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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Yvonne plötzlich auf.
    Sie suchte ein Stück Kohle hervor und begann wie eine Verrückte zu zeichnen. Ich erkannte sehr schnell, was es werden sollte. Ihr Eifer galt unserem kleinen Liebling, der Katze Mouche, die auf das Fenster hinaufgehüpft war und mit sinnender Miene dasaß und an einer meiner eigenen, geliebten Topfpflanzen knabberte.
    „Rühr sie nicht an!“ rief Yvonne. „Sieh lieber zu, daß sie weitermacht.“ Nun wohl. Eine Topfpflanze war das wenigste, was ich auf dem Altar der Kunst opfern konnte.
    Mouche schien den Ernst der Stunde zu begreifen. Für ihre Verhältnisse blieb sie merkwürdig lange still sitzen. Als sie endlich hinuntersprang, hatte Yvonne drei flotte Skizzen gemacht, und die Pflanze war so abgenagt, daß sie einem dürren Zweig glich.

Die Stimme des Gewissens
     
     
    Fast täglich läuteten unbekannte Damen an unserer Tür, die sich erkundigen wollten „Verzeihung, bin ich hier richtig wegen einer Schlankheitskur?“
    Zu Anfang war ich froh und entgegenkommend. „Ja, gewiß, Sie können am 28. anfangen, dann beginnt eine neue Gruppe.“ Wir wurden schnell handelseinig, und ich trug die Dame in meine Teilnehmerliste ein.
    Als die Liste voll war, ja überzeichnet – ich ließ mich breitschlagen und nahm dreiundzwanzig – mußte ich die Schlankheitssüchtigen abweisen, vertröstete sie aber auf den Oktober, wo wir von neuem beginnen würden. Schließlich kam es sogar so, daß ich eine Warteliste einrichten mußte! Ich hatte wohl recht gehabt, wenn ich sagte, daß Unternehmen, die sich auf die weibliche Eitelkeit stützen, immer lohnend sind.
    „Es ist übrigens komisch“, sagte ich eines Tages zu Yvonne, während ich vor einem Berg von Strümpfen saß – ich stopfte nämlich abends nach wie vor Männerstrümpfe –, „alles, was ich angefangen habe, ist ein Erfolg gewesen. Glaubst du, ich bin unter einem besonderen Glücksstern geboren, oder was meinst du?“
    „Aber keineswegs“, sagte Yvonne entschieden, „dich hat einfach nur die bittere Not dazu gezwungen, nicht lockerzulassen. Du hast dafür gearbeitet, daß du bekannt wurdest, erst als Blumendoktor, dann als Strümpfestopferin und jetzt – ja, ich hätte beinahe gesagt, als Kaffeehauswirtin. Weißt du eigentlich nicht, daß du jeden Anlaß benutzt, um für deine Vorhaben Reklame zu machen? Du hast eine erstaunliche Gabe, eine Bemerkung über Blumen, Strümpfe oder Schlankheitskuren an den Mann zu bringen, wann immer du mit jemandem redest. Das hat zur Folge, daß die Leute dann von dir reden. Es ist gar nicht daran zu zweifeln, daß alle diese Unternehmen ebensogut hätten totgeborene Kinder sein können. Alles hängt von der Persönlichkeit ab, die dahintersteht.“
    „Zuviel des Lobes“, lachte ich. „Ich bin also eine Persönlichkeit? Ich hatte keine Ahnung, daß dir solche Komplimente so leicht von der Zunge gehen!“
    „Unsinn. Es sind keine Komplimente. Oder hast du jemals gehört, daß ich etwas sage, was ich nicht meine?“
    „Nein, eigentlich nicht. Du, Yvonne, da fällt mir eben etwas ein. Wenn wir so abends beisammensitzen und plaudern… ja, lach nicht, aber warum sprechen wir dann nicht französisch? Denk mal, wenn du mir so viel beibringen könntest, daß ich mich an einer französischen Unterhaltung beteiligen kann? Ich habe mich grün und blau geärgert, damals, du weißt, ich erzählte dir davon, als mich ein Franzose nach dem Weg fragte und ich stotterte und stammelte, als hätte ich nie in meinem Leben das neusprachliche Abitur gemacht.“
    Yvonnes Augen leuchteten auf.
    „Hättest du wirklich Lust dazu, Wipps? Oder sagst du das nur, um mir eine Freude zu machen?“
    „Nein, im Ernst. Versuch es doch mal. Hilf mir mit Vokabeln und korrigiere meine Aussprache. Hast du Lust?“
    „Und ob? Fang nur einfach an!“
    „Gammen tc,avaavec…avec…du, was heißt Katzenbild auf französisch?“
    Jetzt purzelten die französischen Wörter nur so aus Yvonne heraus – und mit der Muttersprache kamen auch das Temperament, die Gebärden, das Lächeln zum Vorschein – plötzlich wurde mir klar, daß Yvonne mindestens fünfzig Prozent südliches Blut in den Adern hatte.
    Jeden Mittag um zwölf Uhr kam meine Horde von Damen. Ich stellte fest, daß die Unterhaltung genau die gleiche war wie in der ersten Gruppe. Besonders interessant war sie nicht. Und jetzt, da das Ganze für mich den Reiz der Neuheit eingebüßt hatte, war es nicht gerade spannend.
    Unter den dreiundzwanzig Neuen war übrigens eine

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