Wir sind bedient
die Beine hoch, kühle die FüÃe oder dusche sie mir abwechselnd heià und kalt ab. Und auch der Kopf muss manchmal abschalten; wenn ich privat tanzen gehe, dann am liebsten zu House-Musik. Dann brauche ich Bass!
Am härtesten sind die Wochen vor Weihnachten, da läuft viel Schwanensee und Nussknacker , da habe ich manchmal fünf Vorstellungen in der Woche. Ich stehe gern auf der Bühne. Es ist eine unglaubliche Atmosphäre, und meistens fühle ich mich voller Energie. Es gibt Tage, da könnte ich das ganze Stück am Ende der Vorstellung gleich noch einmal tanzen. Und es gibt Tage, da ist es auch einfach nur ein Job, da nehme ich diesen ganzen Glamour gar nicht so wahr. Ich konzentriere mich darauf, gut durchzukommen und mich nicht zu verletzen, und denke auch manchmal an was ganz anderes. Natürlich gibt es Routine, es gibt auch ein paar wirklich langweilige, tänzerisch nicht sehr anspruchsvolle Stücke. Und auch wenn ich mich schon als Künstlerin verstehe, ist das, was ich mache, zu einem gewissen Teil auch einfach eine Dienstleistung.
Das Anstrengendste ist übrigens oft das viele Herumstehen auf der Bühne. Ich bin im Corps de Ballet, also
keine Solistin. Und das bedeutet, dass ich in vielen Akten mit den anderen Mädchen hinten in einer Reihe stehe, während die Solisten vorn ihr Solo tanzen. Als Zuschauer denkt man sicher: »Ah, wie schön, die können sich ausruhen!« Aber da platzen einem fast die Waden. Ich kann da ja nicht einfach irgendwie rumgammeln, sondern ich muss die Spannung im Körper halten, den Kopf in eine bestimmte Richtung neigen. Und dann plötzlich wieder von jetzt auf gleich springen. In manchen Szenen sitzt man auch im Kreis um die Solistin rum, ziemlich verkrampft. Und dann ist man auch nicht mehr als der Zuckerguss auf einer Torte, reine Dekoration auf der Bühne.
Natürlich wäre ich auch gern Solistin. Aber ich versuche, nicht so zu denken, mich nicht darauf zu versteifen, das bringt mich nur aus der Balance. Ich weiÃ, dass ich eine gute Tänzerin bin und viele Dinge einfach nicht beeinflussen kann. Ich gebe immer mein Bestes, aber es ist eben auch immer viel Politik im Spiel, wenn es darum geht, wer in einer Truppe gefördert und toll besetzt wird. Das ist vielleicht nicht fair, aber ich habe es nun mal nicht in der Hand.
Es kommen immer mal Gastchoreografen, die in mir eine Solistin sehen und mich auch Hauptrollen tanzen lassen, und das bestätigt mich. Ich bin gut, ich gehe meinen Weg, auch wenn ich in meiner Kompanie vielleicht nie die groÃen Rollen tanzen werde.
Natürlich muss ich stark auf meinen Körper achten. Wenn wir Ferien haben, dann wird schon erwartet, dass man nicht unbedingt Skifahren geht oder Motorrad fährt,
Dinge, bei denen man sich schlimm verletzen könnte. Ich habe vor Kurzem auch eine Diät gemacht, weil mein Direktor mich darum gebeten hat. Er hat gesagt, ich muss aufpassen, dass ich nicht wie eine Birne aussehe. Da habe ich gesagt, dass ich den Vergleich nicht passend finde, wenn schon, dann sehe ich aus wie eine Violine. Es stimmt schon, ich habe Hüften, ich habe einen Po. Für einen Normalsterblichen sehe ich aus wie ein kleiner dünner Popel, aber im Ballett ist es anders: In dieser Welt zählt jedes Gramm. Und er ist nun mal der Chef - wenn er sagt, ich soll abnehmen, dann nehme ich eben ab. Ich habe eine Diät gemacht, aber man muss dabei gut auf sich aufpassen und nicht übertreiben. Der Körper braucht ja auch viel Kraft und Energie. Es gibt viele Tänzerinnen mit Essproblemen, die irgendwann dieser körperlichen Belastung nicht mehr gewachsen sind, das ist tragisch.
Als Tänzerin kann ich professionell jetzt vielleicht noch etwa zehn Jahre arbeiten. Noch merke ich, dass ich besser werden kann, aber in ein paar Jahren wird der Punkt kommen, wo ich spüren werde: So, jetzt geht es abwärts. Das ist sicher nicht so einfach, und ich versuche, mich innerlich darauf vorzubereiten.
Ich bin wirklich für mein Leben gern Tänzerin, aber ich weiÃ, dass es auch andere Sachen gibt, die ich kann. Zum Beispiel choreografiere ich gern, vielleicht ist das später für mich eine Option. Oder ich lerne noch einmal etwas ganz anderes. Ich habe mich damals sehr bewusst für diesen Beruf entschieden, ich hätte auch etwas ganz anderes machen können. Musikerin werden oder etwas studieren,
mir standen viele Wege offen. Aber ich bereue nicht,
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