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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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hungrigen „Kurgäste“ sehen!
    Yvonne lachte und aß, aß und lachte, während ich über die Mittagsunterhaltung des Tages Bericht erstattete. Da pochte es an die Tür. Es war Frau Tjennerud, die ihre Tasche vergessen hatte.
    „Oh, hier duftet es aber herrlich nach Spiegeleiern“, entfuhr es ihr, und ihre Augen blickten verlangend auf meinen Teller, wo ein ganzes und ein halb aufgegessenes Spiegelei in brauner Butter schwammen. Dann wanderte ihr Blick zum Glas Milch und dem Stapel von barbarisch dicken, frischen Butterbroten.
    „Mögen Sie?“ lachte Yvonne und reichte ihr den Brotteller hin. Frau Tjennerud langte zu. Ich briet ihr auch ein Ei und schenkte ihr ein Glas Milch ein. Es war eine Wonne, zuzusehen, wie sie immer mehr von Behagen durchströmt wurde, je mehr sie aß.
    „Ich petze nicht“, sagte ich. „Aber dann dürfen Sie es auch nicht!“
    „Nein, seien Sie ganz unbesorgt“, lächelte Frau Tjennerud und wischte sich den Milchbart von der Oberlippe. „Ach, so wohl habe ich mich seit Ewigkeiten nicht gefühlt.“
    „Über eines bin ich froh“, sagte ich, als Frau Tjennerud gegangen war, „daß ich mir selbst eine Woche Urlaub bewilligt habe, ehe ich mit dem nächsten Schub anfange. Es wird zu schön sein, mal eine Weile das Essenmachen und das Gerenne der Frauen los zu sein.“
    „Hast du die Gruppe voll?“ fragte Yvonne und ließ sich ein Stück Knäckebrot mit Ziegenkäse schmecken.
    „Noch nicht. Aber da bin ich ohne Bange. Aber jetzt wird erst mal der Urlaub genossen. Kannst du nicht auch ein paar Tage faulenzen, dann unternehmen wir irgend etwas. Fahren für die Zeit irgendwo aufs Land in eine Pension, die haben jetzt in der Nachsaison billige Preise. Nur zwei, drei Tage, Yvonne. Wollen wir nicht? Ich lad dich ein!“
    Yvonne lächelte abwehrend und schüttelte den Kopf.
    „Wipps, Wipps – du bist das leichtsinnigste Mädchen, das ich mir denken kann. Kaum sind wir ein bißchen obenauf, schon willst du auf die Reise gehen und einen Haufen Geld ausgeben. Nein, mein Kind, wenn du überflüssiges Geld hast, dann trag es auf die Bank. Es können wieder karge Zeiten kommen, ehe du dich versiehst. Außerdem muß ich eine Arbeit fertigmachen in den Tagen, wo wir das Atelier für uns allein haben. Ich habe die Absicht, dein Bild fertigzumachen. Erst dachte ich, ich müsse auf eine neue Elendsperiode warten, um es beenden zu können; es war beinahe so, als ob ich am besten malte, als ich so richtig herunter war. Aber jetzt habe ich keine Zeit, auf so etwas Erlesenes wie Inspiration zu warten. Ich soll und muß dieses Bild zum 15. Oktober fertig haben.“
    „Nanu? Was ist denn da los?“ fragte ich.
    „Nichts weiter, als daß ich die Absicht habe, es in die Ausstellung Junge Kunst’ einzuschicken. Dein Bild und das Porträt von Nini und dann den ,blühenden Kaktus’ und womöglich auch den ,Frühstückstisch’, wenn du dich an die Skizze erinnerst, die ich im Frühjahr gemacht habe. Wenn ich Zeit kriege, sie auszuarbeiten. Das von dir, das ist gut, das weiß ich; ebenso das von Nini. Einmal muß es den Leuten in dieser Stadt doch aufgehen, daß es hier eine Malerin namens Yvonne Brünier gibt!“
    Yvonne benutzte den Mädchennamen ihrer Mutter. Einerseits, weil es im Ausland praktischer für sie war, und andererseits, um es ihrem kunstfeindlichen Vater zu ersparen, daß er seinen echtnorwegischen Namen – er hieß Björgedal – mit etwas so Unredlichem und Leichtfertigem in Verbindung gebracht sah, wie es in seinen Augen die Malkunst war.
    Na, gut. Ich fügte mich natürlich Yvonnes Einwänden. Ich wickelte sogar meine Hand wieder in eine Binde und mich selbst in eine Wolldecke und versuchte, Modell zu sitzen, damit sie das Gemälde fertigstellen könne. Aber wir gaben es bald auf. Das heißt, Yvonne gab es auf.
    „Du blühst ja wie eine Rose, und im Frühjahr sahst du aus wie eine Mumie“, seufzte Yvonne. „Und dies warme Herbstlicht ist etwas ganz anderes als die kalte Frühjahrssonne. Nein, pack dich wieder aus, mein Kind – mit dem Bild ist nichts zu machen. Schmiere ich noch mehr dran herum, mache ich es nur kaputt. Die Kritiker sollen lieber sagen, es wirke unfertig und skizzenhaft.“
    Ich merkte, über Yvonne war der „Geist“ gekommen. Sie malte und trällerte und fühlte sich sauwohl. An unserem ersten freien Vormittag – alle meine Schlankheitsdamen hatten rührenden Abschied genommen und waren abgezogen zu Torten, Schweinebraten und Butterbrot mit Sirup – sprang

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