Wir sind nicht schwul (German Edition)
so skandalös, wie das von Crash Head, aber dafür ist der Sänger ein verdammt schlaues Köpfchen und weiß ganz genau, was er tut. Die Auftritte der Band sind jedes Mal perfekt. Sie spielen nicht einfach nur ihre Lieder, sondern auch ihre Bewegungen passen einwandfrei zu den Texten. Es ist nicht nur ein sinnloses Gehopse, wie bei meinen Jungs, sondern hat, irgendwie, Sinn. Und wenn der Sänger mal am Ohr des Gitarristen herumkaut, dann nicht, weil er von Grund auf zu Perversitäten neigt, sondern weil es schlichtweg zum Song passt … und weil er meint, seine feuchten Träume auf der Bühne ausleben zu müssen. Kein Wunder dass sie so schnell aufgestiegen sind und sogar schon eine Tour durch Europa, Amerika und Asien hinter sich haben.
Sie sind allesamt verdammt hot, verdammt gute Spieler und der Sänger mit seinem Genie ist aus meiner Sicht heraus unschlagbar!
Also wenn man da nicht schwul wird, weiß ich auch nicht mehr weiter.
Ja, das ist meine Lieblingsband.
Unerreichbar weit weg.
Aber von Crash Head einen Liveauftritt anzusehen dürfte auch lustig werden. Solange ich nicht eines der Konzerte sehen muss, bei denen sie sich gegenseitig aufschlitzen und das Blut des jeweils anderen auflecken, bin ich mit allem zufrieden. Das erste Mal kam etwas Derartiges bei ihrem Konzert in Osaka vor. Das war im Jahr 2010. Die Fans haben sich die Seele aus dem Hals geschrien.
Ich gebe meinen Jungs Bescheid, dass ich mich etwas Backstage in der Arena umsehen werde, während sie spielen, weil ich ihnen jetzt sowieso nicht viel helfen kann. Eine der Säulen führt mich netter Weise herum und zeigt mir die Kabinen der einzelnen Bands. Die Türen sind beschriftet, damit jede Gruppe schnell ihre Kabine finden kann.
Die Räume sehen ganz normal aus. Winzigst, gerade so, dass zehn Leute sich zusammenquetschen können. Der Raum ist jetzt schon vollgestopft mit Schminkutensilien, Kübeln, Kostümen, Haarteilen und einer Couch. Am Boden liegen Papiere verstreut. Sind hier etwa alle Musiker so chaotisch, wie meine GierOs?
Auch die Wände blieben nicht verschont. Die Bands, so sieht es zumindest aus, die bisher diese Kabine hatte, haben sich alle auf den Wänden verewigt, was den Raum dreckiger wirken lässt, als er eigentlich wäre. Der eigentliche Wandbelag ist nicht mehr zu erkennen. Vermutlich war er weiß. Gadeshi war auch hier. Renji, einer der beiden Gitarristen, hat sich sogar mit einer Zeichnung von sich auf der Wand verewigt. Was die Worte heißen sollen, die er dazu gekritzelt hat, weiß ich nicht. Verfasst in einfachen Hiragana-Schriftzeichen, aber so hingeschmiert, dass ich es unmöglich entziffern kann. Ein paar andere haben ebenfalls Zeichnungen hinterlassen. Können alle Japaner gut zeichnen? Was die da hingeschmiert haben kann ich nicht einmal ansatzweise. Nur eine Zeichnung sieht etwas fragwürdig aus. Ob das ein Hase, ein Hund oder ein Wesen sein soll, das die Evolution noch nicht hervorgebracht hat, kann ich nicht sagen.
„Manchmal gibt es Führungen durch den Backstagebereichnter.“ Die Säule die plötzlich angefangen hat zu sprechen hat mich von der Wand wegfahren lassen.
„Ahso?“, prasselt es erschrocken aus mir heraus.
„Ja. In der Kleinen Arena spielen hauptsächlich Bands, wie GierO en Borarion. Das zieht viele Japaner an.“ Kann ich gut verstehen. Ich hätte auch an einer Führung teilgenommen. Coole Sache, dass ich es auf diese Weise sogar gratis bekomme.
Badezimmer und Klos befinden sich am Gang, was ich herausgefunden habe, nachdem ich nach einer Stunde dringend einmal musste und zuerst verzweifelt in den Umkleidekabinen nachgesehen habe.
Die letzten drei Tage vor dem eigentlichen Konzert werden sie Proben, weshalb ich sofort beschloss, meine Zeit nicht mit Stubenhocken zu vergeuden. Ich werde etwas Sinnvolleres tun und nach einem neuen Bandmitglied Ausschau halten, oder zumindest mal nach einem Club, in denen junge Künstler ihr Können unter Beweis stellen können.
Nachdem ich den Jungs, die gerade ihren Spaß bei der Probe haben, Bescheid gebe, bin ich auch schon aus dem Gebäude hinaus. In meinem Kopf rumort es noch von heute Morgen. Konzentriert versuche ich mir den Weg zu merken, den ich einschlage. Sollte ich dabei versagen, sind hier immer noch genügend Leute, die ich nach dem Weg fragen kann.
Oh, ich bin nicht sofort nach draußen verschwunden, nein, ich habe mich noch schnell abgeschminkt und die Kontaktlinsen heraus genommen, um nicht all zu viel Aufsehen zu erregen. Wer
Weitere Kostenlose Bücher