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Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)

Titel: Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Herbold
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wieder in ihrer Gunst. Der war wohl schon ein bisschen zu sehr auf sie fixiert. Der nahm das wohl alles schon eine Spur zu ernst. Ließ sich einer dagegen immer ein paar Stunden, schlimmstenfalls ein paar Tage Zeit mit seiner Antwort, war sie bereits feurig entflammt vor Wut und Unsicherheit. Und das war der ideale Nährboden für romantische Gefühle. Jedenfalls brachten sie die zögerlichen Schreiber immer schier um den Verstand. Mit zittrigen Fingern und pochendem Herzen saß sie dann vor dem Bildschirm. Oder sie stand um drei Uhr nachts auf und schaute nach, ob er nicht doch schon zurückgeschrieben hatte. Wenn nicht, dann konnte sie den Rest der Nacht garantiert nicht schlafen.
    Stattdessen formulierte sie im Bett seitenlange Geständnisse, die sie ihm bald machen würde. Wenn er ihr nur endlich ein eindeutiges und ernst zu nehmendes Zeichen seiner tiefen Zuneigung gäbe. Und dann stellte sie sich vor, wie er auf ihre gefühlvolle Offenbarung hin in ihre Arme fliegen und sie stürmisch küssen würde. »Ach, wenn ich nur schon früher gewusst hätte, was du für mich empfindest. Und ich für dich.« Der Rest des Wachtraums war von kitschigen Szenarien dominiert, in denen feurige Umarmungen, schäumende Meere, rassige Pferde und wolkenlose Sonnenuntergänge vorkamen.
    Aber all das würde sie tagsüber natürlich nicht mal unter Folter zugeben.
    Trotzdem hatte ein sporadisch korrespondierender Brieffreund sie auf diese Weise einmal über Wochen so weich zu kochen verstanden, dass sie tatsächlich ihre Telefonnummer rausrückte und einem echten Treffen zustimmte. Es war ein kapitaler Fehler. Schon das zweiminütige Telefonat, bei dem die Eckdaten der Verabredung geklärt wurden, fand sie steif und unangenehm. Kein Vergleich zu dem intimen Diskurs, den man schriftlich miteinander pflegte.
    Im Café sah sie ihn von weitem winken und bereute gleich alles. Sie umarmten sich linkisch und er roch komisch parfümiert. Vielleicht war es auch sein Aftershave, jedenfalls sah er irgendwie so spießig frisch rasiert aus. Wie ein Jurastudent. Und dann diese karottenförmige Stoffhose, auf die sie einen schamhaften Blick geworfen hatte, als er aufstand, um ihr ein Getränk zu bestellen. Überhaupt, dass er gleich aufgesprungen war, nur weil die Kellnerin dreimal an ihrem Tisch vorbeigegangen war. Irgendwie eine Spur zu eilfertig. Und dann die Art, wie er sich so betont interessiert zu ihr vorbeugte und sich dabei alle paar Sekunden in die Haare fasste. Und gerade hatte er irgendwas von »Landn« erzählt, wo er offenbar öfter mal war. Was wollte er ihr jetzt damit sagen? Dass er eine Fremdsprache konnte? Ständig im europäischen Ausland umherjettete? Weltgewandt und kosmopolitisch war? Sie fand ihn jetzt schon richtig doof. Eigentlich hätte sie aufstehen und gehen sollen: »Tut mir Leid, es war ein Irrtum, wir passen nur im WWW zusammen.«
    Stattdessen quälte sie sich höflich durch einen verkrampften Abend, an dessen Ende er sich ein »Du siehst aber auch ganz anders aus als auf dem Bild« auch nicht verkneifen konnte. Vergessen die nächtlichen Briefe, in denen sie sich gegenseitig ihre seelischen Abgründe offenbart, ihre peinlichsten Lieblingsliebeslieder gestanden und ihre geheimsten Lebensträume erzählt hatten. Man verabschiedete sich mit einem diplomatischen »Man sieht sich« – »Ja, bis bald mal« und eilte entsetzt in entgegengesetzte Richtungen von dannen.
    Sie traf sich nie wieder mit einem Brieffreund.
    Warum sollte man auch erfahren wollen, ob einer, der schön schreibt, beim Autofahren in der Nase bohrt oder jeden Morgen sein spärliches Brusthaar rasiert. Sie wollte sowieso keinen echten Mann. Jedenfalls nicht hier, in ihrem realen Zwei-Zimmer-mit-Kleinkind-Leben. Echte Männer machten nur Ärger. Und Arbeit. Und Unordnung. Außerdem war sie sich nicht sicher, ob sie im Alltag überhaupt noch teamfähig war. Nicht nur, dass sie Nasebohren eklig fand und Brusthaarrasieren indiskutabel, sie hatte auch Tausende von kleinen albernen Angewohnheiten, die ihr über die Jahre lieb und teuer geworden waren und von denen sie sich unter keinen Umständen hätte trennen wollen, nur weil ein Mann vielleicht andere Ansichten vertrat. Zum Beispiel diese hässliche alte gelbe Teekanne, in der sie immer ihren Früchtetee kocht, die quetscht sie auf eine ganz spezielle Weise in die Spülmaschine, um sie danach auf eine ganz spezielle Stelle im Regal zu stellen. Oder die Teelöffel, die in ihrem Löffelfach immer in

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