Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)
Finger auf ihrem nackten Bauch kreisen ließ , von ihr zurückgehalten wurde , sobald er weiter nach oben oder unten wandern wollte. › Wie rein und schamhaft sie ist ‹ , hat er gedacht. Aber jetzt ist sie mit diesem Christian zusammen und erlaubt ihm all das , was sie ihm verwehrt hat. Nicht weil sie unschuldig ist , hat sie es ihm verweigert , sondern weil sie sich vor dem Straftatbestand Unzucht mit Minderjährigen fürchtete. Wäre er achtzehn gewesen , hätte sie sich lange vorher von ihm in ein Hotel einladen lassen. Sie wären die ganze Nacht geblieben. Um sechs hätte er sich auf sein Fahrrad gesetzt , wäre nach Kahlenbeck gerast , hätte es bis rechtzeitig zur Frühmesse geschafft. Im Stand der Todsünde. Wäre der Kommunion ferngeblieben. Es hätte niemanden stutzig gemacht. Selbst Opgenhoff vom Gebetskreis Laudate bleibt manchmal in der Bank , weil er noch nicht losgesprochen ist. Jetzt liegt sie bei diesem Christian , der eine eigene Wohnung hat und sich nicht darum schert , was irgend jemand von ihm denkt. Wahrscheinlich hat sie von Anfang an bei ihm nur Bestätigung oder Aufmunterung gesucht zwischen zwei richtigen Männern. Er sollte dankbar sein , daß die Vorsehung ihn davor bewahrt hat , ein Fleisch mit ihr zu werden. Wenn die Eheleute sich das Sakrament gegenseitig spenden , wäre er jetzt quasi mit ihr verheiratet.
Er ist nicht dankbar.
Er will der Mann einer Frau sein.
Man kann unmöglich fünf oder zehn Jahre darauf warten , nicht mehr allein zu sein , wenn Gott , der Schöpfer , selbst eingesehen hat , daß der Mensch allein nicht gut ist.
»Hat sie ihn … – Hat sie dich verlassen , Carl?« fragt Holzkamp.
Er nickt.
»Damit war zu rechnen , oder?«
»Flittchen!« schnaubt Kuffel.
»Tu nicht so empört: Dir ist sie doch von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen.«
»Das stimmt nicht.«
»Ich erinnere mich an sehr eindeutige Äußerungen deinerseits.«
»Es hat sich herausgestellt , daß meine Sorge berechtigt war.«
»Welche Sorge hattest du denn – abgesehen von der Befürchtung , ein Weibsstück könnte den ersten Platz in Carls Herz einnehmen – und nicht du?«
»Daß sie Carl nur benutzt.«
»Ich fürchte , wir müssen offenlassen , wer wen in dieser Geschichte benutzt hat.«
»Könnt ihr aufhören , so über sie zu reden. Für mich ist sie immer noch …«
»Was?«
»Ich wäre mit ihr weg … Ich hätte alles hinter mir gelassen für sie.«
»Da sind wir aber doch sehr erleichtert , daß es dazu nicht gekommen ist.«
»Dann hätte mein Leben jetzt wenigstens einen Sinn.«
»Wenn ich dir einen Rat geben darf , Carl: Du solltest die Sinnfrage nicht an die Launen der Frauen koppeln , sonst kommst du aus den Krisen überhaupt nie wieder heraus.«
»Gibt es eigentlich einen vernünftigen Grund , weshalb sie mit dir gebrochen hat?«
»Ich bin zu jung.«
»Verstehe. Bernhard würde das zwar nicht zu den vernünftigen Gründen zählen , aber … – Wie groß war euer Altersunterschied?«
»Drei Jahre.«
»Also nicht größer als zwischen Bernhard und dir …«
Achselzucken.
»Wahrscheinlich hat sie einfach jemanden gesucht , für den das Sittengesetz kein Hindernis zur Befriedigung des Geschlechtstriebs darstellt« , sagt Kuffel. »Sie wollte sich austoben , wie das eben üblich ist , seit schon halbwüchsige Gören von ihren sexbesessenen Müttern zum Gynäkologen geschleppt werden , damit er ihnen die Pille verschreibt.«
»Ich kann mir kaum vorstellen , daß Carl sich entsprechenden Angeboten aus moralischen Gründen widersetzt hätte. Bloß weil er dir nicht zu Willen ist , heißt das ja nicht , daß er auf diesem Gebiet untätig bleiben will.«
Kuffel knurrt.
»Du wärst mit ihr ins Bett gesprungen , Carl , oder? Wenn sie dich gelassen hätte?«
»Sie liebt einen anderen.«
»Da hörst du’s.«
»Hättest du mit ihr geschlafen oder nicht?«
»Vielleicht. Ja.«
»Ihr hattet also noch nicht zusammen geschlafen.«
»Ich will nicht darüber reden. Es tut zu weh.«
»Das solltest du aber: Andernfalls verkapselt sich der Schmerz , und du wirst jahrelang blockiert sein. Stell dir das vor: keine Chance , eine Neue anzuwerben , nur weil du nicht über die Kränkung durch dieses Küchending hinweggekommen bist.«
»Laß ihn doch einfach in Ruhe.«
»Daß du kein Interesse daran hast , Carl bald wieder im Vollbesitz seiner männlichen Triebkraft zu sehen , ist schon klar. Aber es ist auch sehr egoistisch gedacht – das mußt du zugeben.«
»Gar nichts muß
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