Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
Ein irritierendes Paradox des Middle-Age ist, dass die negativen Aspekte der Körperbehaarung von männlichen Sexualhormonen gesteuert werden, und das, obwohl in dieser Phase die Hormonausschüttung zurückgeht und – wie wir noch sehen werden – viele Männer sich fragen, ob das der Grund für den Rückgang ihrer Libido ist. Mittel-alterliches Haar ist eine ziemlich widersprüchliche Angelegenheit.
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Auch wenn es interessant sein mag, inwiefern die Evolution sich nicht mehr um das Aussehen der Menschen kümmert, sobald sie das fünfte und sechste Lebensjahrzehnt erreicht haben, ist doch jeder einzelne von uns vor allem damit beschäftigt, wie sie sich auf unser Befinden auswirkt und darauf, wie andere Menschen auf uns reagieren.
Es herrscht kein Zweifel daran, dass der Mensch darauf programmiert ist, andere Menschen nach Alter und Schönheit einzuschätzen, und dass uns etliche der beschriebenen Merkmale als Anhaltspunkte dienen. So zeigen Untersuchungen des visuellen Verhaltens, dass ein Gesicht mit einer jugendlich-homogenen Färbung unseren Blick eher auf sich lenkt und unsere visuelle »Verweildauer« auf einem solchen Gesicht länger ist. Schriftliche Tests haben zudem ergeben, dass gleichmäßige Hautbeschaffenheit als Zeichen für Jugend und Attraktivität gilt, wohingegen Falten, graue Haare und verkleinerte Lippen für uns unwillkürlich Anzeichen fortgeschrittenen Alters sind. Unterbewusst gehen wir sogar noch weiter und schließen von Pigmentierung und Beschaffenheit der Haut auf Gesundheitszustand und Alter unseres Gegenübers.Bei Versuchen mit eineiigen Zwillingen wurde festgestellt, dass diejenigen, die rauchten oder öfter in der Sonne waren, unattraktiver wirkten. Andere Tests mit Zwillingen haben gezeigt, dass eine Zunahme von Körperfett bei Menschen unter vierzig dafür sorgt, dass sie von Betrachtern älter eingeschätzt werden, dass aber andererseits mehr Körperfett Leute über vierzig jünger wirken lässt. Die Beurteilung der Haut ist erstaunlich zutreffend.
Bei den meisten dieser Studien wurde das Aussehen von Frauen untersucht – man hat also Männer und Frauen gebeten, sich die mehr oder weniger jungen Gesichter von Frauen anzusehen. Ich denke mal, das hat keine sexistischen Hintergründe, sondern liegt einfach daran, dass für Frauen Hautalterung und Haare ein viel größeres Thema sind. Niemand freut sich, wenn Haut und Haare altern, aber Frauen geraten im Gegensatz zu Männern richtiggehend unter Druck. Es gibt viele Leute, die eine »unfaire« Asymmetrie in Sachen Attraktivität feststellen, die beim Älterwerden sogar noch zunimmt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Gesichtsfalten und graues Haar bei Männern bei Weitem nicht so negativ eingeschätzt werden wie bei Frauen, und zwar von beiden Geschlechtern. Männer haben da in gewisser Weise Glück, denn ihre viel beweglichere Gesichtsmuskulatur führt im Middle-Age zu schnellerer Faltenbildung. Die Diskrepanz, mit der wir das Älterwerden beider Geschlechter bewerten, kann aber nicht nur daher rühren, dass wir Männern ein bisschen mehr Schrumpeligkeit zugestehen als Frauen.
Tatsächlich ist es so, dass unsere Beurteilung von Attraktivität stark davon abhängt, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Wir werden auf diese extreme Ungleichheit beim Alterungsprozess des Menschen später noch zurückkommen, deshalb begnüge ich mich hier mit der Vermutung, dass sie auch der Grund dafür ist, dass wir bei der Betrachtung von Männern und Frauen mittleren Alters unfair sind. In unserer modernen, politischkorrekten und wissenschaftsorientierten Welt vergisst man leicht, dass es bei einigen Dingen im Leben unfair zugeht, und dazu gehören nun mal Alter und Schönheit. Manche Middle-Ager sehen jung aus und manche schön. Manche sehen jung und schön aus, manche hingegen weder jung noch schön. Und das müssen wir einfach akzeptieren. Ein gewisser Trost ist, dass in den hochentwickelten Ländern Menschen mittleren Alters jünger aussehen als früher – Haarfärbemittel, gute Ernährung, der Verzicht aufs Rauchen und die Arbeit in geschlossenen Räumen haben wahre Wunder für uns bewirkt.
So wenig wir es auch zugeben wollen, ist unser Anspringen auf eine äußere Attraktivität in unserem Gehirn fest verankert. Was passiert aber, wenn Lebenspartner älter werden? Was ist es, das Paare zusammenhält? Entwickelt jeder der beiden mit Erreichen des Middle-Age in dem Maß eine Vorliebe für ältere Männer oder Frauen,
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