Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Angehörigen der Opfer möchte ich mich an dieser Stelle nicht näher zur Beerdigung äußern und auch nicht zur danach abgehaltenen Feier. Aber eines muss ich sagen: Es tut mir als ehemaligem Hells-Angels-Leader und mitfühlendem Menschen den Angehörigen gegenüber unendlich leid, dass ihnen Mörder ihrer Familienmitglieder gewissenlos in die Augen sahen und kondolierten. Noch heute schäme ich mich zutiefst dafür, dass ich diese Schweine Brüder genannt habe. Alle kenne ich persönlich.
Zur Unterstützung beim Verfahren gegen die Nomads wurde aus verschiedenen Ländern Geld nach Holland geschickt. Die Deutschen entschieden, 200 000 Euro zu zahlen, aus anderen Ländern kamen ähnlich hohe Summen. Das Geld stammte aus den sogenannten Trusts. Offiziell hieß es natürlich, die Deutschen hätten die Kohle unter ihren Brüdern gesammelt. Die illegale Herkunft des deutschen Geldes wurde so verschleiert, und dasselbe galt auch für die Holländer. Ein paar holländische Charter zählen zu den reichsten Hells-Angels-Chartern weltweit, allerdings standen sie zum damaligen Zeitpunkt im Fokus der Öffentlichkeit und konnten schlecht ihr eigenes Geld in das Verfahren fließen lassen. Denn auch in Holland gibt es Geldwäschegesetze, und die Herkunft hoher Beträge muss nachgewiesen werden, wenn jemand nachfragt. Dass das hundertprozentig passieren würde, war klar. Und da die Holländer ja schlecht sagen konnten, dass es aus illegalen Geschäften stammt, wurden sie eben von den anderen Ländern mit »Geldspenden« unterstützt.
Für die Holländer gilt das Gleiche wie für alle anderen Länder: Die Hells Angels sind kein Motorradclub, in dem nur Motorrad gefahren wird und die Member Spaß daran haben, ihre Freizeit mit Gleichgesinnten zu verbringen. Nein, auch holländische Hells Angels wollen Macht ausüben, Drogengeschäfte, Waffendeals, Menschenhandel und das Rotlichtmilieu beherrschen sowie auf allen Gebieten der Kriminalität die Vormachtstellung erringen und weiter ausbauen. Dabei spielt es keine Rolle, ob oder wie viele Menschen ermordet werden müssen, um diese Ziele zu erreichen. Rivalisierende Motorradclubs, die ähnliche Ambitionen haben, werden aufs Äußerste bekämpft.
Ein Beispiel für die holländische Hells-Angels-Szene ist die Durchsuchung eines Charters, bei der folgende Waffen gefunden wurden: Granatwerfer, Flammenwerfer, über 20 weitere Waffen wie Pistolen, Revolver, Schrotflinten und so weiter. Hat man ja so im Motorradclub herumliegen, ganz normal, oder? Zwischen holländischen Chartern und einigen Chartern aus Deutschland besteht übrigens ein reger Austausch von Prostituierten aus osteuropäischen Ländern. Es werden auch deutsche Mittelsmänner nach Holland abgestellt, um kriminelle Geschäfte abzudecken.
Sehr auffällig in Holland ist die Tatsache, dass es zwischen Oktober 1978, der ersten Chartergründung von Amsterdam, bis Januar 2006 in Holland nur sechs Hells-Angels-Charter gab: Amsterdam (1978), Haarlem (1980), Northcoast (1992), Westport (1999), Rotterdam (2000) und Zwolle (2001) – heute Kampen. Und seit Januar 2006, nach der Ermordung von drei Membern im Hells-Angels-Charter der Nomads durch die eigenen Leute, findet eine große Ausdehnung der Hells Angels in Holland statt. Es folgten in kurzer Zeit die Charter Carribean, Alkmaar, South East, Gouda, South Central, Lower Eastside, North West, Amersfoort, Zeist, Barneveld und Utrecht. Das bedeutete eine Zunahme um 200 Prozent innerhalb kurzer Zeit, nachdem fast 30 Jahre lang lediglich sechs Charter in Holland existiert hatten. Da stellt sich doch die Frage: Was steckt dahinter?
Ich war in 2006 selbst in Holland auf einem Meeting zu Gast. Dort wurde besprochen, dass es notwendig sei, neue Charter zu gründen, damit man früh mitbekomme, wann und wo sich andere große Motorradclubs in Holland gruppierten. Bis heute gibt es in Holland keine anderen Clubs wie die Mongols, die Bandidos, Gremium oder die Outlaws. Die holländischen Charter haben es bis dato erfolgreich vereitelt, dass sich diese und andere Clubs ansiedeln. Sie bekämpfen, zum Teil mit äußerster Brutalität und Härte, jeden Motorradclub. So konnte keine ernstzunehmende Konkurrenz im Drogenhandel, im Rotlichtmilieu oder bei der Kontrolle der Clubs und Bordelle aufkommen, die ihre Vormachtstellung hätte gefährden können. Nirgendwo auf der Welt – außer vielleicht in Kanada – gibt es so viele Filthy-Few-Träger wie in Holland. Zur Erinnerung: Filthy Few ist der
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