Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)
Löffelchenstellung einsortiert werden, weil sie sonst nicht alle reinpassen. Während die Esslöffel wild durcheinander liegen dürfen. Und Butter muss draußen stehen und butterweich sein, Tomaten natürlich auch. An Geburtstagen gibt es selbst gemachten Kuchen, und zwar ihren legendären Kalten Hund mit ungefähr einer Million Kalorien. Von dem Mama und Söhnchen dann so viel essen, bis ihnen schlecht wird.
Was, wenn nun einer käme, der die Löffelordnung missachtete und die Spülmaschinenspülung der Teekanne missbilligte? Was, wenn er ihr Kind nicht mögen und ihre Ernährungsgewohnheiten kritisieren würde? Nein, ohne Zweifel war sie besser dran ohne einen echten Mann. Vorerst wollte sie jedenfalls weder parfümierte Jurastudenten auf der Couch noch Brusthaarstoppeln in der Dusche.
Sie wollte nur ein bisschen spielen.
So blieben es heiße und kurze Liebschaften, an denen Platon seine helle Freude gehabt hätte. Kleinste kommunikative Fehltritte, und schon waren die Herren Internet-Bekanntschaften wieder weg vom Fenster. Der Lehrer, der anfangs noch mit seinen bildungsbürgerlichen literarischen Kanonkenntnissen punkten konnte, fing irgendwann an, weinerlich und selbstmitleidig zu werden. Ihn liebe ja eh niemand. Schlagartig hörte auch sie damit auf. Der Journalist fand sich eine Spur zu schlau, jedenfalls wurde sein Ton zunehmend belehrender. Wie, sie habe weder die FAZ noch die Süddeutsche abonniert? Was, sie gucke freiwillig Privatfernsehen? Das könne er ja wirklich kaum glauben. Dann solle er es eben bleiben lassen, schrieb sie zurück und blockte seine Adresse. Der Fahrradkurier schien doch noch nicht ganz über seine Ex-Freundin weg zu sein, denn schon bald fing jeder seiner Sätze mit »Katja meint das« und »Katja findet dies« an.
Es brach ihr nicht das Herz. Denn jeden Abend war ihr Posteingang wieder voll mit schreibwilligen Anwärtern. Neues Spiel, neues Glück. Sie hatte die perfekte Form der Beziehung gefunden. Und eine herrliche Nächte füllende Beschäftigung für Alleinerziehende, die mit Eintritt der Dunkelheit nicht mehr vor die Tür gehen können.
Nur die beste Freundin war neuerdings immer so negativ, wenn sie sich zufällig auf dem Spielplatz trafen: »Was machst du denn die ganze Zeit, bei dir ist abends ja dauernd besetzt.«
»Ich surfe zurzeit ziemlich viel im Netz.«
»Ach so, du guckst Jobbörsen durch.«
»Ja, äh, genau. Jobbörsen.«
»Na, ich drück dir die Daumen. Wär ja auch mal wieder Zeit, dass da was kommt.«
»Allerdings.«
Bewerbung No. 167
Hallo Herr Stecker,
in Internet habe ich gesehen, das Sie Verkäuferinnen für Ihre Drogerieläden suchen. Ich würde gerne bei Ihnen arbeiten. Ich bin fleißig, ich bin freundlich. Ich kann gut deutsch. Kistenstapeln macht mir nichts. Mein Motto: Hauptsache Arbeit. Ich bin nicht in einer Partei oder Gewerkschaft und hab ich auch nicht vor.
Danke
Astrid Herbold
Die gebrauchte Braut
E s soll mal Zeiten gegeben haben, da waren Frauen mit Anhang schwer an den Mann zu bringen. Das ist heute anders, denn Mutterschaft ist selten und hip, und wer schon ein Kind hat, genießt den Ruf, erstens Unordnung gewohnt zu sein und sich zweitens auch über Sex ohne Vorspiel zu freuen. Auf dem angespannten Geschlechtermarkt ist das ein Heimvorteil, der gar nicht hoch genug geschätzt werden kann.
Kluge Männer lieben allein erziehende Frauen. Denn die sind pflegeleicht und anspruchslos. Allein erziehende Frauen wissen sich sozusagen von den Brotkrumen zu ernähren, die das Leben ihnen unter den Tisch wirft. Jemand, dessen Liebesleben ungefähr eine Million Jahre lang brachgelegen hat, kann sich zum Beispiel noch ehrlich über einen abendlichen Quicky auf der Küchenarbeitsplatte oder über einen ans morgendliche Bett gebrachten tropfenden Kaffeebecher freuen, ohne gleich ein paar Vorwürfe wegen vorzeitigem Samenerguss oder Kaffeerändern auf dem hellen Teppichboden hinterherzuschieben. Selbst als der liebestolle Mann den gesamten Inhalt der Tasse mit seinen Zehen umstößt, weil er eine Spur zu ungestüm zurück ins Bett krabbelt, entlockt das der allein erziehenden Frau nur ein sanftes »Ach, nicht so schlimm, trocknet ein«.
Kluge Männer fühlen sich bei allein erziehenden Frauen wie im Paradies. Ob das damit zu tun hat, dass die Alleinerziehende ihre Energie für das alleinige Herumerziehen an ihrem Kind aufspart? Wie dem auch sei, jedenfalls widmet sie den ständigen Ermahnungen und Vorwürfen in Richtung Mann offenbar nur
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