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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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ihn umarmen.
Du bist hier! Ich bin hier!
Ich weiß, dass ich das unterdrücken muss. Hier geht es lediglich um einen Drink mit einem alten Bekannten aus Studientagen. Er beugt sich vor, um Caroline auf die Wange zu küssen, und sie schmilzt natürlich dahin. Ben und ich nicken uns nur zu und teilen uns stillschweigend mit, dass wir die Küsserei bereits neulich hinter uns gebracht haben und beide keine Wiederholung wünschen.
    Simon entfaltet seinen langgliedrigen Körper und steht ebenfalls auf. »Ist mir ein Vergnügen. Was möchten die Damen trinken?«
    »Äh, nein, schon okay. Ich gehe … Was wollt ihr?«, stottere ich, erkenne jedoch schnell, dass jeder Widerstand zwecklos ist: Das Alphatier Simon lässt so etwas nicht zu. Ich bin eher an biertrinkende Betamänner gewöhnt.
    »Nein, was möchtet ihr haben?«, wiederholt er bestimmt.
    »Wodka Tonic«, sagt Caroline zu Simon und fällt mir damit mit süßer Stimme in den Rücken.
    Er dreht sich erwartungsvoll zu mir um.
    »Gin Tonic? Danke.«
    »Wie geht es dir, Ben? Rachel hat mir erzählt, dass du verheiratet bist und als Anwalt arbeitest«, wendet sich Caroline an Ben.
    »Ja. Meine Frau ist im Zivilrecht tätig.«
    »Du hast doch Englisch studiert, oder?«, fragt Caroline.
    »Ja. Ich habe das falsche Fach gewählt«, erklärt Ben unverblümt. »Der Abschluss ist zu fast nichts zu gebrauchen.«
    Das tut weh. Nicht, dass ich wahnsinnig stolz auf meine Qualifikation wäre. Aber wir hätten nicht drei Jahre unseres Lebens miteinander verbracht, wenn er dieses Studium nicht durchgezogen hätte.
    »Zu fast nichts zu gebrauchen, wenn man nur studiert, um sich gezielt auf einen Beruf vorzubereiten«, merke ich spitz an.
    »Natürlich. Es tut mir leid, ich habe damit nicht sagen wollen, dass es für nichts gut war – offensichtlich hast du etwas Tolles daraus gemacht«, sagt Ben rasch, und ich sehe, dass ihn seine Taktlosigkeit selbst überrascht. »Ich war nach dem Abschluss pleite und hatte mich gerade mal für ein weiteres Studium qualifiziert. Ohne ein TEFL -Diplom kannst du noch nicht einmal Englisch im Ausland unterrichten. Und ich habe im Gegensatz zu Rachel keine Begabung für Journalismus. Ich könnte mich nie so ins Zeug legen und Deadlines einhalten wie Rachel.«
    Mir ist klar, dass er versucht, seine Für-fast-nichts-zu-gebrauchen-Bemerkung wiedergutzumachen, und das weiß ich zu schätzen. Trotzdem bin ich ein wenig verletzt. Ich spüre seinen Blick auf mir und konzentriere mich darauf, meinen Mantel über den Stuhl zu hängen, um den Blickkontakt zu vermeiden.
    Simon kehrt mit zwei klobigen, dickwandigen Gläsern mit viel Eis darin zurück. »Zitrone im Wodka … Limone im Gin Tonic.«
    »Danke«, zwitschern wir beide wie aus einem Mund.
    Er hat eine Runde geholt, ohne für sich selbst einen Drink mitzunehmen? Ich muss unbedingt Rhys erzählen, dass es solche Männer tatsächlich gibt. Wahrscheinlich würde Rhys Simon empfehlen, sein Gehirn der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen. Sofort.
    Wir widmen uns dem üblichen Kennenlern-Smalltalk, und nachdem Caroline sich als Buchhalterin zu erkennen gegeben hat, vertieft sich Simon mit ihr in das Thema.
    »Wie geht es Abigail?«, frage ich Ben.
    Abigail, Bens dürre kleine Schwester mit den hervortretenden Augen war dreizehn oder vierzehn, als wir studierten. Ben verhätschelte sie, wie große Brüder es oft tun. Vor unserer ersten Begegnung hatte er mich vorgewarnt, dass sie am Asperger-Syndrom litt und daher alles sagte, was ihr durch den Kopf fuhr, ohne Hemmungen, Abmilderungen oder die Beachtung gesellschaftlicher Umgangsformen. Das klingt nicht anders als das Verhalten der meisten meiner Familienmitglieder und meines Freundes, hatte ich gescherzt, aber insgeheim war ich ein wenig besorgt gewesen. Was, wenn sie mich fragte, warum ich Koteletten hatte? Als ich sie dann kennenlernte, stellte ich fest, dass sie zu den wenigen Menschen gehörte, die nur selten einem grausamen Impuls nachgeben oder böse Gedanken hegen, also machte es kaum etwas aus. Sie bewunderte eine Strickmütze, die ich auf dem Flohmarkt gekauft hatte, und forderte: »Kann ich sie bitte haben?« Ben war entsetzt.
    Später schickte ich ihr eine, die meiner ganz ähnlich war. Ben erzählte mir, dass sie so begeistert war, dass »sie beinahe in Tränen ausbrach, das kleine Dummerchen«, obwohl sie ihr zu groß war und sie damit aussah, »wie ein Alien aus
Mars Attacks
«. Das schrieb er mir in einem Brief, den er mir in den

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