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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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Kopper ( EX vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank), Matthias Wiss mann (Vorstandvorsitzender des Verbands der Automo bilindustrie), Alexander Dibelius (Geschäftsleiter der während der Finanzkrise scharf kritisierten Investmentbank Goldman Sachs) und Kai Diekmann (Chefredakteur der Bild ). Doch die FAZ nannte die Atlantikbrücke einen der »in Deutschland seltenen Versuche, von privater Seite in den politischen Raum hineinzuwirken, sympathiebildend, kontaktvermittelnd, katalysatorisch«. 238 Dass auch Vertreter der Grünen in diesen exklusiven Klub aufgenommen wurden, ist bezeichnend für die Entwicklung der ehemaligen Antipartei.
    Wirtschaftsverbände, unernehmensnahe Stiftungen, Finanz elite, neoliberale Ökonomen, Medien machten Druck. Und die rot-grüne Regierung war in Erklärungsnot, weil sie ihr Versprechen, die Arbeitslosenzahlen zu senken, nicht einlösen konnte. Unter dem Motto »Mehr Wachstum und Beschäftigung« verkündete Rot-Grün die Agenda 2010 – eine Reform auf Grundlage des wirtschaftspolitischen Forderungs katalogs für die ersten hundert Tage der Regierung der Bertels mann Stiftung – der mächtigsten und wortgewaltigsten Stiftung des Landes. Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau der Sozialhilfe, verkürzte Bezugsdauer des Arbeitslosengelds, Aufweichung des Kündigungsschutzes, Senkung der betrieblichen Lohnnebenkosten, Zumutbarkeitsklau seln für Arbeitslose und die Verschärfung repressiven Zwangs: Damit hätte Rot-Grün einen »langen Weihnachts wunschzettel des Kapitals« erfüllt, schreibt Jutta Ditfurth in ihrer Abrechnung Krieg. Atom. Armut – Was sie reden, was sie tun: Die Grünen . 239
    Das Buch beleuchtet aufschlussreich den Weg der Grünen von der linken Anti-Partei hin zu einer Art FDP mit grünem Anstrich. Es zeigt: Ohne Orientierung am politischen Mainstream, ohne Aneignung konservativer Ideen, ohne den Schulterschluss mit der Wirtschaftsmacht wäre den Grünen der Weg aus der Opposition an die Macht niemals gelungen.
    In den achtziger Jahren standen die Grünen noch für soziale Gleich heit und waren gegen Atomkraft, Krieg und Kapitalismus. Das änderte sich in den neunziger Jahren: als die Grünen die Trennung zwischen Fundis und Realos aufhoben, also die Trennung zwischen Linken und Pragmatikern, formulierten sie einen neuen Wunschwähler: den »konsumfreudigen Citoyen 2000«. 240 Entsprechend warfen die Grünen im Lauf ihrer Regierungsbeteiligung sämtliche konstituierenden Überzeugungen über Bord: Ende der neunziger Jahre stimmte die Anti-Kriegspartei für den völkerrechtlich nicht legitimierten Angriffskrieg im Kosovo, mit dem Atomkonsens, der als Atomausstieg verkauft wurde, schuf sie die Grundlage für den Ausstieg aus dem Atomausstieg der schwarz-gelben Regierung. 241 Die Agenda 2010 verabschie dete sie innerhalb der Partei mit 90 Prozent der Stimmen.
    Da scheint es doch recht erstaunlich, dass die Grünen im mer noch so großes Vertrauen genießen. Tatsächlich hat ihnen le diglich die Basis der Öko-Partei ihren Sinneswandel wirklich übelgenommen.
    Doch der bürgerliche Mainstream empfindet den Verrat sämtlicher Prinzipien – die »Sachzwang«-Politik – als vernünftig. Es ist das, was ihnen anerkennend als »Regierungsfähigkeit« attestiert wird. Die Grünen haben bis heute von der Agenda 2010 nur profitiert.
    Die Grünen sind die Wohlfühlpartei, auf die sich alle einigen können, denn sie sind wirtschaftsfreundlich, mittelschichtsorientiert, technikbegeistert, öko. Sie gelten als glaubwürdig, weil sie es geschafft haben, den Mythos ihrer Vergan genheit als Anti-Partei zu konservieren. Damit halten sie noch einen Teil der Stammwähler, die nach wie vor glauben, die Grünen stünden für einen Politikwechsel und mit »den anderen« wäre alles noch viel schlimmer gekommen. Und sie haben Wähler anderer Lager dazugewonnen: Wähler aus der gehobenen Mittelschicht. »Die Grünen verbinden denjenigen, der Porsche Cayenne fährt, mit demjenigen, der den Porsche Cayenne in Kreuzberg anzündet. Die kriegen sie beide unter ein grünes Dach«, beschreibt Bundestagsabgeordneter Martin Lindner ( FDP ) nicht ohne Neid diesen Spagat. Sie schaffen es, »ein Lebensgefühl zu verkaufen«.
    Wie die Politik die Reichen bevorteilt
    Natürlich hat es für die Gesellschaft schwere Folgen, wenn nun auch die politische Landschaft von Menschen beherrscht wird, die in bürgerlichen oder großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen sind. Sie tragen

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