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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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und habe mit Ballett angefangen.
    Als Teenager ist mir Ballett sehr leichtgefallen, ich dachte nach ziemlich kurzer Zeit: So, jetzt kann ich alles. Dachte, ich bin richtig gut, ich war superselbstbewusst. Alle haben mich immer gelobt und mir erzählt, wie begabt ich bin. Und dann hat man mir eine sehr gute und bekannte Ballettlehrerin empfohlen, bei der habe ich dann eine Probestunde gemacht. Ich war mir meiner Sache total sicher, doch sie sagte zu mir: »Du hast keine Chance. Du bist zu alt und zu schlecht. Du hast zwar ganz gute Voraussetzungen, aber das wird nichts. Tut mir leid!«
    Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich war total geschockt. Heute weiß ich, wie wichtig das war, dass sie mich wieder ein bisschen auf den Boden der Tatsachen geholt hat. Ballerina ist ein verdammt schwerer Beruf. Man muss sehr gut und sehr stark sein, um das professionell zu machen. Und ich bin hartnäckig geblieben, sie hat natürlich meinen Ehrgeiz herausgefordert. Ich habe hart
gearbeitet, und sie hat irgendwann ihre Meinung geändert. Weil ich mich auch geändert habe, ich habe etwas mehr Demut vor der Sache bekommen und mich bemüht, Korrekturen schnell anzunehmen und umzusetzen.
    Heute tanze ich in einer sehr renommierten Kompanie. Ich habe Glück gehabt, es ist wirklich nicht leicht, vom Tanzen zu leben. Nach der Ballettakademie wird man erst mal ins kalte Wasser geschmissen und tingelt von Vortanzen zu Vortanzen. Manchmal ist es wie auf dem Fleischmarkt, zweihundert Tänzerinnen kämpfen um drei Engagements. Alle bekommen eine Nummer, dann macht man ein bisschen Training an der Stange, danach in der Mitte, dann zeigt man vielleicht noch ein paar Sprünge. Die Jury guckt sich das alles mit regungsloser Miene an und sagt hinterher: »Die mit den Nummern 17, 35 und 140 würden wir gerne noch mal sprechen. Allen anderen: Vielen Dank, das war’s.«
    Manche werden schon gleich an der Stange ausgesiebt, das ist natürlich besonders bitter. Da hat man dann ein Flugticket und ein Hotel bezahlt und fliegt schon raus, bevor man überhaupt etwas zeigen kann.
    Jetzt, mit etwas mehr Erfahrung, ist mir klar, dass da sehr subjektive Entscheidungen gefällt werden. Beim Vortanzen sind alle auf sehr hohem Niveau, da entscheidet meistens gar nicht die Technik. Es geht viel mehr um Ausstrahlung und ob die Chemie stimmt, manchmal auch einfach nur darum, ob dem Direktor deine Nase und dein Po gefallen, ob du dünn genug bist. Optik spielt eine ganz entscheidende Rolle. Ich musste nach der Akademie
fünfzehnmal vortanzen, bis ich mein erstes Engagement bekommen habe. Als Neuling hat man es besonders schwer, die Direktoren wollen am liebsten natürlich Tänzer mit ein bisschen mehr Erfahrung.
    Engagements laufen in der Regel für eine Spielzeit. Wenn man Pech hat, wird der Vertrag dann nicht verlängert, und man steht wieder auf der Straße. Mir ist zum Glück noch nicht gekündigt worden, aber man muss immer damit rechnen. Das sind dann auch ganz subjektive Gründe, plötzlich passt man einfach nicht mehr ins Konzept. Eine Freundin von mir war erste Solistin und hat keine Vertragsverlängerung bekommen. Das ist hart, von einem Tag auf den anderen bist du nichts mehr wert. Gerade noch hast du die Odile/Odette getanzt, und das Publikum hat dir Blumen auf die Bühne geworfen, und plötzlich bist du draußen. Nicht einfach, damit umzugehen und sich immer wieder aufzurappeln.
    Ich trainiere fast jeden Tag, ich bin ständig im Ballettsaal. Wenn ich einen Tag lang nicht trainiere, ist das noch okay. Am zweiten Tag merke ich schon, dass das Training fehlt. Und nach drei Tagen ohne Training merken es die anderen. Man ist die ganze Zeit damit beschäftigt, sich in Form zu halten.
    Mein Arbeitstag beginnt normalerweise kurz vor zehn. Ich gehe ins Theater, ziehe mich um und wärme mich auf. Um 10.30 Uhr ist Training. Kurz vor 12 gibt es eine Viertelstunde Pause, dann ist Probe bis 14 Uhr. Dann gibt es eine halbe Stunde Pause und danach noch einmal Probe bis 18 Uhr. Wenn wir abends noch Vorstellung haben,
trainieren wir nur bis 13.30 Uhr. In der Regel geht das sechs Tage die Woche so, einen Tag bekommen wir frei. Manchmal arbeiten wir auch zwei Wochen durch, wenn viele Vorstellungen sind, dann werden die freien Tage später gegeben.
    Der Körper braucht diese Erholungszeit. Am meisten spürt man die Belastung in den Waden und den Füßen. Zu Hause lege ich immer

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