Wir sehen uns in Paris
zweiten Klingeln knackt es in der Leitung und eine ruhige Stimme meldet sich: »Detektei für hoffnungslose Fälle – Kurt Hoffnung ist am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
»Sie müssen mir das Leben retten. Nein, meiner Freundin. Sie ist unterwegs nach Saarbrücken. Ich komme auch bald dorthin, bin fast auf dem Weg. Mit ihrer Mutter in einem Leichenwagen.« Die Worte purzeln nur so aus Hannah heraus.
»Interessant«, sagt Kurt Hoffnung. »Das ist endlich mal ein Auftrag. Aber jetzt langsam und der Reihe nach.« Und dann erzählt Hannah die Geschichte, vom Anfang bis zum vorläufigen Ende. Das richtige Ende kommt ja noch. Und es muss ein Happy End werden. Genau das sagt sie dem Detektiv. Dass sie auf einem Happy End bestehe.
»Nun«, sagt der. »Wenn Ihre Freundin jetzt in Frankfurt ist, kommt sie bald in Saarbrücken an. Ich werde sie am Bahnhof erwarten. Sie ahnt ja nichts von mir. Schicken Sie mir ein Foto. Sie haben doch eins?«
»Das ist überhaupt kein Problem. Ich maile Ihnen alles zu. Außerdem haben Sie Isabella schon mindestens zweimal gesehen. Ich werde Sie außerdem von unterwegs anrufen. Dann bleiben wir beide immer auf dem Laufenden.«
»Passen Sie auf sich auf. Man weiß ja nie.« Der Detektiv legt auf. Es hat Hannah ausgesprochen gut gefallen, dass er sie siezte. Das heißt doch wohl, dass er sie ernst nimmt.
Ben klebt schon am Fenster und starrt auf die Straße. »Cool«, brüllt er. »Da ist der Leichenwagen. Ihr fahrt mit dem Leichenwagen nach Saarbrücken? Darf ich mit? Ich lege mich auch hinten in den Sarg.«
Hannah verpasst ihm eine leichte Kopfnuss. »Spinner«, sagt sie lachend.
Mama findet das mit dem Leichenwagen nicht gut. Sie ist abergläubisch. Aber Hannah lässt sich nicht beirren.
»Astrids Wagen ist in der Werkstatt. Auto ist Auto, Mama. Es hat vier Räder und einen starken Motor. Damit fahren wir sicher. Also reg dich bitte nicht auf.«
Und bevor Papa anbieten kann, doch die Familienkutsche der Herzbluths zu nehmen, stürmt Hannah die Treppe hinunter und springt auf den Beifahrersitz.
Auf der Fahrt hält Hannah ein Schmuckdöschen fest, das Oma Morgenstern ihr für Isabella mitgegeben hat. »Das ist ein kleiner Schutzengel an einem Silberkettchen«, hat sie gesagt. »Bitte, gib ihn Isabella, sobald du sie siehst. Hänge ihr das Kettchen um, es wird sie beschützen.« Isabellas Oma hat dabei feuchte Augen gehabt.
»Das mache ich«, hat Hannah ihr versprochen.
Inzwischen hat dichter Regen eingesetzt. Die Scheibenwischer schaffen kaum die Wassermassen, die vom Himmel fallen. Hoffentlich landen sie nicht noch mitten in einem Gewitter.
»Ich glaube, ich halte besser an«, meint Astrid. »Das ist mir zu gefährlich.« Und sie fährt langsam die nächste Autobahnraststätte an, wo schon etliche Autos stehen und am Rand des Parkplatzes auf das Ende des Regens warten. Hannah stört der Regen nicht. Sie ist sogar froh, noch einmal die Augen zumachen zu können, bevor sie richtig weiterfahren.
Nach einer Stunde scheint es, als hätte das Wetter ein Einsehen. Das Trommeln wird leiser, der Scheibenwischer wischt die letzten fallenden Tropfen beiseite. Die Sicht ist klar. Astrid startet von Neuem.
»Du kannst deine Augen ruhig noch eine Weile zulassen«, rät sie Hannah. »Ich möchte nur in Saarbrücken ankommen, daher fahre ich weiter.«
Sie haben Berlin schon lange hinter sich gelassen und allmählich steigt die Sonne immer höher. Erst der starke Regen, jetzt die heiße Sonne – es ist unglaublich schwül im Wagen. Zumindest sind die Straßen ziemlich leer, und es kommt Hannah fast so vor, als würden die anderen Autos respektvoll Abstand zu ihnen halten. Kein Gedrängel, keine Lichthupe. So ein Leichenwagen hat auch seine Vorteile.
Hannahs Handy klingelt. Auf dem Display erkennt sie die Nummer, die sie schon so sehnlich erwartet hat: Kurt Hoffnung, der Detektiv.
»Ja, bitte«, brüllt sie beinahe ins Telefon vor Aufregung. Leider hat der Detektiv keine guten Nachrichten für sie. Er hat mehrere mögliche Züge abgewartet, aber hat Isabella und John am Saarbrücker Bahnhof nicht angetroffen. Enttäuscht lässt sie den Hörer sinken.
Sie erzählt Astrid davon. »Er sagt, wir können uns bei ihm melden, wenn wir in Saarbrücken sind. Er kennt sich aus und will uns helfen.«
Die Fahrt ist so eintönig, dass Hannah schließlich wieder die Augen zufallen.
Mit einem Ruck wacht sie auf. Wie lang hat sie geschlafen?
»Hallo«, begrüßt Astrid sie lächelnd.
»Bist du die
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