Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
spüren war.) Nach Abschalten des Wechselfeldes nehmen die Protonen wieder ihren Urzustand an und geben dabei ein eigenes Signal ab, welches von der Maschine aufgezeichnet und in eine dreidimensional gepixelte Abbildung vom Inneren des Kopfes umgewandelt wird. Klingt total abgefahren, funktioniert aber.
Die MRT ermöglicht uns, sowohl die Struktur als auch die Aktivitäten eines gesunden menschlichen Gehirns zu untersuchen, wodurch man klarerweise prima verfolgen kann, wie sich das Gehirn im Lauf des Lebens verändert. Leider gibt es die MRT noch nicht so lange, als dass man einzelne Menschen zwischen ihrem dreißigsten und siebzigsten Lebensjahr regelmäßig hätte scannen können. Unsere Analysen beruhen also auf dem Vergleich vieler verschiedener Leute in den verschiedenen Altersstufen. Diese Methode ist nicht so elegant wie die, einzelne Individuen ihr Leben lang zu begleiten, aber wir müssen einfach ein paar Jahrzehnte zuwarten, um die entsprechenden Daten beisammen zu haben.
Unabhängig davon ist bereits jetzt deutlich, dass im mittelalterlichen Gehirn gewaltige strukturelle Veränderungen stattfinden. Betrachten wir zunächst die graue Substanz: Ein dicht gefügtes Durcheinander aus Nervenzellen und kurzen Verbindungssträngen, von denen sich der Großteil in der gewellten / gefalteten Außenschicht (Rinde / Cortex) der beiden großen Hirnhälften befindet. So wie es aussieht, nimmt das Volumen der grauen Substanz zwischen zwanzig und achtzig immer mehr ab,und zwar um nicht weniger als ein Viertel. Das mag sich nach viel anhören, doch sollte man dieses Ergebnis vorsichtig interpretieren. Zunächst einmal schrumpft das Gehirn während des Middle-Age weder schneller noch langsamer als sonst – es handelt sich dabei also um etwas, das nicht Middle-Age-spezifisch ist, sondern mit dem Erwachsenendasein an sich zusammenhängt. Des Weiteren ist der Verlust von 25% nicht so spektakulär, wie sich das zunächst anhören mag, zumal eine kleinere graue Substanz nicht an und für sich schlecht sein muss. So nimmt die graue Substanz beispielsweise in der Adoleszenz ziemlich jäh ab, sobald das Gehirn gelernt hat, die meisten kognitiven Aufgaben zu bewerkstelligen. Die Schrumpfung im Erwachsenenalter ist dann vielleicht nur ein verspäteter Abschluss dieses Prozesses. Tatsächlich ist es so, dass die graue Substanz ihr Volumen immer wieder verringert, wenn unnötige oder unbenutzte Verbindungen zwischen Nervenzellen erfolgreich ausgemustert werden.
Ähnlich wie bei anderen mittel-alterlichen Veränderungen sieht es auch bei der Verkleinerung der grauen Substanz so aus, als handle es sich dabei nicht um einen mehr oder weniger zufälligen Verfall, sondern vielmehr um einen geordneten Prozess. So findet der Rückgang zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an ganz verschiedenen Stellen statt, aber Ablauf und Verteilung folgen bei unterschiedlichen Individuen doch weitgehend demselben Muster. Untersuchungen haben außerdem ergeben, dass wir im präfrontalen Cortex auf der Stirnseite des Gehirns, wo die höheren, die »kontrollierenden« Aufgaben gesteuert werden – Planung, Abstraktion, intellektuelle Leistungen –, graue Substanz relativ früh verlieren.
Möglicherweise im Zusammenhang mit diesen strukturellen Änderungen ändert sich auch die Gehirnfunktion, wie man jetzt feststellen konnte. Man benutzt dazu neuartige Imaging-Techniken, mit denen man die Aktivitäten diverser Hirnregionen aufzeichnenkann. Meist prüft man bei Testpersonen nur eine unserer vielen kognitiven Aufgaben – sich an etwas zu erinnern, etwas wiederzuerkennen, zu benennen, auszuwählen etc. –, um so die kleinen Denkbausteine erkennen zu können, die in der Summe Empfindungsvermögen und Intelligenz des Menschen ausmachen. Es dürfte auf der Hand liegen, dass spezielle Aufgaben mit jeweils speziellen Regionen der Hirnrinde korrespondieren. Ganz neu ist aber die Erkenntnis, dass diese Regionen sich mit zunehmendem Alter verändern . Im präfrontalen Cortex bleiben die weiter hinten liegenden Bereiche zwar relativ stabil (der dorsolaterale präfrontale Cortex), doch diejenigen weiter vorne (der orbitofrontale Cortex) verzeichnen früher eine Volumenabnahme und erleben häufiger die Proteinablagerungen, die mit der Alzheimerschen Krankheit einhergehend. Manche der Untersuchungen zeigen, dass die Fähigkeit, Intelligenztests zu bestehen, bei denen der orbifrontale Cortex benötigt wird, früher nachlässt als die Fähigkeit für
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