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Wir sind Gefangene

Wir sind Gefangene

Titel: Wir sind Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Ihrer liebenswürdigen Rückäußerung mit geneigtem Interesse entgegen. In innigster Liebe, Ihr sehr ergebener Oskar Graf, Schriftsteller.«
    Direkt stolz war ich auf meine Briefe. Ich dachte zurück an diejenigen, die ich einst als Bub zu Hause an die Fabrikanten geschrieben hatte und an die, welche ich früher an Verleger richtete und sagte mir selbstzufrieden: »Welch ein Fortschritt! Du hast doch schon viel gelernt!«
    Und ich malte mir schon wieder alles aus: Ich sitze in einer behaglichen Wohnung und schreibe. Die Frau kocht, ich dichte und komme in allerhand Kreise. Mein Vermögen muß ich nach meiner Verheiratung auch bekommen, und alles geht den schönsten Gang. Als ich die Briefe weggebracht hatte, war ich hoffnungsvoller. Am andern Tag arbeitete ich wieder.
    In einer seltsamen Spannung befand ich mich die ganze Zeit. Ich dachte nur noch an den Abend, an das Heimkommen und war begierig auf die verschiedenen Antworten. Mein Herz war ständig in der angenehmsten Erregung.
    Überhaupt - ein Schriftsteller muß doch eine repräsentable Frau haben! So was macht ihn doch erst! Da gibt man Einladungen. Man läßt sich im Theater mit seiner Gattin sehen - und weiß Gott, jetzt, wo solche Männernot ist, kann man einen recht guten Fang machen, kalkulierte ich. Und außerdem - alle großen Dichter haben ihre Stoffe aus den Frauen geholt. Das gibt auch Anregung! Das sagt schon Schiller, und Goethe erst recht! Alle betonen das mehr oder weniger. - Fast heiter war ich jetzt während der Arbeit und abends setzte ich mich oft trotz aller Müdigkeit noch hin und schrieb ein
    Gedicht oder ein Stimmungsbild.
    Als ich wieder einmal auf meinem Zimmer ankam, lag eine Visitenkarte auf dem Tisch. Darauf stand: »Direktor Hartmann, Tengstraße 34 III, wünscht Sie zu sprechen.« Noch als ich las, kam meine Logisfrau herein und erzählte, ein Herr sei dagewesen und komme um halb acht Uhr noch einmal.
    »Direktor Hartmann? - Wünscht?« murmelte ich und dachte nach. Ich wusch mich, zog meinen guten Anzug an, machte Feuer und wartete gespannt. Um die angegebene Zeit läutete es. Ich öffnete. Ein kleiner, dicklicher Mann mit gequollenem Gesicht und roten Haaren stellte sich als Direktor Hartmann vor.
    »So, ja ... Graf ist mein Name«, sagte ich ein wenig verwirrt und führte ihn ins Zimmer.
    »Sie haben mir geschrieben um ein Darlehen, Herr Graf«, meinte der Herr in gedämpftem, fast hurtigem Ton und zog meinen Brief heraus. Eine seltsam helle Weiberstimme hatte er. Gleich setzte er sich leger auf einen Stuhl und fuhr fort: »Wie gesagt, Herr Graf ... Ich hab' Sie jetzt gesehen ... Die Sache läßt sich machen ... Nur eben, wie steht es mit den Sicherheiten, wenn ich fragen darf? ... Ich könnte Ihnen Geld in jeder Höhe verschaffen gegen mäßige Provision.«
    Mir klopfte das Herz. Ich glotzte den Mann an. Geld! Geld! flog es durch meinen Kopf: Geld in jeder Höhe!
    »Sie sind hier in Stellung und wollen sich wahrscheinlich selbständig machen?« fragte der Mann und betrachtete mich listig.
    »Ja - und - und, ja - Ich krieg' schon ein Vermögen! ... Zweitausend Mark! ... Die Sache ist nämlich so: Ich bin Bäckermeisterssohn aus Berg am Starnberger See ... Aber das Vermögen liegt auf dem Haus«, berichtete ich stockend.
    »Soso! ... Vom Starnberger See draußen sind Sie? ... Soso, von Berg? ... Ja, da kenn' ich mich ja aus! ... Volljährig sind Sie auch, nicht wahr? ... Und wahrscheinlich ist das Anwesen schon übergeben?« forschte der Herr beiläufig weiter.
    »Ja, ich bin überhaupt nie zu Haus gewesen ... Mein älterer Bruder Max ist gefallen. Ihm hat das Haus eigentlich gehört, jetzt gehört's der Frau und den Kindern ... Wir Geschwister kriegen unsern Erbteil heraus«, gab ich Auskunft. Der Direktor schien vollauf zufrieden. »Also, wie gesagt, Herr Graf, die Sache läßt sich leicht machen ... Ich hab' Sie jetzt gesehen ... Ich schau mir meine Leute immer erst an ... Bringen Sie mir einen Grundbuchauszug - den kriegen Sie ja ohne weiteres vom Amtsgericht Starnberg, wenn Sie hinschreiben - und dann kommen Sie wieder zu mir. Wenn der Auszug da ist, ist die ganze Geschichte in drei, vier Tagen gemacht«, erklärte er, erhob sich und drückte mir die schwitzige Hand.
    »Meine Provision ist nicht der Rede wert«, meinte er an der Tür noch einmal.
    Ich flog zurück in mein Zimmer. Ein vollkommen anderer Mensch war ich. Jetzt! Jetzt begann ein anderes Leben! Ich schwelgte in dem Bewußtsein, daß ich nun auf einmal ein reicher

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