Wir sind Gefangene
bekommen.
Eines Sonntagnachmittags, als denn auch die drei alten Jungfern in die Vesper zur Kirche gingen, packte ich das Vieh in mein Handtuch und schmiß es ins Klosett. Furchtbar kreischte es, schnellte heraus und verschmierte den ganzen Gang. Aber von da ab verschwand es jedesmal, wenn ich kam, und verkroch sich furchtsam in irgendeinem Winkel.
Die drei sagten nichts. Sie zitterten nur. Eugen kam einmal daher. Schon seine Fettigkeit erregte mich. Er hatte auch so phlegmatisch amerikanisierende Bewegungen und redete faul daher. »Du hast mich richtig in den Dreck gebracht!« sagte ich bitter. Er tat fast verwundert, kam aber weiter nicht aus der Ruhe. Er erzählte, was er in Amerika schon alles gemacht habe und - er wisse genausowenig weiter, wie ich - müsse jetzt auch schauen, wie er Weib und Kinder ernähren sollte.
»Du plagst dich schon nicht zu sehr«, stieß ich abermals grimmig heraus. Er wurde ein wenig weich und sogar vertraulich.
»Mensch, wenn du wissen tatst, wie mir das Wasser am Halse ist ... Ich hab' da eine Vertretung angenommen ...
Da könntest du mir eigentlich helfen«, erzählte er. Dann nahm er aus seiner Brusttasche eine rote, längliche Schachtel heraus, öffnete sie und zeigte mir einen kleinen, sehr handlichen gläsernen Irrigator nebst beigegebenen Spülkugeln, ein neues Patent, das er vom Fabrikanten zum Vertrieb angenommen hatte. Er erklärte mir die Sache und meinte, bei fleißiger Arbeit könnte man ganz guten Absatz erzielen.
»Ja, und was soll ich da?« fragte ich. Er rückte näher heran und wurde lebendiger: »Das braucht doch jedes Weib, verstehst du ... Hauptsächlich werden es die Huren abnehmen und du kennst dich doch da aus? ... Du bist doch mit all diesen Leuten zusammen gewesen und weißt die verschiedenen Cafes, wo sie verkehren ... Verstehst du? ... Da gehst du so abends oder sonntags hinein und verkaufst die Irrigatoren über den Tisch weg ... Da ist schönes Geld zu machen ...«
Er sah mich an. Ich sah diesen weltgewandten Mann auf einmal klein und hilflos und dachte bissig befriedigt: Ah, also auch im Dreck, gut so. Gut!
Einen Augenblick überkam mich eine Lust, hell und gemein aufzulachen. Ich tat es nicht und sagte nur mürrisch: »Ich kenn' keine Huren und versteh' auch das ganze Zeug nicht! ... Das mußt du schon allein machen! ... Am liebsten ist's mir, wenn ich überhaupt von keinem mehr was höre und sehe.«
Er war ganz ruhig, stand auf und sagte wieder überlegen: »Gut... Ich hab getan, was ich tun konnte für dich ... Wenn du's bleiben lassen willst, meinetwegen.«
Dann ging er.
Ich wühlte weiter in der Mühle und hörte nichts mehr von zu Hause. Ach, wenn nur gleich die ganze verfluchte Welt zur Hölle sauste. Todverdrossen surrte immer dieser eine Gedanke durch meinen Kopf.
In einer solchen Verfassung traf mich eines Sonntags Schorsch. »Los«, sagte er kurzweg, »wir fahren nach Italien, mach' dich bereit.« Ich blickte auf zu ihm. »Hast du denn Geld?« fragte ich. »Für die Fahrt bis nach Locarno reicht's schon«, war die Antwort. Ich stellte mir immer vor, für solche Reisen müßte man Hunderte haben. Er fragte: »Wieviel Geld hast du?«
»Grade meinen letzten Wochenlohn und da soll ich heute noch meine drei Hausweiber bezahlen«, erzählte ich ihm. »Quatsch!« rief er entschlossen und machte eine resolute Bewegung mit dem Arm. »Wir brennen einfach durch.«
Wir gingen auf mein Zimmer und warteten, bis die Jungfern zur Nachmittagsvesper fort waren. Rasch warfen wir alles in meinen Koffer. Schorsch sprang auf den Deckel und stemmte zu. Ich sperrte ab. Dann packten wir das Nötigste in eine Pappschachtel und zogen ab. »Ich will doch noch schauen, daß wir von mir daheim was zu essen erschnappen«, sagte ich zu Schorsch in der Straßenbahn. Der sah mich groß an: »Was!? Jetzt noch! Du bist ja verrückt!« Er empörte sich darüber. »Ach was, ich telefoniere einfach auf gut Glück nach Hause, lasse Nanndl ans Telefon kommen und sage ihr, sie soll mir heimlich ein Eßpaket entgegenbringen. Das geht schon. Kein Mensch ist sonst da jetzt, das klappt, paß auf«, beschwichtigte ich ihn und setzte beruhigend hinzu: »Abends bin ich bestimmt wieder da. Dann haben wir wenigstens was auf der Reise.« Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rief: »Herrgott, bist du ein Trottel! So was Saudummes!«
Aber ich ließ mich nicht abhalten, führte meinen Plan aus und wirklich gelang alles aufs beste. Abends kam ich im Cafe mit zwei
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