Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
Vom Netzwerk:
einen Entzug zu machen.« Wir trafen Axel und Bernd tatsächlich gleich. Sie hatten reichlich Dope dabei. Es war für sie ein guter Tag auf dem Strich gewesen. Detlef erzählte von unserem Entzug. Die beiden fanden das ganz großartig, was wir gemacht hatten. Axel und Bernd sagten dann, sie gingen jetzt in ihre Wohnung, um sich einen Druck zu machen.
    Detlef sah mich an, ich ihn. Wir sahen uns im selben Augenblick ins Gesicht und fingen an zu grinsen. Ich dachte noch: »Das wäre ja Wahnsinn, am ersten Tag.« Detlef sagte dann: »Weißt du, so ab und zu einen Druck könnten wir uns schon genehmigen. Es ist ja schon geil, auf H zu sein, solange man nicht abhängig ist. Wir müssen nur wahnsinnig aufpassen, dass wir nicht wieder draufkommen. Das Gleiche noch einmal durchmachen, so einen Entzug, das ist bei mir nicht drin.«
    Ich sagte: »Na klar, ab und zu ein Druck, das ist ganz cool. Wir wissen ja jetzt genau, dass wir nicht wieder körperlich draufkommen dürfen.« Die Vernunft, das Nachdenken war bei mir total abgeschaltet. Ich war nur noch schussgeil.
    Detlef sagte zu Axel: »Kannst du uns was abgeben. Kriegst es mit Sicherheit bei Gelegenheit wieder.« Axel und Bernd meinten noch, wir sollten uns das gut überlegen. Dann sagten sie, sie wollten das gleich nächste Woche genauso machen wie wir. Sie müssten sich nur erst Valeron besorgen. Sie fänden das unheimlich geil, wieder arbeiten zu gehen und sich gelegentlich einen Druck zu machen.
    Zwei Stunden nachdem wir die Wohnung meiner Mutter verlassen hatten, waren Detlef und ich wieder auf H und total happy. Wir bummelten Arm in Arm über den Kurfürstendamm. Es war echt ein wahnsinniges Feeling, auf H zu sein und keine Eile zu haben, einfach zu bummeln. Wir brauchten uns keine Sorgen um das Dope für den nächsten Morgen machen. Detlef sagte ganz fröhlich: »Ja, und morgen früh ein paar Kniebeugen und der Tag fängt ganz geil an ohne H.«
    Wir glaubten das alles ganz ernsthaft. Unsere Illusionen hatten ja schon damit angefangen, dass wir dachten, diese Woche bei meiner Mutter mit Schmerzen und Kotzen sei ein echter Entzug gewesen. Sicherlich, aus dem Körper hatten wir das Gift raus, jedenfalls das Heroin. Aber dafür hatten wir uns ja reichlich mit Valeron, Valium und so weiter vollgestopft. Und wir hatten keinen Gedanken darauf verschwendet, was eigentlich nach dem körperlichen Entzug sein sollte. Meine Mutter war genauso naiv. Die hatte ernsthafte Hoffnungen, dass mit uns alles überstanden sei. Wie hätte sie es auch besser wissen sollen?
    Wir hätten eigentlich den Durchblick haben müssen, denn wir wussten ja von allerlei Erfahrungen anderer mit ähnlichen Entzugsversuchen. Aber wir wollten eben nicht wissen, was wirklich mit uns los war. Wir waren ja irgendwo auch noch wahnsinnig naive Kinder. Da änderte auch all die eigene Erfahrung nichts.
    Fast vier Wochen schafften wir es tatsächlich beinah, was wir uns vorgenommen hatten. Keiner von uns ging anschaffen. Wir setzten uns nur einen Schuss, wenn uns jemand einen ausgab oder wenn wir irgendwie an Geld herangekommen waren. Nur waren wir immer mehr dahinterher, dass wir jemanden fanden, der uns Dope ausgab, oder dass wir irgendwie Geld ergeierten. Natürlich gestanden wir uns das nie ein.
    Diese Wochen waren eine wahnsinnig geile Zeit. Ich brauchte noch nicht zur Schule zu gehen, weil meine Mutter mir die erste Zeit ohne Heroin besonders schön machen wollte. Und Detlef durfte weiter bei mir wohnen. Ich lernte Detlef von einer ganz neuen Seite kennen und liebte ihn noch mehr, wenn das überhaupt noch möglich war. Er war unbeschwert und fröhlich und voller Ideen. Wir waren zwei immer lustige Teenager oder taten doch so.
    Wir fuhren in den Grunewald und machten lange Spaziergänge. Wir nahmen manchmal meine beiden Katzen mit und ließen sie auf Bäume klettern. Fast jede Nacht schliefen wir miteinander. Alles war wahnsinnig cool. Manchmal waren wir ein paar Tage hintereinander clean, manchmal auch drei Tage durchgehend auf H. Wenn wir Dope bekommen hatten, hauten wir so schnell wie möglich von der dreckigen H-Szene wieder ab. Wir gingen am liebsten auf den Kurfürstendamm und mischten uns unter all die Spießer. Irgendwo wollten wir ja sein wie die, nur ein bisschen anders. Jedenfalls wollten wir uns und allen zeigen, dass wir keine alten Fixer waren, auch wenn wir gedrückt hatten.
    Wir gingen total auf H in so Teenie-, Bopper-und Spießer-Discos wie Flashpoint und Big Eden. Da haben wir dann

Weitere Kostenlose Bücher