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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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können.
    »Wie lange schlägt sie schon um sich?«, holte Heinrich sie in die Gegenwart zurück und zog die Augenbrauen besorgtnach oben. »Sie sieht aus, als hätte sie starke Schmerzen. Ist die Fruchtblase schon geplatzt?«
    Katty öffnete vorsichtig die Stalltür. Irgendetwas mit Edda schien tatsächlich nicht in Ordnung. Statt wie sonst die Ohren anzulegen, schnaubte sie nur, als wäre sie erleichtert, Katty zu sehen.
    »Ruhig, meine Dicke«, raunte Katty. Sie fasste die Stute an den Kopf und strich mit der Hand langsam ihren Hals entlang. Das schwarze Fell des Pferdes war nass von Schweiß, und als Katty es streichelte, begann es zu schäumen. Edda kämpfte nun seit einer ganzen Weile gegen das Fohlen und die Schmerzen in ihrem Bauch. Katty strich weiter am Hals entlang in Richtung Bauch. Peng. Edda hatte ausgeschlagen und erneut die Stallwand getroffen.
    »Sie hat starke Schmerzen. Ich glaube, dass das schon viel länger so geht, als wir dachten. Es sieht nicht gut aus.«
    »Kommen Sie erst mal aus dem Stall heraus, Katty. Das ist zu gefährlich«, ließ sich Heinrichs besorgte Stimme vernehmen. Es dauerte noch eine Weile, bis Edda zu Boden ging. Die Stute hatte keine Kraft mehr, aber bisher war nichts von dem Fohlen zu sehen. Als sie endlich lag, übernahm Katty das Kommando.
    »Gehen Sie an den Kopf und beruhigen Sie das Tier«, befahl sie Heinrich, »ich versuche zu ertasten, wo das Problem liegt.«
    Katty überlegte kurz, ob es irgendwo noch lange Gummihandschuhe gab. Dann verwarf sie den Gedanken und lief ins Haus. Sie krempelte einen Ärmel ihrer Bluse so hoch, wie es ging, und wusch sich den Arm. Sie machte eine Schüssel mit heißem Wasser fertig und ging zurück in den Stall.
    »Waschen Sie der Stute den Schweiß ab«, sagte sie und reichte Heinrich den Schwamm, »und geben Sie ihr Hafer. Vielleicht lenkt sie das ab. Und wenn sie Durst hat, kann sie ein bisschen auf dem Schwamm herumlutschen.«

    Katty glitt mit ihrer Hand an der schwitzenden Stute entlang. Sie wusste nur theoretisch, wie man die Gebärmutter eines Tieres ertastete. Sie legte eine Schlinge um die Hinterbeine der Stute, das Ende des Seils warf sie Heinrich zu.
    »Sie müssen mich schützen, falls sie aufstehen oder schlagen will«, erklärte sie.
    »Passen Sie gut auf.« Heinrich machte keinerlei Anstalten, Katty diesen nicht ungefährlichen Job abzunehmen. Er wäre wohl auch nicht dazu in der Lage, vermutete sie. Heinrich war mehr Kaufmann und Politiker als Bauer, noch nie in seinem Leben hatte er einer Kuh beim Kalben oder einer Stute beim Fohlen assistiert. Das hatten immer Knechte und Tierärzte übernommen.
    Katty nahm die langen Haare des Schweifes und flocht sie schnell und geschickt, damit sie nicht ständig davon gepeitscht wurde. Sie richtete ein kurzes Stoßgebet zum Himmel.
    Sie wollte sich keine Blöße geben, doch ganz geheuer war ihr die Sache nicht. Sie legte ihren Daumen und kleinen Finger zusammen, um die Hand möglichst schmal zu machen, und drückte sie in die Stute.
    Nach einem kurzen Widerstand spürte sie eine Art Hohlraum, in dem sie ihre Finger bewegen konnte. Langsam ließ sie ihren Arm weiter in das Tier gleiten, bis sie plötzlich etwas ertastete. Unwillkürlich zuckte sie zurück.
    »Das wird die Fruchtblase sein«, sagte Heinrich und Katty erschrak. Offensichtlich hatte sie laut vor sich hingesprochen, das tat sie immer, wenn sie nervös war. Und immer fühlte sie sich ertappt, wenn man ihr antwortete.
    »Können Sie fühlen, ob sie schon geplatzt ist?«, fragte Heinrich. Katty überlegte.
    »Das, was ich fühle, ist nicht glatt und gespannt. Es ist etwas Hartes dahinter, wahrscheinlich die Hufe.«
    Katty versuchte das, was sie für Hufe hielt, zu fassen zu bekommen. Die Stute hielt verblüffend still, sie schien zu verstehen, dass Katty ihr helfen wollte.
    »Legen Sie ihr etwas Heu vors Maul und träufeln Sie ihr Wasser in den Mund«, instruierte sie Heinrich, »sie muss bei Kräften bleiben, denn selbst, wenn ich an dem Fohlen zerre, muss die Stute immer noch mitpressen.«
    Sie hatte ihre Finger inzwischen vorsichtig um das Harte geschlossen, das sie ertastet hatte. Wenn das Fohlen richtig herum im Bauch lag, müsste sie auch bald den kleinen Pferdekopf fühlen können. Wenn nicht, wäre alles verloren, dann würden sie die Stute erschießen müssen. Endlich fühlte sie die Nase des Fohlens.
    »Es liegt richtig herum!«, schrie sie vor Freude. »Alles in Ordnung, Edda. Wir kriegen den kleinen Racker

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