Wir müssen leider draußen bleiben
Michael Green diese Attitüde, die im Grunde ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert ist, als die Reichen den Armen gönnerhaft ihre Brosamen zukommen ließen. Ihr Buch mit demselben Namen trägt im Untertitel die Behauptung: Wie Spenden die Welt retten können .
Dabei belegen Studien, dass Reichenopfer die soziale Kluft auch noch verstärken: Wohlhabende spenden oft an Universitäten und kulturelle Einrichtungen. Davon haben die Armen gar nichts. Die Reichen jedoch kaufen sich damit den Ruf des edlen Mäzens, der den Menschen in positiver Erinnerung bleibt. Der Stahltycoon Andrew Carnegie (1835 – 1919) war einer der ersten US -Unternehmer, die mit einer Stiftung – und dem Bau der Carnegie Hall – ihren Nachruf aufbesserten.
»The Giving Pledge« wurde zum Teil heftig kritisiert. Doch ausgerechnet Politiker von SPD und Grünen riefen deutsche Superreiche zur Nachahmung auf. »Ein gutes Vorbild« sei das, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth, »wer spenden kann, sollte das tun.« Eine Bankrotterklärung der Politik, die ja dafür gesorgt hat, dass sich der Reichtum bei einigen wenigen konzentriert.
Es ist offensichtlich, dass der Staat am meisten denjenigen dient, die ihn am liebsten abschaffen wollen: den Reichen und der Wirtschaftselite. Die Feststellung der OECD , in keinem anderen OECD -Land hätten Einkommensungleichheit und Armut seit der Jahrtausendwende stärker zugenommen als in Deutschland, zeichnet ein realistisches Bild der Entwicklung. 256 Doch anstatt die Reichen zu ihrer Verantwortung zu zwingen, hilft die Politik der Elite auch noch bei der Reichtumsmehrung. Und wie gewünscht richtet sich die Wut der Mittelschicht nicht gegen »die da oben«, sondern gegen die ganz unten. Denn neben Wirtschaft und Politik ist noch eine weitere Macht am Werk, den Einfluss der Eliten zu stärken und das Märchen von der »Leistungsgerechtigkeit« fortzuschreiben: die Medien.
» Mitglieder dieser Klasse liebten die Autorität mit all ihrem Glanz und ihren Machtsymbolen; sie identifizierten sich mit ihr und erfuhren durch diese Beziehung Sicherheit und Stärke. Ihr Leben war, wenn auch nicht glänzend, so doch fest eingerichtet. Sie fühlten sich wirtschaftlich gesichert und waren Oberhaupt ihres Haushalts; welche rebellischen Empfindungen sie auch haben mochten, sie schlummerten tief verborgen.«
Erich Fromm in seiner sozialpsychologischen Studie
»Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reichs« (1929) 257
5. Endlich sagt’s mal einer!
Wie das Feuilleton die Rechte der Etablierten verteidigt
Ein kleines Rätsel zur Auflockerung: Aus welchen Zeitungen stammen die folgenden Zitate?
1) »Tatsächlich besteht derzeit gut die Hälfte jeder Population moderner Nationen aus Beziehern von Null-Einkommen oder niederen Einkünften, die von Abgaben befreit sind und deren Subsistenz weitgehend von den Leistungen der steueraktiven Hälfte abhängt.« 258
2) »Andererseits aber drängt sich der Verdacht auf, dass unser in Deutschland so angefeindetes Sozialsystem immer noch attraktiv genug ist, dass es eine massenhafte Einwanderung in die sozialen Netze auslöst – was das Prinzip der Einwanderung, in einem fremden Land durch eigener Hände Arbeit sein Glück zu finden, auf den Kopf stellte.« 259
3) »Es wurden schon viel zu viele mitfühlende Tätergeschichten geschrieben, ich schreibe nicht noch eine. Eine kaputte Kindheit ist kein Freifahrtschein für Mord und Totschlag.« 260
4) »Die SPD hat besonders schlecht bei den Jungen abgeschnitten und besonders gut bei den Hauptschulabsolventen und Rentnern. Diese Gruppen verdienen Schutz, aber die Zukunft lässt sich mit ihnen nicht erobern.« 261
5) »Alleinerziehende werden umsorgt: 40 Prozent von ihnen erhalten Hartz IV – zu besseren Konditionen als Bedürftige. Arbeit lohnt sich da kaum. Ein neuer Partner auch nicht.« 262
6) »Solange die Regierung das Recht auf Kinder als Recht auf beliebig viel öffentlich zu finanzierenden Nachwuchs auslegt, werden Frauen der Unterschicht ihre Schwangerschaften als Kapital ansehen. Allein eine Reform hin zu einer Sozialnotversicherung mit einer Begrenzung der Auszahlungen auf fünf Jahre statt lebenslanger Alimentierung würde wirken. [ … ] Eine solche Umwandlung des Sozialstaats würde auch die Einwanderung in die Transfersysteme beenden.« 263
7) »Zur Menschenwürde gehört auch, dass der Mensch zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung fähig ist und sich beschämt fühlt, wenn er auf Kosten anderer Leute, sei
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