Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
Vom Netzwerk:
sicher mit Schmerz zu tun: Rauchen ist Selbstmord in Raten , für die , die sich den Strick nicht zutrauen. Unter anderem deshalb lehnt Roghmann es ab.
    »Du haust es raus , mit der Musik , oder?«
    »Weiß nicht. Vielleicht.«
    Selbst Barts Gitarre klingt für Carl mittlerweile fremd. Er spielt Hardrock , immer schnellere Läufe , stampfende Akkordrhythmen , aggressiv und laut. Kaum Melodien , in die man sich hineinfallen lassen kann. Selbst wenn Carl nicht glaubt , daß diese Art Musik direkt satanischen Ursprungs ist – sie verändert Bart. Kann sein , daß sich der Abstand zwischen ihnen bald nicht mehr überbrücken läßt.
    »Ich werde Ulla mein Leben lang lieben. Ganz gleich , mit wem ich sonst irgendwann in der Zukunft zusammen bin. Ulla hat diesen Platz , den nie wieder eine Frau bekommt. Aber sie wollte ihn nicht.«
    Rauch zieht herüber. Er riecht besser , als er schmeckt , wenn man ihn selbst im Mund hat.
    »Die Nummer mit der großen Liebe hab’ ich mir abgeschminkt.«
    »Ist das nicht schrecklich?«
    »Wie man’s nimmt.«
    »Was will man noch vom Leben , wenn man diesen Traum nicht mehr hat?«
    Auch Barts Bereitschaft , sich auf Gott einzulassen , ist wieder erloschen. Er sagt es nicht direkt , versucht aber auch nicht , es zu verbergen. Seit dieser Neue aus Oberhausen da ist , Vincent Färber , der ebenfalls Gitarre spielt und alles haßt , was mit Kirche zu tun hat , schwänzt Bart regelmäßig die Messe , Vesper und Andacht sowieso. Sie lachen über das , was im Religionsunterricht besprochen wird: › Das Christentum war am Anfang auch nur eine Jugendsekte ‹ , hat Vincent Färber neulich gesagt , › und Jesus so etwas wie Baghwan. ‹
    »Bei uns zu Hause , meine Eltern und deren Freunde – die haben sich alle ständig getrennt , neu verknallt , sind abgehauen , haben sich betrogen und rausgeschmissen , immer wieder was anderes angefangen. Bis heute ist das so.«
    Carl sagt weder › Geschiedene , die wieder heiraten , können nicht einmal beichten , weil sie ja nicht bereuen: Perpetuierung des Ehebruchs ‹ noch › Ein Wunder , daß Roghmann dich überhaupt genommen hat. ‹
    Statt dessen: »Aber gerade deshalb , weil du aus eigener Erfahrung weißt , wie furchtbar diese dauernden Trennungen und Neuanfänge sind …«
    »Ich habe beschlossen , daß ich mich mal mit Niobe beschäftige. Jetzt , wo mein Vater definitiv nicht mehr mit ihrer Mutter zusammen ist , kommt es auch weniger komisch.«
    »Niobe ist schön« , sagt Carl und schaut , wie Bart darauf reagiert.
    »Sie sieht schon gut aus. Und mit ihr zusammen hat man immer Spaß.«
    So reden auch Großkreutz und seine Affen. Mit dem , was Carl meint , wenn er von Schönheit spricht , hat es nichts zu tun. Schönheit ist ein Widerschein Gottes. Sie läßt einen verstummen. Es gibt nichts , was man noch tun kann , wenn sie einem unvermittelt gegenübertritt. So ist es ihm mit Regina ergangen. Sie stand da , und er erkannte etwas. Alles war auf einen Schlag verwandelt.
    »Und du glaubst nicht , daß du für immer mit Niobe zusammen sein willst.«
    » Immer ist verdammt lang , oder?«
    »Daß sie dir sozusagen als deine Frau bestimmt ist?«
    »Schauen wir mal , wie es sich entwickelt.«
    »Das wäre mir zu wenig.«
    »Natürlich bin ich verknallt.«
    Ein ganz und gar unwürdiges Wort.
    » Verknallt in dem Sinne , war ich , glaube ich , nie.«
    Wie soll er mit jemandem befreundet sein , für den die Liebe kein Wunder mehr ist und dem Gott nichts bedeutet?
    Er nähert sich dem Bachbett. Die Kerme scheint zu stehen , so gering ist die Strömung. Seine Gummistiefel überzieht zäher , schwarzer Schmier. Vorgelagert flache Inseln , die sich um verrottete Baumstümpfe gebildet haben , bedeckt mit grau schimmerndem Laub vom Vorjahr. Sie sind trügerisch , man glaubt , festen Grund unter den Füßen zu haben , und sackt knietief ein. Dazwischen flache Stellen , in denen es wimmelt von Wasserflöhen und Mückenlarven.
    »Ist auch egal.«
    Vielleicht war es ein Fehler , Bart zu fragen , ob er mitgehen will. Sie haben sich so weit auseinanderentwickelt , daß selbst das Schweigen aus Mißverständnissen besteht. Wahrscheinlich ist ihre Zeit als beste Freunde einfach vorbei.
    »Keine Ahnung.«
    Er rammt den Stock in den Grund , holt das Glas aus dem Beutel , schraubt es auf , füllt Wasser ein. Zieht mit dem Kescher einen Bogen um sich herum , richtet sich auf , stülpt das Netz ins Glas. Hält es gegen den Himmel , schaut: zehn oder zwölf Würmchen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher