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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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ist wegen des großen Babykopfs für die Frau die Geburt sehr riskant, zum anderen erfordert die Aufzucht der Kinder sehr viel Zeit und sehr viel Nahrung. Beide Probleme gibt es nur beim Menschen. Darüberhinaus vermutet man, dass sich die Menopause entwickelt hat, weil ab einem gewissen Zeitpunkt für Frauen das Risiko, bei der Geburt zu sterben und bereits existierende Kinder hungrig zurückzulassen, so groß wurde, dass ein Verzicht auf die Möglichkeit, weitere Nachkommen zu erzeugen, geringer wog. Besser, man lebt und kann ein paar wenige heranwachsende Kinder versorgen, als man stirbt und ist nicht mehr imstande, viele hungrige Mäuler zu stopfen. Diese Theorie scheint mir schlüssig, und sie ist auch recht gut belegt. Zahlen aus dem vorindustriellen Amerika und aus heutigen Entwicklungsländern belegen, dass mit jedem gezeugten Kind die Lebensdauer der Eltern abnimmt, wobei Mütter (mit einer Menopause) schlimmer dran sind als Väter (ohne eine solche). Es sieht so aus, als laste auf Frauen ein ungemeiner Druck, die Reproduktion einzustellen, um die bereits geborenen Kinder großziehen zu können. Und vielleicht muss das Middle-Age als der Zeitraum angesehen werden, in dem dieser Druck letztendlich zu groß wird.
    Es gibt noch zwei zusätzliche Minitheorien, die diese Mutter-Hypothese unterstreichen. Da mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit größer wird, dass die Mutter bei der Geburt stirbt oder die Nachkommen mit Missbildungen, wenn nicht gar tot zurWelt kommen, hat im Zuge dessen eine Vergrößerung der Nachkommenschaft immer weniger Vorteile. Die Menopause kommt also wie gerufen, um eine bessere Fürsorge für bereits existierende Kinder zu gewährleisten. Die zweite Minitheorie betrifft die Männer. Beim Menschen übernimmt der Vater bei der Versorgung und Pflege der Familie eine tragende Rolle, doch sind Väter bei weitem nicht so verlässlich wie Mütter. Sie sterben früher und haben mehr Unfälle als Frauen, zudem ist es auch nicht ungewöhnlich, dass sie ihre Partnerin zugunsten einer Jüngeren verlassen. Je mehr eine Frau sich dem Middle-Age nähert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass der Vater ihrer Kinder noch bei ihr ist. Das steigert ihre Bedeutung für die Versorgung der Kinder und macht ihr Überleben noch notwendiger.
    Die bekannteste Erklärung für die Evolution einer Menopause beim Menschen ist indessen die »Großmutter-Hypothese«. Nach dieser Theorie hat die natürliche Selektion nicht nur die Frauen bevorzugt, die die Fortpflanzung einstellten und am Leben blieben, um den Nachwuchs bis zur Selbständigkeit zu begleiten, sondern darüber hinaus auch diejenigen, die noch älter wurden – und ihre Töchter bei der Aufzucht der Enkelkinder unterstützen konnten. Ein Menschenkind ist so anspruchsvoll, dass die beiden Eltern die Versorgung normalerweise nicht alleine gewährleisten können – und Hilfe von außen in Anspruch nehmen müssen. Vor allem während der Stillzeit ist Frauen die Nahrungsbeschaffung so gut wie unmöglich, denn sie haben jede Menge anderer Dinge zu tun. Großmütter jenseits der Menopause haben hingegen die lästige Stillerei längst hinter sich und können frei umherstreifen. Bei der Nahrungssuche sind sie als Middle-Ager auch viel effizienter als früher, genau wie die Männer. Es gibt eine Variation der Großmutter-Hypothese, die den Großmüttern eine Bedeutung auch für die direkte Pflege der Enkel zuschreibt, doch das ist letzten Endes egal – allein die Nahrungsbeschaffung für die hungrigenKindermäuler ist so wichtig, dass diese Theorie einleuchtet. Es scheint fast, als würden die Großmütter eine Art nicht-reproduktive Kaste von Nahrungsbeschaffern bilden, deren Aufgabe es ist, die Bedürfnisse einer reproduktiven Minderheit zu befriedigen. Großmütter wären demnach vergleichbar mit den Arbeiterinnen in einem Bienenstock.
    Es gibt demografische Untersuchungen, die belegen, dass die Anwesenheit einer Großmutter die Überlebenschancen der Enkel tatsächlich erhöht. Und auch wenn Computersimulationen vermuten lassen, dass die Großmutter-Hypothese alleine die Evolution der Menopause nicht ausreichend erklärt, dürfte sie in Kombination mit der Mutter-Hypothese doch zutreffen. Andere Untersuchungen haben sich genauer mit der Rolle der Großmütter beschäftigt und herausgefunden, dass nur die Großmütter mütterlicherseits positiven Einfluss nehmen  – also die Art von Leistung erbringen, die der Entwicklung der Enkel auf lange Sicht

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