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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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gesagt: »Blutdruck messen - das muss jeder Depp können! Stellt euch vor, ein Patient kollabiert euch, ihr holt den Notarzt, und der fragt dann nach dem Blutdruck. Na, das Gespräch möchte ich euch gern ersparen.«
    Es gibt immer fähige und unfähige Leute, es ist immer Glückssache, an wen man als Patient gerät. Ich habe auch eine Weile in einem Krankenhaus gearbeitet, da gab es eine Pflegehelferin, die hat wirklich nur Mist gebaut. Blutkonserven zum Beispiel mit heißem Wasser übergossen, die sind der natürlich alle geplatzt. Normalerweise nimmt man sie einfach rechtzeitig aus der Kühlung und lässt sie langsam auf Zimmertemperatur kommen. Einem Patienten sollte sie Abführmittel verabreichen, vor einer Darmspiegelung. Und als ich reinkomme, hatte der drei Flaschen Wundspülungslösung getrunken. Na, der hatte abgeführt, aber hallo! Der war wirklich sauber von innen. Musste nur leider sofort auf die Intensivstation …

    Klar, Fehler passieren jedem, mir natürlich auch. Ich habe mal einem älteren Herrn Insulin gespritzt, der eigentlich gar keins bekommen sollte. Und während ich es reindrücke, fällt es mir auf. Ich hatte mich einfach verguckt. Dann habe ich ganz ruhig gesagt, was passiert ist, dass ich einen Fehler gemacht habe und jetzt den Arzt rufe. Dass er aber keine Angst haben muss. Hatte er auch nicht, der war ganz cool. Dann kam der Notarzt und hat erst mal Blutzucker gemessen. Und da hat man festgestellt, dass der Mann Diabetiker ist, der hatte total hohen Zucker. Hatte man vorher nie getestet. Wer weiß, wenn ich dem das Insulin nicht aus Versehen gespritzt hätte, wäre der vielleicht kurz darauf ins Jenseits gerauscht. Glück im Unglück, würde ich sagen. Wichtig ist einfach, dass man zu seinen Fehlern steht und gleich reagiert. Niemand ist perfekt. Aber man muss eben sofort Bescheid sagen und im Zweifel einen Arzt rufen, sonst kann es richtig Ärger geben.
    Die Alten werden bei der Pflege beschissen. Zum Beispiel, wenn der Medizinische Dienst kommt, die Leute begutachtet und danach entscheidet, welche Pflegestufe sie bekommen. Ich bin mir sicher: Wenn am Ende des Jahres die Budgets ausgereizt sind, dann gibt es nur noch Pflegestufe eins, egal, welche man eigentlich bräuchte. Und das ist doch eine Sauerei.
    Außerdem ist es total wichtig, dass da eine Fachkraft dabei ist und die alten Leute unterstützt bei diesem Besuch. Die wollen natürlich zeigen, was sie noch alles draufhaben und wie rüstig sie noch sind - und das ist fatal.
Deshalb übe ich das immer mit meinen Patienten. Ich sage zum Beispiel: »Frau Meier, wenn die Dame vom Medizinischen Dienst kommt und Sie bittet, mal aus dem Bett aufzustehen, dann bleiben Sie bitte auf jeden Fall liegen und sagen: ›Das mach ich gern, wenn Sie mich tragen! ‹« Ich schärfe denen das richtig ein. Und sie meinte hinterher: »Schwester Ilona, wenn wir das nicht so geübt hätten, wäre ich eingeknickt.«
    Was ich an den alten Leuten toll finde: Mit den meisten kann man noch richtig diskutieren. Ich habe auch mal eine Weile in einer Psychiatrie gearbeitet, das fand ich furchtbar. Da musste ich den ganzen Tag mit den Patienten Brettspiele spielen und die auch noch gewinnen lassen, damit sie nicht ausflippen. Bis heute hasse ich Spielabende, da bringen mich keine zehn Pferde mehr dazu. Aber bei der mobilen Pflege gibt es tolle Gespräche oder auch mal eine gute Diskussion. Einmal habe ich einen alten Mann besucht, der mal der örtliche Oberlude gewesen war. Und der sagt zu mir: »Mädel, mit deinem Arsch hättest du auch mal für mich arbeiten können!« Dem habe ich natürlich erst mal erzählt, was ich von Typen wie ihm halte und wie mies ich das finde, Mädchen auf den Strich zu schicken und davon auch noch zu profitieren. Dann sind wir richtig ins Diskutieren gekommen, und er hat mir seine Sicht der Dinge erzählt. Wir sind uns nicht einig geworden, aber interessant war es auf jeden Fall.
    Ich hatte auch mal einen älteren Herrn, der wollte auf gar keinen Fall weiter von einem Zivi betreut werden. Er war Soldat im Krieg gewesen, und Zivildienstleistende
waren für ihn Drückeberger. Mit dem habe ich auch lange diskutiert, und er hat am Ende auch seine Meinung geändert. Die sind noch richtig dicke miteinander geworden, er und sein Zivi.
    Ich freue mich auch immer, wenn alte Ehepaare noch zusammenleben. Wenn es der

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