Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
versagt hatte, jagten sie noch einen zweiten durch den Bus und nahmen das Fahrzeug gründlich unter die Lupe. Auch der neue Bello zeigte an, dass da wohl was gewesen war, aber gefunden wurde nichts. Das Üble an der ganzen Prozedur war, dass wir satte drei Stunden in der glühenden Sonne standen und uns zu Tode langweilten.
Als die Maßnahme beendet war, konnten wir endlich unsere Fahrt zum Run-Platz fortsetzen. Die spanischen Hells Angels hatten ein komplettes Feriengelände angemietet. Auf dem Gelände gab es ein großes Tent-Areal, wo wir uns einquartierten. Das waren viereckige Holzhütten mit einem Zeltdach, welches nach oben spitz zulief, ähnlich wie früher bei den Ritterkämpfen auf einem Turnier. Das gesamte Ferienareal war um eine Ritterburg aufgebaut, die natürlich nicht alt war, sondern nur so aussehen sollte, mit Türmen, Zinnen und ähnlichem Schnickschnack. Auf dem Gelände gab es eine große Pool-Landschaft vor einer Felsenkulisse, außerdem eine nach oben offene Arena mit ovaler Manege. Der World-Run in Spanien war der am besten besuchte Run aller Zeiten.
Am Samstagabend machte ich mich auf zur Arena, wo das Hauptevent stattfand: Ritterkämpfe mit allem Drum und Dran. Die Spanjockel machten auf große Ritter. Die Show war prima, und wir hatten richtig Fun. In einer Pause gab es gegrillte Hähnchen, Bier, Wein und Schnaps bis zum Abwinken. Um das Oval der Ritterbahn gingen etwa zehn Reihen Sitze wie in einem Kino, nach oben hin erhöht mit einer umlaufenden Ablage für jede Reihe, worauf man Teller und Getränke abstellen konnte. Allein die Logistik, in kürzester Zeit alle Besucher mit Essen und Getränken fast zeitgleich zu versorgen, war ein Meisterstück.
Nur hatte der Veranstalter vergessen, dass da keine normalen Touris saßen, sondern eine der größten Verbrecherorganisationen der Welt zu Tisch gebeten wurde. Anwesend waren Mörder, Totschläger, Drogendealer und Sonstige, alle auf engstem Raum versammelt und einige – aus welchen Gründen auch immer – mit Kanonen bewaffnet. Und als die Show nach dem Essen weiterging, flogen einige Bierkrüge und Hähnchen in die Arena. Dafür hatte ich keinerlei Verständnis, denn eigentlich war doch alles bestens: Die Stimmung war gut, Essen und Getränke gab es ohne Ende, die spanischen Girls, die bedienten, waren hübsch anzusehen – also kein Grund für Randale. Der Veranstalter drohte über Lautsprecher, die Abendvorführung zu beenden. Das war ein großer Fehler, denn jetzt begann erst recht ein kleiner Tumult, weil sich einige Member angepisst fühlten. Die Sergeants at Arms mussten einschreiten, was mit einigen blauen Augen endete. Aber nach circa einer Viertelstunde herrschte wieder Ruhe, die Show ging weiter, und wir hatten eine tolle Zeit.
Ich saß bei Brüdern aus Manaos. Manaos liegt im brasilianischen Dschungel und ist eine der größten Metropolen der Welt mit einer irre hohen Verbrechensrate. Viele der Jungs hatten schon mehrere Morde begangen, was ihre Filthy-Few-Abzeichen bewiesen. Einer erzählte mir, er habe über 15 Menschen umgebracht – und das glaubte ich ihm sofort. Wir verstanden uns auf Anhieb, als wären wir alte Freunde. Nach der Vorführung luden sie mich in ihr Zelt ein, und wir feierten eine grandiose kleine Party mit allem Drum und Dran. Die Jungs hatten sogar vier Girls aus Brasilien mitgebracht, die zur Freude aller da waren. Die konnten tanzen und sich bewegen, dass es eine Augenweide war, und auch sonst hatten sie keinerlei Hemmungen. Wir saßen lange zusammen, und die Brüder berichteten mir viel aus ihrem Lebensalltag und ihren Geschäften.
Nachdem wir verabredet hatten, uns nächstes Jahr gegenseitig zu besuchen, machte ich mich spät auf zur aufgebauten Riesentorte, drei Meter Durchmesser und anderthalb Meter hoch. Wollte mal testen, wie die schmeckt. Als ich so durchs Camp schlurfte, kamen mir zwei Member entgegen, ich glaube aus den USA, schon leicht angetrunken. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie auf Randale aus waren. Mein Gefühl sollte mich nicht täuschen. Auf meiner Höhe meinte dann einer von den Zweien, »Hey, German asshole – what’s up!« Da ich keinem Fight aus dem Weg gehe, ganz im Gegenteil, hatte er sein großes Maul noch nicht zugemacht, als ich ihm schon eins auf die Kauleiste hämmerte. Sein Bruder kam ebenfalls gleich zur Sache, und ich musste tief in die Trickkiste meiner boxerischen Fähigkeiten greifen. Da ich schon oft mit solchen oder ähnlichen Situationen zu tun hatte,
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