Wir sind bedient
17 Uhr abgeholt, da ist es doch egal, ob ich den Brief nun um zwölf oder
um drei tippe. Oder mein Lieblingssatz: »Rufen Sie da doch mal an!« Das heiÃt, ich soll bei irgendeinem Amt anrufen und fragen, was mit irgendwelchen Anträgen ist. Die kommen auch nicht schneller zurück, wenn ich da ständig anrufe und die Leute von der Arbeit abhalte.
Ein bisschen nehme ich ihn auch auf die Schippe damit, ich kann einfach nicht ständig alles fallen und liegen lassen, nur weil ihm plötzlich was ganz Eiliges einfällt. Dann habe ich lauter angefangene Sachen und werde nie fertig. Am besten kann ich eigentlich arbeiten, wenn er gar nicht da ist.
Es gibt schon so Tage, wo ich denke: Ne, macht euren Quatsch hier doch allein, ich geh! Aber in der Regel arbeite ich gern. Und einen Chef ohne Macken gibt es nicht. Was ich ihm hoch anrechne, ist, dass er immer Verständnis hat, wenn ich mal früher gehen muss, weil einer meiner Söhne zu Besuch kommt. Er fragt immer viel nach ihnen und nimmt Anteil daran, was sie so machen. Und wenn ich oder jemand aus meiner Familie mal ein juristisches Problem hat, erledigt er das kostenlos.
Ich weiÃ, dass keiner im Büro ihm so offen die Meinung sagt wie ich - und ich glaube, dass er das auch an mir schätzt. Ich überhöre eine ganze Menge und schlucke viel, aber wenn es reicht, dann sage ich es auch. Und oft genug bin ich es, die ihm die Arbeit vorgibt, und nicht umgekehrt. Dann sage ich ihm: »So, jetzt machen Sie erst mal das und dann das und erst am Schluss das, sonst kommen wir hier nie weiter.« Und das macht er dann auch, weil es einfach besser flutscht, wenn ich ihm seinen Tag
ein bisschen strukturiere. Ich bin auch häufig eine Vermittlerin zwischen ihm und den anderen Mitarbeitern, weil ich einfach weiÃ, wie er tickt. Die sitzen dann bei mir und fragen: »Wie meint er das?«, »Was will er von mir?« Und ich übersetze dann.
Mein Chef hat mich mal gefragt, ob ich nicht noch mal studieren will. Ich bin ja eigentlich selber halbe Anwältin, so lange, wie ich hier arbeite. Aber ich bin ganz zufrieden. Ich trage viel Verantwortung, aber ich bin froh, dass ich nicht bis 22 Uhr im Büro sitzen muss, sondern noch ein Privatleben habe. Da erzähle ich auch nicht viel. Ich baue zum Beispiel schon seit Jahren einen alten Bauernhof aus, wovon mein Chef nichts weiÃ. Weil es mich viel Zeit und Nerven kostet, und wenn dann auf der Arbeit was schiefgeht, würde er wahrscheinlich denken, ich sei abgelenkt wegen der Baustelle.
Natürlich habe ich viel Einblick in sein Privatleben. Ich kenne seine Finanzen, ich kenne seine Freunde, ich kenne jeden seiner Anzüge und all seine Marotten. Aber ob ich ihn wirklich als Mensch kenne, weià ich nicht. Ich erschrecke immer, wenn ich ihn mal in Feizeitkleidung sehe, bei Betriebsauflügen zum Beispiel. Da ist er mir plötzlich ganz fremd. Einmal bin ich heimlich an seinem Haus vorbeigefahren, weil ich mal wissen wollte, wie er wohnt. Hat mir nicht gefallen, das war fast ein bisschen enttäuschend. Und da dachte ich: Ist vielleicht für unser Verhältnis ganz gut, wenn ich nicht alles über ihn weiÃ.
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In dieser Berufssparte sind zu 95% Frauen vertreten. +++ Der durchschnittliche Stundenlohn: 12,64 Euro brutto. Die Gehälter von Sekretärinnen sind seit 2006 um bis zu 700 Euro gestiegen. Dafür mussten die Bürokräfte aber auch viele Ãberstunden in Kauf nehmen und teilweise mehr als 50 Wochenstunden arbeiten. +++ In der SPD-Bundestagsfraktion wurden dem »Spiegel« zufolge jahrelang Zeitarbeitskräfte zu Niedriglöhnen beschäftigt, teilweise für 6,70 Euro pro Stunde. Der vergleichbare Zeitarbeitstarif des Deutschen Gewerkschaftsbundes liegt bei 7,03 Euro. +++ Der amtierende deutsche Stenografiemeister ist übrigens ein Mann.
»Man entwickelt einen gewissen Galgenhumor.«
Andrea, 46 Jahre, Sozialarbeiterin, hilft Frauen in Gewaltbeziehungen und hört dabei oft den Satz: »Eigentlich ist er ein ganz Lieber!«
E ine Gewaltbeziehung dauert im Durchschnitt sieben Jahre. Sieben Jahre, bis eine Frau, die von ihrem Mann verprügelt wird, sagt: »Jetzt ist Schluss! Das lasse ich mir keinen Tag länger gefallen, ich gehe!« Viele können das kaum glauben. Sie sagen: »So etwas könnte mir nicht passieren. Wenn mein Mann mich schlagen würde, würde ich noch am selben Tag die Koffer packen!« Aber so einfach ist
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