
    »Nimm seine Aufmerksamkeit als Kompliment. Er wäre nicht interessiert, wenn er deine Arbeit nicht zu schätzen wüsste.«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    Bei näherer Überlegung trifft das mehr zu, als mir lieb ist. Es ist nicht angenehm festzustellen, dass Gretton sich so schnell auf Zoe fixiert hat. Bin ich so leicht zu ersetzen? In letzter Zeit habe ich keine großen Storys gehabt. So müssen sich alternde Filmstars fühlen, wenn sie einen Stalker an eine jüngere Rivalin verlieren. Selbst Ratten wie Gretton verlassen die sinkende HMS Woodford. Zugegeben, Zoe dürfte es noch weit bringen. Ich glaube, dass man das auch einmal über mich gesagt hat. Jetzt, wo meine Verlobung in die Brüche gegangen ist, belastet mich das mehr, als es sonst der Fall gewesen wäre. Schon merkwürdig – wenn ein Teil deines Lebens wegbricht, wirken die verbliebenen Teile plötzlich viel mickriger. Ich habe immer geglaubt, einen tollen Job zu haben. Jetzt wird mir bewusst, dass ich meine Karriere nie wirklich vorangetrieben habe. Zoe wird mich wahrscheinlich in wenigen Wochen locker überholen und sich auf eine neue Aufgabe stürzen.
    »Ich mache heute pünktlich Schluss. Wenn jemand in der Redaktion nachfragt: Ich war bis zum bitteren Ende hier«, sage ich. »Ich muss erst morgen etwas abliefern, und der Fall in Saal 2 wird sich noch länger hinziehen.«
    Zoe deutet einen Salut an. »Verstanden. Etwas Nettes?«
    »Was? In Saal 2 ?«
    »Was du vorhast.«
    Das ist eine gute Frage. »Eine Verabredung.«
    »Oh. Mit einem
Freund?
«
    Aus irgendeinem Grund stört mich die Frage. »Es ist eine Freundin«, erwidere ich ungehalten und stelle fest, dass mein schlechtes Gewissen mich nervös macht.
    Zoe nickt, spießt eine matschige Tomatenscheibe auf und pflügt sich dann durch die Kartoffel wie ein Gärtner mit einer Forke durch die Erde.

[home]
    16
    D ie Tallack-Verhandlung geht weiter, und ich versinke am Nachmittag wieder in meine Tagträume. Dieses Mal befinde ich mich kurz vor den Prüfungen am Ende des ersten Studienjahrs. Ben hatte mir eine geheimnisvolle Nachricht in meinem Uni-Postfach hinterlassen, auf der nur Ort und Zeit und der Vermerk »Komm allein« notiert war, so als wären wir Geheimagenten.
    Ich war noch nie in der Zentralbibliothek am St. Peter’s Square gewesen – die Unibibliothek hatte mir bisher gereicht. Da Ben das wusste und mich außerdem ein wenig auf den Arm nehmen wollte, hatte er eine Karte mit dem Weg dorthin gezeichnet. Das Ziel war ein mit blauem Kugelschreiber gezeichneter Kuchen, wobei die Kolonnaden die Kerzen darstellten. Unter einem idiotischen Gesicht stand »Ben«, und ein Pfeil wies darauf hin, dass er sich in dem Gebäude befand.
    Als ich dort ankam und die Architektur bewunderte, winkte Ben mir von einem der Tische zu.
    »Hi. Warum sind wir hier?«, zischte ich und setzte mich auf den Stuhl neben ihn.
    »Ich wollte vermeiden, dass uns in der Unibibliothek jemand belauscht«, flüsterte Ben. »Und es ist ein netter Ausflug. Schau dir das an.«
    Er schob mir einen Stapel Prüfungsunterlagen zu.
    »Die Prüfungen der letzten Jahre?«, fragte ich.
    »Ja. Ich habe sie durchgesehen und ein eindeutiges Muster festgestellt.
Beowulf
wird grundsätzlich nur jedes zweite Jahr abgefragt.«
    »Okay …«, sagte ich langsam. »Und?«
    »Im letzten Jahr war es dran, also wird es in diesem Jahr keine Frage dazu geben. Wir müssen uns nicht darauf vorbereiten.«
    »Eine gewagte Strategie.«
    »Ich bin hundertprozentig sicher, dass sie funktioniert.«
    »Tatsächlich?«, fragte ich sarkastisch. »Hundertprozentig? So sicher wie das Gesetz der Schwerkraft oder das Gesetz über … über …«
    »Du

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