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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
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Quinta-Exerzitien , hat der Präses dieselbe Frage gestellt. Dazu sollten sie ein Bild malen , das zeigte , wie sie sich ihre Zukunft vorstellten. › Missionar , ich möchte Missionar am Amazonas werden ‹ , hat Carl damals gesagt , und sein Herz brannte. › Mein größter Wunsch wäre es , den Indianern , die noch nichts von Jesus wissen , die Frohbotschaft zu verkünden. ‹ Daß er darauf hoffte , den Märtyrertod zu sterben , hat er nicht gesagt , denn es ist ein Zeichen gräßlicher Selbstüberhebung , dieses höchste Gnadengeschenk anzustreben wie eine Goldmedaille im Sport. Das Bild , das Carl gemalt hat – sich selbst , umringt von einer Gruppe Indianern , während er ihnen die Schrift erläutert – , wurde sowohl vom Präses als auch vom Kunstlehrer , Herrn Martin , sehr gelobt. Inzwischen ist Carl allerdings nicht mehr sicher , ob er tatsächlich Missionar werden kann. Eigentlich kann er nicht. Im Grunde. Alle Missionare sind Priester oder Ordensleute , aber er möchte sein Leben nicht ohne Frau verbringen. Er sagt jetzt trotzdem: »Vielleicht Missionar. In Südamerika.«
    »Das ist ein guter Vorsatz. Daran solltest du festhalten.«
    »Oder Ichthyologe. – Vielleicht läßt sich aber beides miteinander verbinden. Auf einer Missionsstation im Urwald kann man bestimmt auch die dortige Natur erforschen.«
    » Ichthys , der Fisch – das weißt du – , war das Geheimsymbol für den Herrn , das die frühen Christen während der Verfolgung benutzt haben , um sich heimlich zu verabreden.«
    »In den römischen Katakomben. Herr Präfekt Wiepers hat davon im Unterricht erzählt.«
    »Auf solche Zeichen solltest du achten , Carl. Unser Leben ist wie ein Buch , voller Hinweise , die uns die Richtung weisen. Leider sind die wenigsten in der Lage , es richtig zu lesen.«
    Er nickt.
    »Wenn du dich trotzdem der Biologie zuwenden willst , mußt du aufpassen , daß du nicht in die Fänge des Materialismus gerätst. Zwar bietet die Erforschung der Natur große Möglichkeiten , die Ehrfurcht vor Gott wachsen zu lassen , aber heutzutage haben sich viele Wissenschaftler Theorien verschrieben , die das Universum zu einer Maschine unter der Herrschaft des Zufalls machen , und dann feiern sie sich selbst als Entdecker , statt daß sie ihr Knie vor der Macht des Schöpfers beugen. Auf diese Weise erfindet sich der moderne Mensch neue Götzenbilder , die an Scheußlichkeit Moloch und Baal in nichts nachstehen.«
    »Ich versuche immer in der Natur die Zeichen Gottes zu erkennen. Deshalb interessiere ich mich auch für Tiere.«
    »Dennoch solltest du dein Herz gründlich prüfen , ob die Vorsehung dich nicht zum priesterlichen Dienst in der Nachfolge Christi berufen hat.«
    Carl denkt an das Mädchen in der Küche , dessen Namen er nicht kennt , an Regina , die Tochter des Dorforganisten zu Hause , der er seit Wochen einen Brief schreiben will , und an Imelda , die Tochter des Musiklehrers Gomez , die ihn konsequent übersieht.
    Als hätte er in Carls Innerstes geschaut , sagt der Präses: »Ich weiß das natürlich: Die Sexualität ist eine gewaltige Kraft. Eine Kraft , die immer und immer wieder herausbrechen will und die man beherrschen lernen muß. Dazu bedarf es unablässiger Willensanstrengung.«
    Es folgt eine Pause , die sich unendlich dehnt. Der Präses wartet , aber es gibt nichts , rein gar nichts , was Carl hier und jetzt zu diesem Thema sagen könnte.
    »Carl , sei bitte ehrlich zu mir. Ich muß das fragen: Habt ihr euch gegenseitig an den Geschlechtsteilen berührt , Bartholomäus und du?«
    Carl steht da mit offenem Mund , kann nicht einmal stammeln. Ein Gefühl , als hätte ihm jemand siedendes Wasser ins Gesicht geschüttet. Das Krächzen , das er hervorbringt , soll »Nein« heißen , klar und eindeutig , aber es klingt wie ein Eingeständnis.
    »Kannst du mir ruhig sagen , ist nicht schlimm.«
    Manchmal werden zwei zusammen im Bett erwischt. Das wissen binnen weniger Stunden alle.
    »Überhaupt nicht schlimm.«
    Außerdem gibt es Gerüchte , wer schwul ist. Bei einigen weiß man es sicher , manchen sieht man es sogar an. Der dicke Meier , der ihn manchmal ins Vertrauen zieht , um sein Gewissen zu entlasten , sagt , wenn er auspacken würde , mit wem er es schon gemacht hat , würde der halbe Laden hochgehen. Aber Meier ist ein Schwätzer. Carl weiß nicht , was er ihm glauben soll.
    »Habt ihr das schon öfter getan?«
    Carl schüttelt den Kopf.
    »Die Begierde wird in eurem Alter manchmal

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