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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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abbrechen, wenn etwas Neues kam. »Du gehörst dem Amt, du arbeitest eigentlich für die«, sagt er.
    Am unerträglichsten seien die Machtspielchen gewesen. Als er HartzIV beantragte, hätten sie ihn eine Weile lang jeden Tag morgens um sieben antanzen lassen. Immer wieder wollten sie ihm weismachen, dass ein Dokument fehlt. Als es wieder geheißen habe, der Mietvertrag fehlt, den er längst mit der Post geschickt hatte, sei er schließlich ausgerastet. Er sei ins Amt gegangen und habe die Herausgabe seiner Akte gefordert. Auf der ersten Seite: der Mietvertrag. Er habe dem Mitarbeiter den Ordner mit Wucht an den Kopf geknallt. »Ruf die Polizei«, habe er damals geschrieen, »ich will, dass die kommen und sehen, wie ihr hier arbeitet!«
    Wenn die Saat, die Schröder und Clement mit ihrer Schmarotzer-Kampagne gesät haben, irgendwo aufgegangen ist, dann im Alltag der Ämter.
    Salvatore Tozzi ist ein Kämpfer, er lässt sich nicht unterkriegen. Dazu hat er zu viel erlebt.
    Jetzt krempelt er trotzig sein Hemd hoch und zeigt eine große Tätowierung: düstere, entstellte Gesichter. »Das hab ich stechen lassen, als ich mit dem Saufen aufgehört habe. Das sind meine alten Saufkumpanen. Es sind jetzt nur noch Fratzen, so sehe ich das heute.« Hartz IV aber sei wie eine schlechte Tätowierung: »Das kriegst du nicht mehr los. Das ist ein Schimpfwort. Wenn du Hartz IV hast, dann bist du schon asozial geboren. Und wenn du auf Krücken gehst, dann bist du eben ein Simulant.«
    Tozzi pflegt nebenbei noch seine Mutter, geht für sie einkaufen und kocht für sie.
    Als er das damals beim Amt erwähnte, fragten sie: »Und essen Sie da auch mit?«
    Jede Frage eine Falle; wer ehrlich antwortet, muss mit Strafen rechnen. Mittagessen bei der Mutter hätte eine Kürzung seiner Bezüge bedeutet. Selbst Geschenke muss man angeben: »Wenn man einen neuen Mantel geschenkt bekommt, dann muss man das melden. Dann wird das mit den Bezügen verrechnet.«
    Salvatore Tozzi ist kein Hartz IV-Empfänger mehr; er hat, wie Birgit Kramer, einen 400-Euro-Job bei Contact.
    »Du arbeitest nur, damit du irgendwie auf null kommst. Dann kommt die nächste Rechnung. Jetzt bin ich der Arsch, weil ich einen Arbeitsvertrag habe. Nachzahlung bei den Stadtwerken, Zahnarztrechnungen – das muss ich jetzt alles selber zahlen.«
    Er sagt, er würde mehr Geld bekommen, wenn er zu Hause säße. »Aber ich will ja arbeiten.«
    Die hohe Arbeitsmotivation Langzeitarbeitsloser ist durch Studien längst belegt. 290 Auch, das Hartz IV-Empfänger eben nicht nur faul zu Hause sitzen, sondern sich engagieren. 291
    Was Salvatore Tozzi und Birgit Kramer im B-Laden machen, ist nicht nur ein Job, es ist gemeinnützige Arbeit.
    Birgit Kramer steht vor der Tür und redet einem Mädchen ins Gewissen, das die Nachhilfe geschwänzt hat. Kramer bietet kostenlos Hausaufgabenhilfe und Nachhilfe in Englisch an.
    Petra ******** lehrt kostenlos Deutsch für Ausländer und leitet eine kleine Strickgruppe. Darüber hinaus haben Olga* und Vladimir* eine Selbsthilfegruppe für russische Suchtkranke gegründet.
    Während wir reden, kommen immer wieder Leute in den Laden. Manche setzen sich einfach nur auf die Eckbank. Unter ihnen sind viele alte Menschen, still und erschöpft und froh, dass sie hier nicht alleine sind. Salvatore Tozzi macht ihnen Kaffee, er kennt fast alle Kunden und ihre Lebensgeschichten.
    Der B-Laden ist auch ein Treffpunkt, ein informelles solidarisches Netz. Manchmal, sagt Kramer, kämen alte Leute in den Laden, die so dankbar seien, mit jemandem reden zu können, dass sie ihnen Geld schenken wollen: ein, zwei Euro.
    Salvatore Tozzi hat den Laden zu einem Ort mit einem Minimum an Selbstbestimmung und Würde gemacht: Zu Beginn kamen hier einfach nur die Kleidersäcke an, in denen die Leute wühlten. Jetzt stehen hier ordentlich eingeräumte Regale, es gibt Umkleidekabinen, Kleiderständer.
    Damit es angenehm riecht, kocht Tozzi Zitronengras auf und sprüht damit den Laden aus, manchmal backt er Kuchen für die Gäste. E r schmeißt solche, die mit dem Mercedes ankommen und säckeweise Markenkleider billig ein- und teuer verkaufen wollen, hochkant wieder raus.
    Und weil er seine Kunden mittlerweile sehr gut kennt, legt er für den einen oder anderen Kleidungsstücke zurück, coole T-Shirts, Jeans und Miniröcke für Jugendliche, die sich dafür schämen, dass ihre Mütter hier einkaufen müssen.
    »Ich habe ein Paradies für Arme geschaffen«, sagt Salvatore Tozzi stolz.
    Die

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