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Wir sind alle Islaender

Titel: Wir sind alle Islaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halldór Gudmundsson
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schloss, habe ich angefangen zu weinen. Ich habe einfach geheult. Mir war, als ob man uns jegliche Hoffnung genommen hätte. Da war nichts
mehr. Als er diesen Satz sagte, hat er jegliche Hoffnung, dass Island sich aus dieser Situation noch befreien könnte, im Keim erstickt.«
    »Zum Monatsende kam dann die Kündigung. Obwohl die Zeiten bekanntermaßen schlecht waren, war sie ein Riesenschock, denn unsere Firma hatte gerade mit einer anderen gro ßen Firma fusioniert. Man hatte schon gefeiert, mit dreihundert Mann in einem Hotel in Reykjavík, und deswegen habe ich da einen wirklich schweren Schock erlitten. Das muss man sich mal vorstellen: Hier in Reykjanesbaer und Umgebung liegt die Arbeitslosigkeit inzwischen bei siebzehn Prozent, damit sind wir die absoluten Spitzenreiter im Lande. Aber die Behörden präsentieren ja täglich neue Zahlen.«
    War Hannes ein Nutznießer des Aufschwungs in den vorangegangenen Jahren?
    »Ich hatte beabsichtigt, meine Schulden alle mit einem Devisendarlehen neu zu finanzieren, und heute ist es mein Glück, dass ich das nie zuwege gebracht habe. Aber natürlich haben wir auch mitgemacht, uns eine Gartenlaube gebaut, und einmal fuhren wir ins Ausland, um Golf zu spielen. Es ging uns gut zu Hause, und wir haben uns auch einen Jeep gekauft, aber zu mehr reichte das Geld nicht, und deswegen haben wir auch nicht den schlimmsten Quatsch mitmachen können. Meine Kollegen redeten immer von Yen und Devisendarlehen, das klang alles sehr aufregend. Ich habe deswegen auch mal mit der Bank gesprochen, aber irgendwie war die Zeit für mich nie reif, und jetzt bin ich froh darüber.«
    Hannes war konservativ eingestellt und Mitglied der Unabhängigkeitspartei, als er vor fünf Jahren nach Reykjanesbaer zog. Als seine Parteifreunde jedoch planten, die städtischen
Elektrizitätswerke zu privatisieren, war er entschieden dagegen. Er begann, Unterschriften gegen diese Pläne zu sammeln, mit großem Erfolg.
    »Leute aus allen Parteien stimmten mit mir überein. Damals habe ich selbständig gearbeitet, bekam dann aber immer weniger Aufträge von der Gemeinde. Ich hatte angefangen, im Internet meinen Blog zu schreiben und über alles berichtet, was mir missfiel oder was meines Erachtens nicht gut funktionierte. Die Aufträge wurden immer weniger, und als mich dann die Ingenieurfirma anheuerte, haben die mir gesagt, ich sollte ein bisschen aufpassen mit meinem Blog. Zum Schluss haben sie mich sogar förmlich gewarnt: ›Wenn du jetzt nicht mit deinem Blog aufhörst, bekommt unsere Firma keine Aufträge mehr.‹ Da sind meine Frau und ich aus der Partei ausgetreten.«
    »Mag sein, dass ich deswegen der Erste war, als es ans Kündigen ging. Mag sein, dass da Politik im Spiel war. Kann man nicht wissen, und in einer Krise darf man es auch nicht laut sagen. Anfangs fand ich die Demonstrationen nicht besonders interessant, aber dann habe ich gemerkt, wie der Langmut der Bevölkerung langsam ein Ende fand – den Ungehorsam, den mag ich. Dann sind wir dreimal samstags nach Reykjavík gefahren, um mit dabei zu sein. Deswegen konnte ich auch die große Freude miterleben, die einsetzte, als die Regierung endlich zurücktrat. Und ja, ich war ein bisschen stolz, dass ich dabei war!«

Zurück zur Natur
    Frosti Fridriksson, Kulissenmaler und Bäcker

    »Man muss sich was einfallen lassen in der Krise.
Im Herbst habe ich angefangen, im Meer zu baden.«

    Frostri Fridriksson, 41, ist ein fröhlicher Mann, der nach seiner Ausbildung als Bäcker eine Zeitlang auch als solcher gearbeitet hat, sich dann aber entschloss, das Handwerk der Kulissenmalerei zu lernen. Die letzten zehn Jahre war er hauptsächlich auf dem Gebiet der Bildenden Künste tätig. Er erzählt gut gelaunt von der Krise und kann auch über seine eigenen Verluste lachen.
    »Für mich fing alles damit an, dass ich Ende August 2007 meine Wohnung verkauft habe. Meine Freundin hatte gerade ein Kind von mir bekommen, wir wollten zusammenziehen, und ich beschloss deshalb, meine Wohnung zu verkaufen. Mein Vater sagte gleich, das sei sehr gefährlich, denn bald würde alles den Bach runtergehen. Es sei aber auch nicht vernünftig, Geld aufs Konto zu legen, ich solle lieber investieren. Aber ich wollte gar nicht so weit denken, ich wollte einfach mit meiner Freundin eine andere Wohnung kaufen und mit ihr zusammenleben.«
    »Für die Wohnung bekam ich, wie damals üblich, einen sehr guten Preis und zog dann fürs Erste bei meiner Freundin ein. Leider klappte es

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