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Wir kommen von der Presse

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Titel: Wir kommen von der Presse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Gronemann
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über den Organisten Achim Busch und sein Konzert in der Marienkirche am Wochenende zu lesen. Auch das Foto, das der Küster geknipst hatte, war abgedruckt. Darunter stand: »Der begabte junge Organist Achim Busch wurde gestern bei einer Probe von zwei äußerst fragelustigen ‚Jungreportern’ aufgespürt. Unser Bild zeigt, wie er gerade ein kleines Extrakonzert mit eigens für die Kinder interpretierten Volksliedern gibt.«
    Als Klaus seinem Bruder Olaf diesen Zeitungsartikel so nebenbei unter die Nase hielt, verschlug es ihm vorübergehend die Sprache.
    »Da bleibt dir die Spucke weg, was?« fragte Klaus triumphierend.
    »Kleiner, wie hast du das bloß geschafft?« Olaf staunte. »Du bist für deine dreizehn Jahre schon ganz schön auf Zack. Allerdings hast du ja auch ein gutes Vorbild.«
    »Ein Vorbild? Wer soll das denn sein?« wollte Klaus wissen.
    »Na, ich natürlich, dein großer Bruder.«
    Auch Utes Eltern waren überrascht, als sie morgens beim Frühstück das Foto in der Zeitung sahen.
    »Ich hatte geglaubt«, sagte der Vater etwas vorwurfsvoll, »du hättest nach unserem Gespräch neulich dieses unsinnige Reporterspiel aufgegeben. Und nun stehst du sogar in der Tageszeitung!«
    Ute aber machte sich nichts aus dem Vorwurf. »Unsinnig, sagst du? Dabei hab’ ich dir unlängst tolle Pfifferlinge mitgebracht. Die Pilze hätt’ ich nie gefunden, wenn ich nicht als Reporterin durch den Wald gewandert wäre.«
    In diesem Fall mußte ihr der Vater recht geben. Die Pilze hätten vorzüglich geschmeckt. Ansonsten aber blieb er dabei, daß diese Spielerei im Grunde eigentlich nichts einbrächte.
    »Immerhin solltest du bedenken«, sagte die Mutter vorsichtig zu ihm, »daß Ute durch diese ,Spielerei’ einen begabten Organisten kennengelernt hat, der vielleicht einmal sehr berühmt wird.«
    »Wieso redet ihr immer von einer Spielerei?« entrüstete sich Ute. »Für Klaus und mich ist das Ernst! Wir tun das nämlich alles nur, um damit der Kolonie ,Felizitas’ zu helfen.« Und sie erzählte einiges von ihren Unternehmungen in den letzten Tagen.
    Der Vater mußte in die Werkstatt und versäumte leider den größten Teil von Utes Bericht. Die Mutter dagegen hörte sich alles sehr aufmerksam an. Sie ging sogar am Wochenende mit ihrer Tochter in die Marienkirche zu dem Orgelkonzert. Als Ute sich kurz vor Beginn noch einmal in dem weiten Kirchenschiff umschaute und sah, daß alle Bänke dicht besetzt waren, flüsterte sie der Mutter rasch ins Ohr: »Schau mal, wie voll es hier ist! Und dafür haben zum großen Teil wir gesorgt, Klaus und ich!« Die Mutter lächelte sie an, als ob sie ihr nicht ganz glauben wollte. Aber ein wenig stolz war sie doch auf ihre Tochter.
     
    Ute und Klaus dachten in diesen Wochen wirklich nur noch an die Kolonie »Felizitas«. Bei einem ihrer Rundgänge durch die alte Arbeitersiedlung hatten sie erfahren, daß inzwischen ein Festausschuß bestand, der das große Koloniefest vorbereiten sollte. Und Oskar Neubert, der Pförtner von der Maschinenfabrik »Phönix«, war eine wichtige Persönlichkeit in diesem Ausschuß. Sofort waren sie zur »Allgemeinen Tageszeitung« gelaufen, um Herrn Dorsch die Adresse von Herrn Neubert zu geben. »,Felizitas’ Nummer 9 wohnt er«, hatte Klaus dem Redakteur berichtet. »Den müssen Sie fragen, der kann Ihnen noch viel mehr erzählen als wir.«
    »Geht in Ordnung«, hatte Herr Dorsch erwidert. »Durch eure Hilfe war es mir möglich, den Artikel über Achim Busch zu schreiben. Und deshalb werde ich mir sobald wie möglich die ,Felizitas’ vornehmen. Eine Hand wäscht die andere.«
    Noch in der gleichen Woche konnte man in der Zeitung auf der Seite »Stadtnachrichten« folgende fettgedruckte Überschrift lesen: »Hundertjährige ,Felizitas’ will weiterleben!« Und in etwas kleinerer Schrift stand darunter: »Mit einem Fest wollen Bewohner der Kolonie gegen geplanten Abbruch protestieren.«
    Die Schlagzeilen waren so auffällig, daß sie wohl kaum ein Leser übersehen konnte. Trotzdem sollten in den nächsten Wochen noch weitere Berichte erscheinen, versprach Herr Dorsch, damit die Bürger der Stadt immer wieder an die »Felizitas« erinnert würden.
    »Ihr könntet mir dabei eigentlich ein wenig zur Hand gehen«, forderte der Redakteur Ute und Klaus auf.
    Von da an ließen die zwei Reporter die Kolonie nicht mehr aus den Augen. Und wenn ihnen etwas bemerkenswert erschien, berichteten sie es Herrn Dorsch.
    So konnte die »Allgemeine Tageszeitung« schon

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