Wir schaffen es gemeinsam
wußte, das Geld würde nicht für ein neues Abendkleid und eine neue Armbanduhr ausgegeben werden. Das wollte ich für Holzsessel und Kessel und Kasserollen verwenden, und was noch übrig blieb, das sollte auf die Bank gebracht werden. Ich mußte eben mit den Kleidern auskommen, die ich besaß, und statt der Armbanduhr einen Wecker zu vierzig Kronen kaufen.
Zwanzig Damen zur Schlankheitskur
„Fräulein Grundt! Stimmt es wirklich, daß wir nur jede eine Tomate bekommen? Ich bin genauso hungrig wie vorhin, als ich kam. Meinen Sie, es macht etwas aus, wenn ich eine Apfelsine nebenher esse?“
„Die Diätvorschrift verbietet es“, sagte ich streng. „Lesen Sie bitte selber nach, sie hängt an der Wand!“ Frau Björvik tat es.
„Puh, wie sind Sie streng! Aber sicher haben Sie recht. Es hat wohl keinen Zweck zu mogeln.“
„Trinken Sie jetzt Ihren Kaffee, Frau Björvik. Kaffee verleiht einem immer ein Gefühl von Sattheit.“
„Ja, wenn ich dann wenigstens Zucker und Sahne dazu bekommen könnte. Ich kann schwarzen Kaffee nicht ausstehen. Möchte jemand von Ihnen eine Zigarette haben?“
Die meisten mochten. Ich brachte Aschenbecher herbei. Es war der neunte Tag der Kur. Meine zwanzig Kundinnen kamen regelmäßig und gaben sich wirklich alle Mühe, die strenge Diät einzuhalten. Es waren größtenteils Damen, die viel Zeit hatten, dann noch ein paar Büroangestellte, die in ihrer Frühstückspause angerast kamen und das bißchen, das sie essen durften, herunterschlangen. – Dann waren da zwei junge Mädchen, die angaben, Schauspielerinnen zu sein; es kam aber wohl eher hin, wenn man sie unter die Revuegirls einreihte. Sie erzählten von einer Operette, die im nächsten Monat aufgeführt werden sollte, und da hieß es, gut in Form zu sein, wenn man berücksichtigt werden wollte. Dann war da eine dicke, gutmütige Hausfrau mit Apfelbacken, Schinkenarmen und abgearbeiteten Händen. Weshalb sie eine Schlankheitskur durchmachen mußte, konnte ich beim besten Willen nicht ergründen, bis sie es mir eines Tages anvertraute. Sie war etwas zu früh gekommen und saß nun da und schwatzte, während ich den Tisch deckte.
„Ich habe nie darüber nachgedacht, daß ich zu dick sein könnte“, sagte sie und schaute mich mit ihren guten, treuherzigen, blauen Augen an. „Aber vor einiger Zeit fing mein Mann plötzlich an, abends so oft fortzubleiben, und ich begriff gar nicht, was dahinterstecken könnte. Eines Tages war er ziemlich schlecht gelaunt, und da fragte er mich doch allen Ernstes, ob ich glaubte, es mache Spaß, mit so ‘nem Schwergewichtler wie mir verheiratet zu sein, und ich sollte doch mal versuchen, ob ich mich nicht etwas verschönern könnte. Und da stand ich mal in einem Laden neben Frau Tjennerud und hörte, wie sie gerade jemandem von dieser Kur erzählte und daß sie die mit einer Freundin zusammen durchmachen wolle – ja, und da faßte ich mir ein Herz und fragte, wo das denn wäre, und dadurch bin ich hergekommen. Zu Hause weiß es keiner, die Kinder würden mich nicht schlecht aufziehen, und niemand ahnt, daß ich jeden Vormittag von zu Hause weg bin. Aber ich habe jetzt jedenfalls vier Pfund abgenommen.“
Arme Frau Helgesen. Das ewig gleiche Trauerspiel. Frau Helgesen hungerte sich tapfer durch, ich merkte es wohl, daß es sie wesentlich mehr Überwindung kostete als jede von den anderen. Aber da wurde nicht gefackelt!
„Wenn ich mir wenigstens etwas aus diesem Essen machte“, sagte sie an einem anderen Tag mit treuherziger Miene. „Aber Oliven sind das übelste, was ich je in meinem Leben zu kosten bekommen habe!“ (Ach, wie mußte ich ihr recht geben! Yvonne dagegen ging immer wieder an das Olivenglas und stibitzte sich was daraus und lutschte so lange an den Steinen, bis der Geschmack heraus war.) „Und Gemüse haben wir zu Hause eigentlich nie sehr viel gegessen, mir ist wirklich fast so, als äße ich Gras, wenn ich Salat und Gurkenscheiben und Tomaten zu Mittag bekommen habe.“
Ich hatte den wohlbegründeten Verdacht, daß manche von meinen Schlankheitsdamen ebenso dachten. Das kam eines Tages heraus, als sie herumsaßen und an ihrem halben Salatkopf zupften. Es waren nur noch vier Tage bis zum Ende der Kur, und jetzt gaben sie mit lauter Stimme ihrer Freude Ausdruck, daß sie dann wieder vernünftiges Essen zu sich nehmen dürften.
„Ich habe immer streng daraufgehalten, daß wir unser Quantum Gemüse bekamen“, gestand Frau Bang-Clausen. „Und, offengestanden, wir
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