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Wir neuen Großvaeter

Wir neuen Großvaeter

Titel: Wir neuen Großvaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Holbe
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gestreckter Körper jeglicher Anatomie spottet und gerade deshalb in das Disney-Mysterium passt. Was das Dschungelbuch außerdem auszeichnet, ist seine unvergleichliche Musik. Die Lieder sind Glanzpunkte. Jedes Tier ist mit dem Klang eines bestimmten Instruments verbunden. Bei King Louie – dem Anführer der Affen – ist es die Solo-Trompete. Der Pythonschlange Kaa mit den hypnotischen Augen wird eine orientalisch angehauchte Flöte zugeordnet. Obwohl ihr Auftritt eher komisch als furchterregend ausfällt, bat der damals dreijährige Leo stets darum, bei der Videoaufführung die Szene zu überspringen.
    Den weltberühmten »Beatles« wollten die Komponisten im Film ihre Reverenz erweisen: Die vier Geier sprechen im Original mit britischem Akzent, tragen Pilzkopf-Frisuren und singen Das Hohelied der Freundschaft sechzehn Takte lang im Beatles-Beat. Was selten gelingt, nämlich das Original aus dem Amerikanischen perfekt zu synchronisieren, ist der deutschen Fassung genial geglückt.
    Walt Disney hat die Premiere des Dschungelbuchs nicht mehr erlebt. Er starb im Dezember 1966. Am Ende seines Lebens hat er erkannt, dass ihn nicht Menschen, sondern Tiere groß gemacht haben. Heute ist er eine Legende, die niemanden unberührt lässt.
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    Während Walt Disney bei unserem Besuch in den Studios von seinem neuen Projekt schwärmte, schlich ich aus dem Zeichensaal, spazierte über den Flur zu seinem Arbeitszimmer
und entfernte sorgsam den von ihm kurz zuvor für uns gezeichneten Donald Duck von der Staffelei. Zum Abschied bat ich ihn, das Bild zu signieren. Donald hing ein paar Jahre an der Pinnwand meines Arbeitszimmers, bis ich merkte, dass die Zeichnung allmählich verblasste. Das Blatt wurde inzwischen restauriert und ist sicher verwahrt.
    Noch etwas habe ich aus Hollywood mitgebracht: die Lieder und Dialoge vom Dschungelbuch . Ich singe wie Bär Balu, zischele wie die Schlange Kaa und brülle wie der Tiger Shir Khan. Für meine Tochter Julia war es der erste Film, den sie je in einem Kino gesehen hat. Auch Max, Leo und Ferdinand summen inzwischen begeistert mit, wenn Balu mit Mowgli durch den Dschungel tobt und dabei jubiliert: »Probier’s mal mit Gemütlichkeit ...«
    Von einer Maus bis zum Elefanten haben Disneys Zeichner fast alles porträtiert, was sich auf der Erde bewegt. Und am Schluss seines Schaffens stand der Dschungel mit seiner Vielfalt von Formen und Farben, von Pflanzen und Tieren.

Aus dem Fenster flogen Tassen und Töpfe
    Wie Goethe als Bub das Küchengeschirr auf die Straße warf – und wie Mutter Aja darauf reagierte
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    Der junge Johann Wolfgang von Goethe war zu seinem Faust -Drama durch die Vorstellung eines Puppentheaters auf einem Frankfurter Jahrmarkt angeregt worden. Die Geschichte von dem alten Gelehrten, der dem Teufel seine Seele verkauft, um von ihm ewige Jugend zu erhalten, war als Sage bereits bekannt und bildete den Urgrund für eines der berühmtesten Werke der Weltliteratur. Goethe nannte die Arbeit am Faust sein »Hauptgeschäft«, das er erst im hohen Alter beendete.
    Es konnte nicht ausbleiben, dass auch Leo und Max vom Faust -Fieber ihres Großvaters Rainer erfasst wurden. Zudem sind die ersten Szenen in der Frankfurter Altstadt angesiedelt. Der berühmte »Osterspaziergang« führt Faust und seinen Famulus Wagner über den Main hinaus in die Oberräder Gärten. Dort treffen die beiden Spaziergänger auf den schwarzen Pudel, der sie begleitet und sich später im Arbeitszimmer des Doktor Faust aus einer gewaltigen Feuersäule erscheinend als listiger Mephisto – der Sohn der Hölle – entpuppt. Zugegeben, das Ereignis würde die kleinen Zuschauer des Kinderkanals überfordern. Wenn aber Großvater die Geschichte erzählt, kann er nachbessern und auf die vielen Einwände reagieren, die garantiert kommen.

    Leos wichtigste Frage zur Faust -Geschichte war eines Tages: »Glaubst du, dass es den Teufel wirklich gibt?« Ich dachte nach, suchte nach einer schlüssigen Erklärung. Meine Antwort lautete: »Du fragst, ob es den Teufel wirklich gibt. Ich glaube, eher nein. Und was glaubst du, Leo?«
    Â»Ich glaube auch, eher nein!«
    Damit war der Teufel bei uns vom Tisch.
    Die Geschichte um den Doktor Faust und seinen Pakt mit dem Bösen blieb jedoch aktuell. Nachdem ich mit Max und Leo der Einweihung des Goethe-Denkmals auf dem

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