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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Peters
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zustimmen , er weiß , welches Privileg es ist , ausgewählt worden zu sein unter dreihundert Anwärtern , aber seine Zunge gehorcht nicht.
    »Seit wann geht das schon so? Bartholomäus.«
    Bart hält den Kopf gesenkt: »Also … nicht lange …«
    »Carl: Seit wann veranstaltet ihr diese Nachtlager?«
    »Das war erst das …«
    »Lüg nicht! Ich sehe dir an , daß du mich belügen willst.«
    »Nein , sicher , wirklich nicht. Das war vielleicht das fünfte oder sechste Mal , daß wir …«
    »Stimmt das? Bartholomäus.«
    Bart nickt.
    »Kein Wunder , daß eure Leistungen nachgelassen haben. Du hast zwei blaue Briefe zum Halbjahr bekommen , Bartholomäus. Ich weiß , daß sie nicht nötig gewesen wären , wenn du dir Mühe gegeben hättest. Du bist ein begabter Junge , und ich will nicht , daß du ins Verderben läufst. Deine Haare sind auch schon lange nicht mehr geschnitten worden. Wie ein Gammler siehst du aus. Am nächsten Heimfahrtswochenende gehst du zum Frisör. Haben wir uns verstanden?«
    Carl schaut am Präses vorbei dem gegeißelten Herrn ins blutüberströmte Antlitz. Der Herr muß ihm helfen , wo er doch einem Seiner Priester gegenübersteht , nicht irgendeinem , einem , der ein heiligmäßiger Mann genannt wird und also über die Gabe verfügt , den Menschen ins Herz zu schauen , auch wenn der Mensch nur ein armseliger Tertianer ist. Doch der Herr hat Seinen Blick nach innen gekehrt , sich von ihm , dessen Sünden Er auf sich nimmt , abgewandt.
    »Du gehst jetzt noch einmal hinaus , Bartholomäus. Ich möchte mit Carl unter vier Augen sprechen. Warte im Vorzimmer , bis ich dich wieder hereinrufe.«
    Der Präses geleitet Bart zur Tür. Es sind nur fünf Schritte hin und fünf Schritte zurück , insgesamt zehn , während derer sich seine Stimmung vollständig wandelt , als wäre der Zorn nur Maskerade gewesen.
    »Carl , jetzt zu uns: Ich weiß , daß du im Grunde deines Herzens ein anständiger und zuverlässiger Junge bist.«
    Carl atmet auf.
    »Du stammst aus einer guten Familie. Das ist keineswegs selbstverständlich heutzutage. Viele Kinder müssen unter schwierigen Bedingungen aufwachsen. Zum Beispiel dein Freund Bart: Scheidungen. Wilde Ehe. Kommunen , Kinderläden , wo alle nackt herumlaufen. Widerwärtige Verhältnisse.«
    Auch wenn der Präses ihn weiterhin stehen läßt , hat ein anderes Gespräch begonnen.
    »Das Alter , in dem ihr jetzt seid , Carl , die Pubertät , ist eine entsetzliche Zeit. Ganz entsetzlich. Sie bedeutet eine große Umstellung und bringt furchtbare Gefahren mit sich. Viele Jungen sind am Ende dieser Phase schon völlig verdorben. Sie treten als seelische Krüppel ins Erwachsenenleben ein , innerlich kaputt und ohne sittliches Fundament. Das gilt auch für einige , die das Gregorianum als Abiturienten verlassen. Stimmst du mir zu?«
    Carl legt die Stirn in Falten und seufzt.
    »Viele deiner Kameraden schlagen die Möglichkeiten , die ihnen hier geboten werden , leichtfertig in den Wind. Sie entscheiden sich für den breiten und bequemen Weg , der in den Abgrund führt , dorthin , wo die Seelen im Feuer brennen.«
    Carl will hier und nirgends anders sein , weil er doch Gott liebt und Seinen eingeborenen Sohn , den Herrn Jesus Christus , er will ein guter Mensch werden , der gemäß der Botschaft des Evangeliums lebt , aber all das hat nichts zu tun mit der Frage , wie lange einer nachts aufbleibt und mit seinem besten Freund redet.
    »Du bist schon zweimal mit zum Bergsteigen in der Schweiz gewesen , Carl. Du hast den Unterschied zwischen Aufstieg und Abstieg am eigenen Leib erfahren. Statt am Strand herumzulungern und den Mädchen schöne Augen zu machen , hast du in deinen Ferien den steinigen Pfad gewählt , der hinauf ins Licht führt – aus freien Stücken. Niemand hat dich gezwungen. Oder?«
    Carl schüttelt den Kopf.
    »Es ist eine großartige Sache , wenn man die eigene Schwachheit überwunden hat – schmerzende Beine , Blasen an den Füßen , Müdigkeit , Kälte , Erschöpfung – und auf dem Gipfel steht. Das mußt du dir immer wieder vor Augen führen. Und den Herrn um Beistand in der Stunde der Versuchung bitten.«
    Carl nickt.
    »Der Teufel ist ein Meister in List und Tücke.«
    Carl senkt den Blick. Er versagt oft. Tag für Tag. Er ist lüstern , undankbar , hochmütig , boshaft.
    »Hast du dir schon Gedanken gemacht , welchen beruflichen Weg du einmal einschlagen möchtest?«
    Carl spürt , wie er rot wird. Vor zweieinhalb Jahren , während der

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