Wir müssen leider draußen bleiben
1,5 Millionen Euro ein.
Dabei arbeitet er unter Bedingungen, die ihm die ordentliche Ausführung seines Berufs nahezu unmöglich machen. Nicht nur fehlt es an Personal und Bearbeitungszeit – sondern auch an Ausstattung: In vielen Finanzämtern teilen sich 500 Angestellte den einzigen Computer mit Internetzugang. Wirtschaftsmagazine, die von Gewinnen der Konzerne berichten, müssen sie sich selber kaufen. Eine Finanzbeamtin erzählte den Autoren von sogenannten »Durchwinkwochen«, in denen Einkommenssteuererklärungen von Selbstständigen eins zu eins übernommen wür den, um den Bearbeitungsrückstand aufzuholen. Ausgerechnet die Bundesländer, in denen die meisten Reichen leben, haben in den letzten Jahren Stellen in den Finanzämtern abgebaut. So würden auch maximal 200 000 von 3,7 Millionen Unternehmen im Jahr geprüft.
Die ständige Forderung nach weniger Bürokratie und Staatsausgaben der Wirtschaftsmächtigen bedeutet in diesem Fall bares Geld für sie. Verbrechen erwünscht: Die Politik hofft, mit der bekanntermaßen laxen Verfolgung von Steuersündern Unternehmen anzulocken und zu halten. Dadurch, meint die Gewerkschaft Ver.di, gingen dem Bund jedes Jahr 12 Milliarden Euro verloren. Ingesamt schätzen Adamek und Otto den Verlust auf 70 Milliarden Euro pro Jahr. Allein 30 Milliarden Euro Jahr für Jahr durch Steuerhinterziehung. Bis heute, so Adamek und Otto, haben die Steuerbetrüger die unfassbar hohe Summe von 500 Milliarden Euro ins Ausland geschafft. Der Diebstahl an der Allgemeinheit ist eine Straftat – doch anstatt Steuerhinterzieher ins Gefängnis zu stecken, gewährt ihnen die Politik immer wieder großzügig Amnestie. 2004 belohnte Gerhard Schröder Steuerhinterzieher mit dem halben Steuersatz, wenn sie nur ihr Schwarzgeld wieder nach Deutschland schafften. Er hoffte auf Einnahmen von 100 Milliarden Euro. Tatsächlich brachte das dem Staat gerade einmal eine Milliarde ein. Doch anstatt Gesetze und Kontrollen zu verschärfen, die Finanzämter besser auszustatten und für die Trockenlegung von Steueroasen und die Aufhebung des Bankgeheimnisses zu kämpfen, gibt die Regierung öffentlichkeitswirksam Millionen für CD s mit den Daten von Steuersündern aus – und erlässt diesen bei Selbstanzeige auch noch die Strafe. Das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in die Wege geleitete Steuerabkommen mit der Schweiz, das eine Abschlagszahlung von 20 bis 30 Prozent auf Schwarzgeld vorsieht, ist deshalb nichts als eine Legalisierung von Steuerbetrug. Dabei kommt die Regierung wegen der Verjährungsregel nur noch an Geld heran, das in den vergangenen zehn Jahren in die Schweiz geschafft wurde. Gerade einmal zehn Milliarden Euro sollen da mit an die Staatskasse fallen. 252 Lediglich 2 Prozent des Schwarz gelds, das geschätzt im Ausland liegt. Attac nennt das Abkommen »Beihilfe zur Steuerflucht und Geldwäsche«. 253 Das vor dem Rest der Bevölkerung zu rechtfertigen, ist erschütternd einfach: Denn 60 Prozent der Deutschen halten Steuerbetrug laut Umfragen für ein Kavaliersdelikt.
»The Giving Pledge«: Philantropisierung des Reichtums
War das ein großes Hallo, als im Sommer 2010 die superreichsten US -Amerikaner ihren Geldbeutel aufmachten und einen Teil ihres Vermögens in den globalen Opferstock rasseln ließen. Auf die Initiative der reichsten Männer der Welt, Warren Buffet und Bill Gates, bekannten sich 57 Milliardäre zu »The Giving Pledge« (Deutsch: Das Versprechen, zu geben) und spendeten die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke. Wie viel letztlich zusammenkam, ist unklar, es kursierten Schätzungen von bis zu 600 Milliarden Dollar. Das wäre mehr als das Doppelte des deutschen Bundeshaushalts und immer noch weniger als das, was die Finanzkrise denselben gekostet hat. Die Superreichen sparten so eine Menge Steuern. Darüber hinaus konnten sie selbst bestimmen, was mit dem Geld geschieht. So spendete Warren Buffet an die umstrittene Bill & Melinda Gates Stiftung, die unter dem sozia len Deckmäntelchen auch fragwürdige Projekte zum Zwecke der Reichtumsmehrung der globalen Wirtschaftselite vorantreibt. 254 Zu den Spendern gehörte auch Schnellrestaurantgründer Tom Monaghan, einer der größten Einzelspender der USA , der vor allem für die Umsetzung seines reaktionär konservativen Weltbilds Geld gibt, etwa Initiativen gegen die Homosexuellenehe oder für den Bau einer Kathedrale in Nicaragua. 255
»Philantrokapitalismus« nannten 2008 die Autoren Matthew Bishop und
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